Bild 1. Carl Benz - Erfinder des Autos mit Benzinmotor, im Alter von 25 Jahren
Wer hat das Auto erfunden? US-Präsident Obama sagte am 24.2.2009 vor dem Congress: "Unsere Nation, die das Automobil erfunden hat, muss der Autoindustrie helfen". Haben Amerikaner das Auto erfunden? Wenn er sich besser informiert hätte, wäre es ihm sicherlich nicht entgangen, dass es der Deutsche Carl Benz war, der 1886 der Welt das erste Auto schenkte, das mit einem Benzinmotor angetrieben wurde. Es war auch nicht Gottlieb Daimler, wie man häufig lesen kann (der kam ein oder zwei Jahre später). In USA wurde erst sieben Jahre nach Benz das erste Auto gebaut, und zwar von Charles Duryea; Henry Ford folgte erst 1896 mit seinem ersten Auto. Obama meinte mit seiner Aussage sicherlich die erste Massenproduktion von Autos am Fließband, und da hätte er Recht gehabt, die wurde von Henry Ford im Jahre 1913 erfunden.
Eine Welt verändernde Erfindung. Als Carl Benz (* 1844 Karlsruhe, † 1929 Ladenburg) 1886 seine Erfindung in Mannheim der Öffentlichkeit vorstellte, löste der lärmende Kraftwagen Angst und Schrecken aus. Passanten flüchteten von der Straße, wenn das Ungeheuer vorbeidonnerte. Kaiser Wilhelm beruhigte das Volk: ich glaube an das Pferd, das Auto ist nur eine vorübergehende Erscheinung. Der Kaiser lag mit seiner Prognose total daneben. Hatte er vorher seinen Think Tank nicht befragt? Fast eine Milliarde Autos bescheren uns heute eine Bewegungsfreiheit, wie sie der Mensch in den 2½ Millionen Jahren seines Bestehens noch nie hatte. Und der überwiegende Teil dieser Maschinen dient nur dem eigenen Vergnügen!
Angetrieben wurde der dreirädrige Benz-Kraftwagen von einem einzylindrigen, 0,8 PS starken, 250-tourigen Viertaktmotor nach dem System „Otto“, den der Maschinenbauer und Unternehmer Nikolaus Otto zehn Jahre vorher als Gasmotor erfunden und 1884 zum Motor mit flüssigem Kraftstoff weiterentwickelt hatte. Das Auto erreichte 18 km/h.
Am 29. Januar 1886 schrieb Carl Friedrich Benz Industriegeschichte, indem er beim Reichspatentamt unter der Nummer 37435 dieses Fahrzeug zum Patent anmeldete. In der Öffentlichkeit erntete Carl Benz für den Wagen ohne Pferde viel Spott.
Aber eine Zeitung schrieb, dass dieses Fuhrwerk eine gute Zukunft haben wird, weil es ohne viele Umstände in Gebrauch gesetzt werden kann und weil es, bei möglichster Schnelligkeit, das billigste Beförderungsmittel für Geschäftsreisende, eventuell auch für Touristen werden wird. Eine prophetische Aussage! Sind die Journalisten etwa intelligenter als Kaiser Wilhelm I ? Carl Benz jedenfalls verbesserte seine Fahrzeuge stetig. Nachdem die Probleme der Kraftübertragung und der Lenkung gelöst waren, hatte sein Auto im Jahr 1891 schon vier Räder.
Der „vollständige Ersatz für Wagen mit Pferden“ wurde zwar über die Grenzen Deutschlands bekannt, doch die möglichen Käufer blieben zunächst skeptisch. Die Jahresproduktion stieg von 67 Wagen im Jahr 1894 auf 603 Wagen im Jahr 1900. 20 Jahre nach der Erfindung betrug der weltweite PKW-Bestand 26 000, 50 Jahre danach 800 000, heute 800 Millionen.
Bild 2. Ehrung für Carl Benz 1936, nach 50 Jahren.
Wie kam es, dass Carl Benz Automobilpionier wurde? Selbstverständlich will er wie sein früh gestorbener Vater Lokomotivführer werden, genau so wie er als „General“ die gewaltige Kraft des Dampfes befehligen. Aber er muss noch durch die Volksschule, in der Lehrer Veilchentreu den Kindern mit lauttönender Brüllstimme und dünnem Rohrstock Lesen, Schreiben und Rechnen einbläut. Von klein auf interessierte er sich für Naturwissenschaft und Technik. In den Ferien schwingt er bei seinem Onkel in einer rußgeschwärzten Dorfschmiede den schweren Hammer, bekommt dann die Idee, später eine eigene Lokomotive zu bauen, die keine Schienen braucht. Als Kind einfacher Leute muss er sich im Lyzeum einer strengen Aufnahmeprüfung unterziehen, die er mit „sehr gut“ besteht. Seine arme Mutter musste nun zusätzlich für Carls Schulgeld sorgen und das Geld beim Essen und bei der Kleidung einsparen. Mit dem Reparieren von Schwarzwälder Uhren verdient sich Carl ein kleines Taschengeld; dabei bestaunt er die wundervolle Sprache, die ineinander greifende Zahnräder miteinander reden. Mathematik ist sein Lieblingsfach, er mag einfach die Logik, die darin steckt. Er ist fleißig, sieht er doch, welche Opfer seine Mutter für ihn auf sich nimmt. Viele seiner Mitschüler sind dick, dumm und faul, weil sie nur hier sind, weil die Eltern es wünschen. In der Dachkammer hat er sich eine kleine Werkstatt mit Chemielabor eingerichtet. Nach wie vor hat er den Kindertraum einer „Straßenlokomotive“, die ohne Pferde überallhin fahren kann, eine Idee, die ihn immer wieder zum Gespött seiner Mitschüler werden lässt. Ab 1860 studierte er Maschinenbau an der Polytechnischen Schule, der späteren TH Karlruhe. Mit Feuereifer stürzt sich Carl in das Studium. Dem Technikum ist eineWerkstatt angeschlossen, hier wird am Schraubstock gearbeitet, mit schmutzigen Händen und Schwielen; denn zur Theorie gehört die Praxis. Hier hört man nicht die geschliffene Sprache der Professoren, sondern den derben Handwerker-Jargon. Als frisch gebackener Diplom-Ingenieur arbeitete er ein paar Jahre in Maschinenbaufabriken – als einfacher Arbeiter, um, wie er sagte, dazuzulernen. 2½ Jahre montiert er Lokomotiven, kraucht unter sie, schraubt, nietet, bohrt, feilt.
Bild 3 u. 4. Der Benz-Patent-Motorwagen - Anerkennung nach 75 und nach 125 Jahren.
Dann sattelte er um. In Mannheim, in einer Fabrik für Zentrifugen und Waagen arbeitete er jetzt als Konstrukteur im technischen Büro und hantierte mit Lineal, Winkelmesser und Zirkel. Er gründete 1871 mit 27 Jahren seine eigene Eisengießerei und mechanische Werkstätte. 1872 heiratete er, steckte das ganze Geld seiner Frau in dieses Unternehmen – und machte 1877 bankrott. Danach wandte er sich dem Bau von Motoren zu und gründete 1883 eine Gasmotorenfabrik in Mannheim, und die Entwicklung eines Automobils machte er schnell zu seiner Hauptaufgabe. Da sich Dampfmaschinen-Antriebe als zu umständlich und zu schwer erwiesen hatten (außer im Schienenverkehr), erkannte Benz den Verbrennungsmotor als Lösung des Problems, wenn es gelänge, Motor und Fahrzeug zusammen als leichte Einheit zu entwickeln. Er setzte zunächst auf einen Zweitakter, weil Nikolaus Otto gerade das Patent auf den Viertaktmotor erhalten hatte. Es gab jede Menge Rückschläge. Er meinte, alles richtig überlegt und berechnet zu haben, aber der Motor gab keinen Mucks von sich. Wo steckt der Fehler? Er vergrößert die Gaszufuhr, da! – der Motor springt an, um nach wenigen Arbeitstakten zu verstummen. Es gibt für ihn keine Vorbilder, er muss alles erproben, jede Erkenntnis muss er sich erarbeiten. Er lässt nicht locker, wechselt den Kolben aus, schleift den Zylinder nach, mal gelangt zu viel, mal zu wenig Gas in den Verbrennungsraum, er laboriert an der richtigen Trimmung der Zündung. Rückschläge, Misserfolge! Mit aller Macht will er den widerspenstigen Motor zwingen. Am Silvesterabend 1878 erweitert er die schlitzförmige Öffnung, so dass die Verbrennungsgase besser aus dem Zylinder entweichen können. Seine Frau Bertha spricht ihm Mut zu: Carl, jetzt klappt´s! Und tatsächlich! In der Stadt läuten die Neujahrsglocken, krachen die Böllerschüsse, und der Motor läuft! Tief ergriffen stehen Bertha und Carl vor ihm. Prosit Neujahr! Das gleichmäßige Motortuckern ist das schönste Neujahrskonzert für sie.
Trotz dieses Erfolges bekommt er keine Bankkredite, um eine Serienfertigung aufzubauen. Das Bankhaus ist der Meinung, dass Benz ein hervorragender Ingenieur, aber ein miserabler Kaufmann sei. So muss er zähneknirschend der Gründung einer Aktiengesellschaft zustimmen, mit neun Teilhabern, von denen er sich kontrollieren lassen muss. Das Programm der „Gasmotorenfabrik in Mannheim AG.“: ortsfeste 1-PS-Zweitaktgasmotoren, hauptsächlich für den Antrieb von Wasserpumpen. Neun Arbeiter sind zehn Stunden am Tag für die Firma tätig, um die große Nachfrage zu befriedigen.
Bild 5. 1879, sein erster Zweitakt-Motor für Gas (noch nicht für Benzin). Bild 6. Carl Benz´ erster Viertakt-Benzinmotor für das erste Auto der Welt
Wie geht es weiter auf dem Weg zum Auto? Ist er als ideenreicher Erfinder auf die Dauer allein mit dem geschäftlichen Erfolg zufrieden? Nein, nicht Carl Benz. Der leidenschaftliche Techniker ist voller vorwärts drängender Unruhe. Seinem freibeweglichen Fahrzeug, ohne Gasleitungen, mit dem Kraftstoff in einem mitgeführten Behälter gilt sein Sinnen und Trachten.
Er legt die fertigen Pläne den Teilhabern vor, und er hat bei ihnen keine Chance! Herr Benz, wollen Sie uns das gute Geschäft verderben? Das sind doch Zukunftsphantastereien! Nein, das Wagnis ist uns zu groß! Carl verflucht die Neinsager, haben allesamt Angst, sie könnten ihren Gewinn einbüßen, wollen nichts wagen, kleben am Althergebrachten. Dann sollen sie. Ich kündige und baue meinen Wagen auf eigene Faust! Ich muss handeln, sonst kommen mir Andere zuvor!
Wieder ein Neuanfang. Überraschend findet er zwei Geldgeber, die mit einsteigen. Carl verbessert erst seinen Gaszweitakter, damit ein gesundes Grundgeschäft gewährleistet ist. Für seinen Wagen arbeitet er an einem liegenden Viertaktmotor mit senkrechter Kurbelwelle und horizontalem Schwungrad, um die Ungleichmäßigkeiten der hin- und hergehenden Bewegung auszugleichen. Benz hatte beim Geheimbau des Motors gegen das Patent Nr. 532 von Otto verstoßen; aber just im richtigen Moment hob das Reichsgericht im Januar 1886 Ottos Ansprüche aus dem Patent auf, und Benz´ Weg war frei. Ein Zwerg an Gewicht, aber ein Riese an Kraft, das konnte der Zweitakter nicht leisten. Es gehörte ein neuartiger Vergaser für flüssiges Benzin dazu, eine elektrische Zündkerze und eine Wasserkühlung.
Bild 7. Der Autopionier in Bronze. Bild 8. Benz in seiner Mannheimer Werkstatt.
Die Trennung des Motors von der Antriebsachse, ohne Ausschalten des Motors beim Stillstand bewerkstelligte er durch Umlegen des Treibriemens auf eine Leerlaufscheibe – die Kupplung war geboren. Es folgte das Verschieben des Riemens auf mehrere Scheiben unterschiedlichen Umfangs – die Gangschaltung war erfunden und, man höre und staune, Benz baute auch das erste Differentialgetriebe, das den Antriebsrädern bei Kurvenfahrt die unterschiedlichen Geschwindigkeiten ohne Rutschen erlaubte. Im Herbst 1885 dann der große Augenblick für Carl Benz: der Rollout.
Bild 9 u. 10. Die Technik des Benz-Patentwagens. Schon alles, was heutige Autos auch haben.
Ahnt die Welt nicht, was da auf sie zukommt? Warum begrüßt sie das Baby nicht mit Fanfarenstößen? Ist es doch das allererste von nunmehr fast einer Milliarde Exemplaren; war es nicht vorauszusehen, dass es sich karnickelartig vermehren, dass es in den städtischen Straßen absolut jede freie Lücke belegen, dass es auf Fernrouten zu gigantischen 100 km-Staus führen und dass es unser aller Leben stärker als jede andere Erfindung verändern würde? Wo waren 1886 die Menschen mit Weitblick? Der deutsche Kaiser gehörte jedenfalls nicht dazu. Dreirädrig, ziemlich klein und mickrig, eher wie eine Pferdekutsche aussehend, so steht es auf dem Hof in Mannheim in der Waldhofstraße. Carl dreht die Kurbel, da kommt die Zündung, schnell hinauf auf den Fahrersitz, ein Hebelgriff, das Gefährt setzt sich ruckweise in Bewegung, der Motor lärmt, die Antriebsketten rasseln. Das erste Auto der Welt, und es bewegt sich doch! Ich fahre, denkt er überglücklich, ich fahre! Begeisterung erfasst die Zuschauer, ein Wunderwerk der Technik!
Technische Daten
Noch ist der Urahn aller Autos nicht straßenreif. Kühlwasserbehälter wird vergrößert, Carl muss mit Sattlerwerkzeug die Treibriemen doppelt zusammen nähen, Kettenräder werden durch stärkere ersetzt… Im Juli 1886 bestand das erstaunliche Gefährt die erste öffentliche Probefahrt – ganz ohne Hafer fressende Vierbeiner! Die Mannheimer kriegen den Mund vor Staunen nicht zu. Eine Kutsche ohne Pferde, ein Teufelsfahrzeug, dass die Polizei so etwas gestattet! Es wird wohl gleich explodieren und in tausend Stücke zerknallen! Und dann die Kritiker: auf derartige Neuerungen kann die Welt verzichten, es gibt genügend Pferde, und die sind bedeutend leiser. Carl und Bertha stoßen sich nicht an dem Geschwätz. Ihre Probefahrten werden immer länger, mal lenkt er, mal sie den Wagen. Jeder Kilometer vergrößert die Erfahrungen, jede Panne führt zu Verbesserungen.
Bild 11. Berta Benz - der Marketing-Coup. Sie kannte alle technischen Details des Autos.
Die große Fernfahrt der Bertha Benz. Im übrigen kann sich Carl über fehlende Fantasie seiner Frau Bertha nicht beklagen. Sie ist mit allen Handgriffen vertraut und mit allen Wassern gewaschen. 1888 startet sie mit ihren Söhnen, was wir heute als großen Marketing-Coup bezeichnen würden, eine 100-km-Fernfahrt nach Pforzheim. Heimlich hat sie den Wagen gerüstet: Benzin, Schmieröl, Kühlwasser – an alles hat sie gedacht. Im Morgengrauen brechen sie auf – Carl weiß nichts davon – die Straßen sind leer, so hofft sie der Polizei ein Schnippchen zu schlagen; denn die hatte Fahrten außerhalb Mannheims verboten.
Bild 12. 1888, Bertha Benz und Söhne auf großer Fahrt von Mannheim nach Pforzheim. 2008 Bertha-Benz-Gedächtnisfahrt, die Apothekerin in Wiesloch hat die Benzin-Flasche in der Hand. Bild 13. Der Benz-Wagen Nr.3, das Original, mit dem Bertha auf Fernfahrt war. Leihgabe aus England im Carl-Benz-Museum Ladenburg.
Bild 14. "Bertha Benz" auf dem Kudamm in Berlin, Mai 2011.
Kleine Frühstückspause in Heidelberg, das Kühlwasser wird am Brunnen ergänzt. Weiter! Die Räder wühlen dichte Staubwolken auf, Fußgänger schimpfen. Es wird hügelig, werden sie es schaffen? Das Kühlwasser kocht, der Motor klopft wie ein Schmiedehammer, wird immer kurzatmiger, runter vom Wagen, alle schieben, der Berg ist geschafft. Die Hälfte liegt hinter ihnen, da, der Motor stottert und bleibt stehen. Benzin ist noch im Tank, ist etwa die Zuleitung zum Vergaser verstopft? Sie kennt schon ein paar Schwachpunkte der Motorkutsche. Sie durchstößt die Leitung, ein Dreckpfropfen gelangt ans Tageslicht… und der Motor macht wieder Musik! Als nächstes ist ein Zündkabel durchgescheuert, sie weiß von Carl, dass Gummi isoliert, woher nehmen? Na klar, ihr Strumpfband ist aus Gummi, schnell ist das Kabel umwickelt, und die „Strumpfbandzündung“ funktioniert einwandfrei … aber der Strumpf rutscht jetzt.
Bild 15. Die Maße des ersten Autos der Welt.
Bild 16. Carl macht mit seinem Sohn eine Ausfahrt. Sie ernten mehr Bewunderung als Ablehnung.
In Wiesloch ist das Benzin verbraucht; nachgetankt wird beim Apotheker. So wurde diese Apotheke zur ersten Tankstelle der Welt. Dann rutscht auch noch ein lederner Treibriemen, der sich in die Länge gezogen hat. Ein Dorfschuster kürzt ihn und näht ihn neu zusammen. Sie erreichen Pforzheim, als gerade die Straßenlaternen angezündet werden. Was, ihr kommt aus Mannheim, wieviel Tage habt ihr denn gebraucht? Was, die gesamte Strecke an einem Tag? Da seid ihr ja wie der Blitz gefahren! Am folgenden Morgen Telegramm an Carl: Sind alle wohlauf, deine Landstraßenfahrer.
Bild 17. Carl Benz auf seinem Patent-Motorwagen, Gottlieb Daimler und Sohn in seiner Motorkutsche, sie sind sich jedoch nie begegnet. Bild 18. Ehrung für Benz nach 100 Jahren.
Bild 19-21. Rasante Entwicklung des Autos in 100, in 125 Jahren... wie geht es weiter?
Bild 22. Hier in Ladenburg bei Mannheim wurden ab 1906 die Benz-Autos hergestellt, jetzt Museum. Bild 23. Das Direktorenzimmer der Fabrik.
En Auto hat a Hup un kee Klingel. Zwei Monate später erlebt München eine Sensation: Carl Benz ist mit seinem Wagen zur Kraft- und Arbeitsmaschinenausstellung gekommen – mit einer polizeilichen Sondergenehmigung. Die Zeitungen sind voll der Bewunderung und des Lobes. Die Austellungsleitung ehrt Benz mit einer Goldmedaille „…für die wegweisende Erfindung, die das Gesicht der Zukunft prägen wird“. Der Bann ist gebrochen, er bringt Bestellungen aus Frankreich, England und Italien mit nach Hause. Deutsche Käufer sind zurückhaltender.
1890 traten zwei weitere Teilhaber in die Firma ein. Carl war zu dieser Zeit damit beschäftigt, ein Vierradauto zu konstruieren. Er löste das Lenkungsproblem mit einer sorgfältig ausgeklügelten Achsschenkelsteuerung, auf die er 1893 ein Patent bekam. „Victoria“ hieß der erste mit dieser Lenkung ausgestattete Vierradwagen; es war das erste in Serienproduktion hergestellte Automobil der Welt.
Carl Benz hat sich standhaft geweigert, seine Lebenserinnerungen zu schreiben. Sein Schwiegersohn Volk, ein Gymnasialprofessor, hat ihn dann doch mit viel Mühe dazu bewegt, aber er hat sie in eine für die „Veröffentlichung geeignete Form“ gebracht. Da lesen wir dann in sehr schwülstiger, pathetischer Sprache: …der gestaltende, ewig vorwärts drängende Menschengeist… Die Erfüllung dieses Menschheitstraumes ist für mich, den Achtzigjährigen, ein Abendleuchten an meinem Lebenshimmel mit der aufgehenden Morgensonne (Karl Benz: „Lebensfahrt eines deutschen Erfinders. Meine Lebenserinnerungen“). Nein, das ist nicht der Originalton des mit beiden Beinen auf der Erde stehenden Benz. Der hört sich so an: als die Mannheimer Polizei verlangte, dass sein neues pferdeloses Gefährt mit einer hell tönenden Glocke ausgestattet werden müsse, antwortete Benz nur: En Auto hat a Hup un kee Klingel!
Bild 24. Am Anfang war der Benz - seine Idee veränderte die Welt.
Es ist schon eine merkwürdige Geschichte: da sind im Südwesten Deutschlands fast zur selben Zeit zwei Erfinder tätig, setzen die gleiche Idee in die Tat um, der eine in Ladenburg bei Mannheim, der andere in Bad Cannstadt bei Stuttgart, keine 100 km voneinander entfernt. Sie führten ihre beiden Fabriken meist mit mehr aber auch manchmal mit weniger Erfolg 40 Jahre lang, bis 1926 die beiden Firmen "Daimler-Motoren-Gesellschaft" und "Benz & Cie., Rheinische Automobil- und Motorenfabrik AG" im Angesicht der heraufziehenden Wirtschaftskrise die Vereinigung beschlossen. Daimler war längst tot, aber Benz hat es als Rentner noch erlebt. Der Name der neuen Firma lautet: "Daimler-Benz AG". Und doch sind sich der Badener Carl Benz und der Schwabe Gottlieb Daimler nie im Leben begegnet.
Eine kleine Auswahl von Benz-Autos bis 1925, ohne Klingel, aber mit Hupe:
Bilder 25-32. Benz-Typenbezeichnungen (v.l.n.r.):
Bild 33. Die Logos der beiden Firmen Benz und Daimler, zuerst getrennt, dann vereint (angemeldet 1909: der Benz im Lorbeerkranz. Angemeldet 1909: Daimlers dreizackiger Stern zu Lande, im Wasser, in der Luft. Angemeldet 1926: Lorbeerkranz und Stern vereint).
Bild 34. So urteilen Carl Benz´ Zeitgenossen über seine Erfindung. Carl selbst ist auch skeptisch.
Bild 35. Mit Krach und Staub fahren Motorrad und Auto vorbei... und der Bäuerin fällt vor Angst der Eierkorb runter (Marterl-Tafel um 1910).
Ein Besuch im Museum der Autostadt Wolfsburg im August 2014.
Bild 36. Beschreibung des "Velo" von Benz.
Dort ist auch ein Original des "Velo" von Carl Benz aus dem Jahre 1899 ausgestellt, ein eindrucksvolles Zeugnis und Schatz aus der Frühzeit des Automobils
Bild 37. Das komfortable "Velo", Baujahr 1899, der Motor hat jetzt schon die dreifache Leistung gegenüber dem Modell von 1886.
Bild 38. Beeindruckend die Federung der Vorderachse, die Schutzbleche und die gepolsterte Sitzbank.
Nachtrag: Noch ein wenig Nostalgie:
Bild 39. Vergangenheit und Zukunft - Tanksäulen aus den 1920ern in den Museen... und Umstellung auf den Treibstoff der Zukunft
Bildnachweis
2, 3, 4, 17, 18, 19 public domain
1, 11, 24 aus: Werner Walz, "Wo das Auto anfing", Stadler, 1981
5 aus: Hanns Krause, "Der Straßenschreck von Mannheim", VEB Postreiter-Verlag Halle, 1988
6 Mercedes-Benz-Classic-Club Österreich, mbvcoe.at/index.php?set_language=de&cccpage=m_modellprofil_1886_
12 aus: ka.stadtwiki.net, Fotograf Manfred Hattenkerl, Datum der Aufnahme 2.8.2008. Lizensiert unter der Creative Commons-Lizenz CC-BY SA.
7-10, 13, 14, 16, 20-23, 26-32 eigene Fotos 2011 im Technik-Museum Berlin und Dr.Carl Benz Museum Ladenburg u.a., 2011
15, 25 aus Mercedes-Benz Druckschrift "Benz Patent-Motorwagen", 2010
33 eigener Entwurf
34 Collage eigener Fotos, Ausstellung 125 Jahre Automobil, Mercedes-Benz, Berlin Unter den Linden, 2011
35 eigenes Foto im Technik-Museum Berlin 2011
36-38 eigene Fotos, 2014 in der Autostadt Wolfsburg
39 Eigene Fotos aus den Museen Ladenburg, Wolfsburg, DHM Berlin und Schwante/Brandenburg