Die Idee. Wenn die Theorie des großen schottischen Physikers James Clerk Maxwell über die Ausbreitung des elektromagnetischen Feldes stimmt, dann müsste sie doch im Experiment nachzuweisen sein. Diese Idee ließ Heinrich Hertz (*Hamburg 1857, †Bonn 1894) nicht mehr los. Elektrischen Strom durch den leeren Raum schicken, ohne auf metallische Leiter angewiesen zu sein - das wäre doch ein Superding. Telegrafenkabel in der Erde oder tief im Atlantik ... überflüssig?

 

 

Bild 1. Ein großer Sohn der Deutschen. Briefmarke von 1957 zum 100. Geburtstag von Heinrich Hertz.

Bild 2. Der Funkeninduktor "Rühmkorff", links und rechts Unterbrecher, oben Anschlüsse für den Hochspannungskreis. Bild 3. Dazu das Schema: Zwei ineinander verschachtelte Spulen, P...Primärspule, Int...Unterbrecher, S...Sekundärspule, N...Eisenkern, Ec...Funkenstrecke.

Zunächst durchlebte er nach dem Umzug nach Karlsruhe eine große Krise. Er wurde von starken Selbstzweifeln geplagt, sehr schlechte Laune und Lustlosigkeit, schrieb er in sein Tagebuch. Er verzettelte sich mit den verschiedensten physikalischen Themen: Gasentladungsversuche, Hydrodynamik, Nebeltröpfchen, elektrodynamische Maschine, lange Zeit unschlüssig, welche Arbeit anzupacken sei. Doch im September 1886 kam die Klarheit. Funkenversuche, elektromagnetische Induktion mit dem Funkeninduktor, dem sog. "Rühmkorff", der über ein Spulenpaar durch Betätigung eines Unterbrechers Spannungen von 50 000 Volt erzeugt. Diesen Apparat benutzte man auch gerne in Vorlesungen, beeindruckte die Studenten mit dem Geknatter der Funken, gab ihnen eine nicht mit dem Gerät verbundene Spule in die Hand, und alles freute sich, wenn der Mann einen Stromschlag bekam.

Bild 4. Die aufgebogenen Drähte der Sekundärspule mit der Funkenstrecke in der Mitte und den zwei großen Kugeln als Kondensatoren.

Bild 5. Hertz´ Original-Versuchstisch in Karlsruhe. Links der Rühmkorff und die Verbindung zu den 3m langen geraden Drähten mit den kleinen Kugeln in der Mitte und den großen Kugeln außen. Hertz´ eigene Aufnahme von 1887. Auf dem Tisch Empfangsantennen diverser Form.

Hertz ging es nun nicht um die Erheiterung seiner Studenten, sondern dass er die Ausgänge der Sekundärspule zu zwei geraden Drähten aufbog, in der Mitte durchtrennte, mit zwei kleinen Kugeln in geringem Abstand verband und an den Enden zwei 30cm große Kugeln, die als elektrische Kondensatoren dienten, anbrachte. Die knatternde Entladung dieses Schwingungssystems mit Funkenüberschlag zwischen den beiden kleinen Kugeln hatte nun eine Fernwirkung auf die Umgebung; mit verschieden geformten "Empfangsantennen" konnte er winzige Funken bis in 1,5m Entfernung feststellen. Es mussten also irgendwelche elektrodynamischen Übertragungsprozesse stattfinden. Das Jahr 1886 markierte jedoch noch nicht die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen. Dazu bedurfte es noch vieler Versuche und verfeinerter Methoden, die kleinen Funken zu registrieren. Hier hatte er nun sein eigentliches Forschungsgebiet gefunden: Es ging ihm jetzt darum, die Maxwell´sche Theorie in der Praxis nachzuweisen!

Bilder 6, 7, 8. Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen: Der Engländer Michael Faraday war der erste, der Schotte James Clerk Maxwell der zweite, der Deutsche Heinrich Hertz der dritte Mann.

Was hatte es damit auf sich? Die ersten Erkenntnisse hatte der Engländer Michael Faraday: Das Verändern eines Magnetfeldes erzeugte in einem Draht einen elektrischen Strom. Daraus entwickelte er 1836 die Theorie des magnetischen und elektrischen Feldes, das sich auch durch den freien Raum fortpflanzen müsste. Er konnte seine Hypothese jedoch nicht durch physikalische Gesetze nachweisen. Das konnte erst 30 Jahre später der brillante Schotte James Clark Maxwell, der durch mehrere Differentialgleichungen Faradays Annahmen theoretisch untermauerte. Danach breiten sich elektro-magnetische Wellen mit Lichtgeschwindigkeit durch den freien Raum aus, und sie sind wesensgleich mit den Lichtwellen. 20 Jahre später wurde der Deutsche Heinrich Hertz der dritte Mann in dieser Kette großartiger Staffelläufer, von denen jeder den Stab von seinem Vorläufer übernahm. Und Hertz sollte ihn noch 1895 an einen vierten, den Italiener Guglielmo Marconi weitergeben.

Die physikalische Theorie muss in der Praxis bewiesen werden. Für Hertz war klar, dass eine physikalische Theorie, und mag sie noch so schön sein, erst dann ihre volle Gültigkeit erhält, wenn sie in nachvollziehbaren Experimenten bewiesen werden kann. Jetzt ging er ganz systematisch an eben diesen Nachweis heran.

Er beobachtete die Entladungs-Funken in der Lücke der gestreckten Drähte des Rühmkorffs. Dabei bemerkte er, dass an einem ebenfalls mit einer Lücke versehenen Drahtbügel auch winzige Funken übersprangen. Dieser war aber nicht mit dem Stromkreis der Entladungen verbunden. Hertz schloss daraus, dass von der Funkenstrecke der ersten Spule elektrische Schwingungen oder Strahlungen ausgegangen sein mussten, die durch den Raum in dem Drahtbügel die winzigen Funken ausgelöst hatten. Wenn diese Fernwirkungen Wellen waren, dann müssen sie den allgemeinen Gesetzen der Wasser- und Lichtwellen gehorchen, also reflektiert, gebrochen, gebündelt, überlagert, polarisiert und ausgemessen werden können.

 Bild 9. Die Versuchsanordnung und die von der Funkenstrecke des Rühmkorffs ausgehenden elektromagnetischen Wellen

Er brachte an der gegenüberliegenden Wand des Hörsaals große Zinkplatten an, um, wie er glaubte, durch Reflektion eine stehende Welle zu erzeugen. Dann marschierte er mit seinem Drahtbügel, dem "Empfänger" durch den Raum, beobachtete die Stärke der Funken in dessen Lücke mit einem Mikroskop ... und stellte, je nach Stärke der Funken, Schwingungsbäuche und Schwingungsknoten in der "elektromagnetischen stehenden Welle" fest. Dann benutzte er einen riesigen prismatischen Pechblock, an dessen Fläche er die Wellen zur Brechung zwang. Um die Wellen zu bündeln, packte er den "Sender" in die Brennachse eines Parabolreflektors, dem er in einer Entfernung einen "Empfänger" in einem Parabolreflektor gegenüberstellte, und es funktionierte wieder! Durch Drehung eines mit Drähten bespannten Rahmens um 90° bewies er auch die Polarisation der Wellen, also entweder Durchgang oder Blockierung durch den Rahmen.

Bild 10. Die von Hertz benutzten Original-Versuchsgeräte: Kugeln, Sender, Empfänger, Polarisationsfilter.

Winzige Funken lösen sein heureka aus. Er wiederholte alle Versuche mehrmals, um systematische und zufällige Fehler auszuschalten. Er hatte, wie andere Erfinder auch, große Furcht vor den Kollegen aus der Physikerzunft, die ihn in der Luft zerreißen würden, wenn auch nur der kleinste Fehler offenkundig würde. Und er wollte nicht zum Gespött der ganzen Menschheit werden. Es durfte keine unsichere Beobachtung oder falsche Deutung eingeflossen sein. Also alles nochmals durchchecken, die Messergebnisse ordnen und sorgfältig analysieren! Nein, er hatte sich nicht geirrt, alles stimmte, er hatte Maxwells theoretisch postulierte elektromagnetische Wellen in der Praxis nachgewiesen. Er konnte jetzt 1887, nach vielen Wiederholungen, sein heureka ... "ich hab´s gefunden" rufen! Und es musste schnell veröffentlicht werden, damit nicht ein anderer ihm den Braten vor der Nase wegschnappte. Es wurden 1888 insgesamt vier Aufsätze in den "Annalen der Physik" geschrieben, z.B. "Über die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektrodynamischen Wirkungen" und "Über elektrodynamische Wellen im Luftraume und deren Reflexion". Am schönsten waren die Ergebnisse über die stehenden, d.h. reflektierten Wellen, weil er deren Form wunderbar dokumentieren konnte, anders als bei mit Lichtgeschwindigkeit vorbeihuschenden Wellen. Maxwells Theorie wurde durch seine Versuche voll und ganz bestätigt: Die elektrischen und magnetischen Felder lösen sich von den Drähten und wandern mit Lichtgeschwindigkeit in den freien Raum hinaus.

Bild 11. In diesem Modell sehr schön zu sehen: Seine Versuchsanordnung mit dem Sender (Funkenstrecke zwischen den Kugeln) im Parabolspiegel, der gerichtete elektromagnetische Wellen auf ein Polarisationsgitter ausstrahlt. Der Funkeninduktor "Rühmkorff" versorgt den Sender mit oszillierender Hochspannung.

Das Echo aus der Wissenschaftsgemeinde war überwältigend, besonders in Großbritannien wurden ihm alle Ehren entgegengebracht, hatte er doch die von vielen angezweifelten Thesen ihres großen Meisters eindeutig und endgültig bewiesen. Der Maxwellianer Sir Oliver Heaviside (er sagte die Existenz der Heaviside-Schicht in der Ionosphäre, an der Radiowellen reflektiert werden, voraus) von der Royal Society sagte 1891: Three years ago, electromagnetic waves were nowhere. Shortly afterward, they were everywhere. Hertz´ Errungenschaften wurden als der Beginn des neuen "elektrischen Zeitalters" gesehen. Hertz wurde in Großbritannien zum bahnbrechenden Physiker seiner Zeit erklärt und: The year 1888 will be ever memorable as the year in which this great question has been experimentally decided by Hertz in Germany. Sogar die Times berichtete über die denkwürdige Entdeckung. Die deutschen Zeitungen berichteten über die Tagung der Deutschen Naturforscher nur, dass des verstorbenen Kaisers gedacht und ein Hoch auf den neuen ausgebracht wurde.

Bild 12. So muss man sich das Herz des Senders, den Hertz´schen Dipol,  und seine Arbeitsweise vorstellen. Die aufgespeicherte Energie zwischen den Kondensatorplatten fließt nicht einfach aus einem sich entladenden Gefäß ab, sondern pendelt hin und her. Jeder Entladungsfunke besteht also aus elektrischen Schwingungen, die die Wellen im gleichen Rhythmus erzeugen.

Bild 13. So lösen sich die elektromagnetischen Wellen in radialer Richtung vom Draht ab.

Licht ist auch eine elektromagnetische Welle - wie das denn? Hertz hatte jeweils alle Versuchsergebnisse an seinen verehrten Lehrer von Helmholtz nach Berlin geschickt und von diesem höchstes Lob und Anerkennung erhalten. 1889 begannen die Physiker in aller Welt mit den "Strahlen elektrischer Kraft" zu experimentieren. Aber es waren noch nicht die technischen Anwendungen der drahtlosen Telegrafie, die erst etwa zehn Jahre später in der Welt Furore machten. Sondern es waren noch die Grundlagenversuche, die die Lichtähnlichkeit der elektrischen Strahlen bezeugten, die die Physiker zuerst in Erstaunen, dann in Euphorie versetzten. Licht ist eine elektrische Erscheinung ... diese sensationelle Erkenntnis mussten sie erst mal verdauen, dass die elektrischen Strahlen wie Lichtstrahlen Schatten bilden, Beugungsmuster erzeugen, Polarisation zeigen und dass sie, wenn der Sender in der Brennachse eines Hohlspiegels angebracht ist, wie Licht gerichtet wird. Auch mussten sie damit klarkommen, dass man Lichtwellen sehen kann, elektromagnetische Wellen jedoch nicht. Nur ein ganz kleiner Ausschnitt des elektromagnetischen Spektrums wird von unseren Augen wahrgenommen, nämlich Wellen mit einer Länge von 390 bis 770 nm. Bei Hertz´ Versuchen betrug die Wellenlänge 330 mm, also eine bis zwei Millionen mal größer, also für das Auge unsichtbar, weil weit oberhalb des infraroten Lichts!

Bild 14. Das gesamte elektromagnetische Wellenspektrum, von dem das menschliche Auge nur einen winzigen Ausschnitt wahrnehmen kann. Um die anderen Wellen zu "sehen" brauchen wir technische Geräte. Die Spanne reicht von 10-15 bis 107m Wellenlänge (Höhenstrahlung bis niederfrequente Wechselströme), die Spanne der Frequenzen reicht von 1023 Hz bis 10 Hz. Achtung: Die Skala ist logarithmisch, jeder Strich unterscheidet sich vom nächsten um den Faktor 10. Wellenlängen einiger bekannter Strahlungen: Gamma 1pm, Röntgen 1A (Angström), Radar 1cm, Mikrowellenherd 1dm, UKW 4m, Kurzwelle 50m, Mittelwelle 1km.

Hertz - der neue Superstar der Physik. Hertz konnte sich jetzt Hoffnungen machen, an eine renommierte Universität zu wechseln, da ein Polytechnikum, wie das in Karlsruhe, obwohl sehr gut ausgestattet, im Deutschland der damaligen Zeit nur als zweitrangige Bildungsstätte galt. Das Land war noch stark geisteswissenschaftlich ausgerichtet, man hatte noch nicht begriffen, dass die Naturwissenschaften auf dem Weg waren, die Lebensgrundlage der Volkswirtschaft zu werden. Hertz hätte die Nachfolge des verstorbenen Kirchhoff in Berlin antreten können, aber er machte von Helmholtz und Althoff, dem preußischen Kultusminister klar, dass er lieber als Experimentalphysiker nach Bonn, als als theoretischer Physiker nach Berlin gehen wolle. Und so kam es. Althoff wusste sehr wohl um die Qualitäten Hertz´ und sorgte dafür, dass er in Bonn nur Experimentalphysik-Vorlesungen abhalten und das Laboratorium leiten und nicht mit anderen Lehrveranstaltungen belastet werden sollte. Hertz war mit 32 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als er 1889 die Professur in Bonn antrat.

Bild 15. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gedenkt des großen Forschers.

Sein Abschiedsvortrag im Polytechnikum Karlsruhe mit 300 Zuhörern war sehr bewegend, beendete er doch eine überaus fruchtbare Schaffensperiode. Applaus und Hoch-Rufe, Ehrungen aus dem In- und Ausland. Das ganze Jahr 1889 wurde jedoch wieder ein Jahr der schlechten Laune, der Mutlosigkeit, des Unglücklichseins. Umzug, Neuordnung des Labors, Vorlesungen vor neuen Studenten, eine schwere Grippe in der ganzen Familie. Aber er traf mit berühmten Persönlichkeiten zusammen: Aus Berlin kam Werner von Siemens, der zu ihm sagte: Sie müssen nach Berlin kommen, was wollen Sie in Bonn? Aus Amerika reiste Thomas Alva Edison an und erzählte, dass er auch schon mal etwas mit elektrischen Wellen versucht habe. 1890 musste er feststellen, dass er kaum an seinen Experimenten arbeiten konnte: Zu viel Verwaltungskram, Korrespondenz die Menge, Ehrungen, die ihn Zeit kosteten. Aber eine freute ihn ganz besonders: Die Rumford-Medaille der Royal Society, so eine Art Nobel-Preis des 19. Jahrhunderts. Der Akt und das Ritual der Verleihung in London, Reden, zahllose Einladungen, Besichtigung der Reliquien Newtons in Cambridge...

1891 nahm ihn die Familie wieder sehr in Anspruch, die zweite Tochter wurde geboren. An Experimentalphysik war nicht zu denken. Frustation über missratenen Versuche, Suche nach Anhaltspunkten für neue Arbeit. Intensiv widmete er sich nun doch theoretischen Arbeiten, den grundlegenden Prinzipien der Mechanik. Das ging tief hinein ins Philosophische; nach seiner Meinung bedurfte die Mechanik eines ähnlichen Klärungsprozesses wie die Elektrodynamik. Er schrieb darüber ein Buch, das Ende 1893 abgeschlossen war. Das Ganze hatte ihm offensichtlich große Mühe bereitet. Heureka-Erlebnisse hatte er während der ganzen Zeit nicht, auch keine Etappensiege. Er war sich klar darüber, dass er mit den "Prinzipien der Mechanik" nicht den Nerv der Physiker-Gemeinschaft getroffen hatte. Die Arbeit hatte nur theoretische und gar keine praktische Bedeutung. Für den praktisch denkenden Physiker war das Buch abschreckend, und der Philosoph fühlte sich überfordert.

Bild 16. Heinrich Hertz - das Deutsche Museum München ehrt den großen Sohn der Deutschen in der Ehrenhalle. Der Entwurf stammt von Mathilde Hertz, seiner jüngeren Tochter.

Die Krankheit - sein persönliches Schicksal. Hertz war vor allem als der geniale Experimentator bekannt und erst in zweiter Linie als Theoretiker. Er hätte sicherlich nach diesem Ausflug wieder zu seiner alten Stärke zurückgefunden, waren doch längst noch nicht alle, besonders die praktischen Aspekte der Funkwellen erforscht, wenn nicht das schlimme Verhängnis seiner schwachen Gesundheit in fürchterlicher Weise zugeschlagen hätte. 1892 ging es los: Kopfschmerzen, fortgesetzter Schnupfen mit Fieber, Ohren- und Schleimhautentzündung, Nasenhöhleninfektion brachten zunehmendes persönliches Leid für Heinrich Hertz. Er suchte Ärzte auf, die noch Anhänger der alten Theorie waren, alles komme von giftigen Erdausdünstungen. An eine vernünftige Strategie zur Fortführung seiner Experimente war nicht mehr zu denken. Er selbst hielt die neue Bakteriologie des Robert Koch für ausgemachten Schwindel. Eine Italienreise und ein Kuraufenthalt in Bad Reichenhall brachten keine Verbesserungen. Nach einer Kopfoperation zur Entfernung von Entzündungsherden heilte die Wunde nicht mehr zu. Eine schlimme Blutvergiftung war die Folge, der er am 1. Januar 1894 erlag. Am 7. Dezember 1893 hatte er seine letzte Vorlesung gehalten.

Ihr sollt nicht trauern, sondern sollt ein wenig stolz sein und denken, dass ich zu den besonders Auserwählten gehöre, die nur kurz leben und doch genug leben. Dies Schicksal habe ich mir nicht gewünscht, aber ich muss zufrieden sein, schrieb er noch am 9. Dezember 1893 in der Vorahnung seines Todes.

Bilder 17-19. Ehrungen für den großen Wissenschaftler, der viel zu jung starb. Was hätte er noch alles erreichen können? Postwertzeichen von 1957 bis 1983. (Die Grafik der deutschen Marke von 1983, rechts unten, ist gelungen, weist jedoch zwei Fehler auf: Hertz hat die ersten Anzeichen elektromagnetischer Wellen erst 1886 entdeckt (nicht 1883), und die Achse der Kugeln ist um 90° gedreht, passt so nicht zur Wellenform).

Seine Leistung, sein Ansehen, sein Erbe. Hertz hatte mit einer Serie von eleganten Experimenten nachgewiesen, dass die Maxwell´schen elektromagnetischen Wellen tatsächlich existieren. Er hatte überzeugend demonstriert, dass diese Wellen alle wohlbekannten Eigenschaften des Lichts besitzen: Rückstrahlung, Ablenkung, Beugung, Überlagerung, Polarisation und sogar seine Geschwindigkeit. Fast augenblicklich wurde Heinrich Hertz der Superstar der internationalen Physiker-Community. Seine Entdeckung löste schon in kurzer Zeit danach die Erfindung der drahtlosen Telegrafie aus und ein paar Jahre später Rundfunk und Fernsehen.

Sir Oliver Lodge, Physiker und Fellow of the Royal Society, sagte nach Hertz´ Tod: Hertz erreichte, wozu die englischen Physiker dieser Zeit unfähig waren. Er hat nicht nur die Gültigkeit der Maxwell´schen Theoreme etabliert, sondern er tat dies auch mit einer gewinnenden Bescheidenheit. Ein anderer Engländer sagte: Hertz war ein vornehmer Mann. Er hatte das einzigartige Glück, viele Bewunderer zu finden, aber keine die ihn hassten oder beneideten. Alle, die ihn kannten, waren von seiner Bescheidenheit und seiner Liebenswürdigkeit angetan. Er war seinen Freunden ein wahrer Freund, seinen Studenten ein respektierter Lehrer und seiner Familie ein liebender Ehemann und Vater.

Es scheint fast so, dass Hertz´ Entdeckung viel stärker in Großbritannien zur Kenntnis genommen, gewürdigt und für zukunftsträchtig gehalten wurde als in Deutschland, das noch stark in der deutschen Tradition der Dichter und Denker verhaftet war, das Naturwissenschaftler und Techniker eher für "Spinnerte" hielt, die eigentlich nichts Fundamentales zum deutschen Kulturgut beitrugen. Es dämmerte erst langsam, dass die Naturwissenschaften einmal das Fundament unserer Volkswirtschaft werden würden. Es gab zwar einzelne naturwissenschaftliche "Leuchttürme" in Deutschland, wie Gauß, von Helmholtz, Kirchhoff, aber die Begeisterung im Volk für Derartiges fehlte fast vollständig. Ganz anders dagegen in Frankreich und England, wo die Tageszeitungen über Errungenschaften des beginnenden technischen Zeitalters in Ausführlichkeit berichteten.

Seine Entdeckung hatte ungeheure, bis heute und noch in die Zukunft reichende Auswirkungen. Sie war der Anfang der weltweiten Kommunikation in Form der drahtlosen Telegrafie, der Sicherung des See- und Luftverkehrs in Form der Radartechnik, des Rundfunks und Fernsehens, der Satellitenfunktechnik, der GPS-Navigation, der Funkzellen für die mobilen Telefonnetze und unzähliger Anwendungen im zivilen, militärischen und wissenschaftlichen Bereich. Alle diese Errungenschaften, ohne die wir uns das Leben gar nicht mehr vorstellen können, beruhen auf den von Maxwell vorhergesgten und von Hertz in der Wirklichkeit nachgewiesenen elektromagnetischen Wellen. Für Hertz lag der Gedanke an derartige Anwendungen jenseits seines Denkhorizonts, er verstand sich als Grundlagenforscher. Übrigens gehen die Bezeichnungen Rundfunk, Funktechnik auf seine ursprünglich benutzten realen Funken zurück, die beim Überspringen zwischen zwei Kügelchen die in den Raum ausgestrahlten Wellen erzeugten. Heute springen in den Sendeanlagen keine Funken mehr über, sondern Röhren und Halbleiter bilden das Herz der Sender.

Bild 20. Auch Hamburg gedenkt des großen Sohnes der Stadt, entdeckt bei einem Besuch im Hamburger Rathaus im Oktober 2014.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachtrag: Besuch im Museum Königs Wusterhausen.

Bild 21. Im Heinrich-Hertz-Raum des Sender- und Funktechnik-Museums sind die Grundversuche Hertz´ sehr schön dokumentiert.

Bild 22. Die Funktechnik-Pioniere - einer gab den Staffelstab an den nächsten weiter.

 

Was wurde aus Hertz´ Entdeckung?

 

Bildnachweis

Bild 1: Public domain. Bilder 2, 3: Public domain, Schutzfrist abgelaufen. Bild 4-8, 10, 11, 12 oben, 16: Eigene Fotos am 1./2.8.2011 im Deutschen Museum München, Gestattungsvertrag für Bildaufnahmen vom 12.7.2011. Bild 9: Eigene Zeichnung, oben Wikipedia, Urheber SuperManu CC-BY-SA 3.0. Bild 12: unten Wikipedia, Urheber Herbert Weidner, gemeinfrei. Bild 13: oben u. unten links Veröffentlichung von Hertz, Schutzfrist abgelaufen, oben rechts Wikipedia, Schulphysik ungeschützt, unten rechts Wikipedia, Urheber Averse CC-BY-SA 3.0. Bild 14: Wikipedia, Urheber Horst Frank Phrood Anony CC-BY-SA 3.0. Bild 15: Wikipedia, Urheber Klaus-Dieter Keller, gemeinfrei. Bild 17-19: Public domain. Bild 20: Eigenes Foto 5.10.2014. Bilder 21-22: Eigene Fotos im Sender- und Funktechnikmuseum Königs Wusterhausen, Juni 2015.