Ardennes Erfindung veränderte wie keine andere das Leben der Menschen.
Von der winzigen Braun´schen Röhre zum riesigen Flachbildschirm - das Fernsehen - ein Meilenstein zum Guten wie zum Schlechten. Es gibt wenige Erfindungen, die das Verhalten der Menschen derart grundlegend verwandelt haben, wie das Fernsehen.
Das Fernsehen hat sich als Massenmedium seit den 1950er Jahren in den Industriestaaten zum Leitmedium entwickelt. heute haben 95 Prozent der deutschen Haushalte mindestens ein Fernsehgerät, 40 Prozent sogar zwei oder mehr. Für viele Menschen ist es Teil ihres Alltags geworden und bestimmt oft sogar den Tagesablauf. Es erfährt Zuwendung durch alle Bevölkerungsschichten. In Deutschland sahen im Jahr 2008 die Zuschauer pro Tag etwa 3,5 Stunden Fernsehen, in den USA betrug die Dauer 5 Stunden.
Bild 1. Auf dem kleinen, hellen, runden Boden der Bildröhre war das Fernsehbild zu sehen. Gebt mir 75 Jahre, und ihr werdet das Ding nicht wiedererkennen!
Die gute Nachricht. Auf der einen Seite bringt das Fernsehen die Völker einander näher und hat die Welt auf Tuchfühlung aneinandergerückt, wir schauen mit "eigenen Augen" in fremde Länder, blicken in die Gesichter von Staatsführern, Religionsoberhäuptern, Wissenschaftlern, Künstlern, Sportlern. Uns werden alle Winkel der Welt ins Wohnzimmer geliefert, die Bergeshöhen, Meerestiefen, Sand- und Eiswüsten und sogar die Aussicht auf unseren blauen Planeten von einem Raumschiff aus. Wir bekommen auch Einblicke in die Lebensverhältnisse weit entfernter Völker, sehen die wilden Tiere in der Steppe und im Urwald, gucken auch schaudernd in den Feuerschlund von Vulkanen, sehen ins Auge des Taifuns und stehen erschüttert mittendrin in den Zerstörungen des Tsunamis. Uns erzählen Kriegsberichtserstatter hautnah von den Gräueln der aufeinander losgehenden Menschen, von den Flüchtlingscamps, den Hungergebieten. Der Bildschirm bringt uns Kulturereignisse und Sportwettkämpfe ins Haus, für die wir noch nicht einmal das Sofa verlassen müssen. Das ist die eine, die gute Seite.
Die schlechte Nachricht. Die gibt es auch. Das Fernsehen hat große Teile der Bevölkerung zu Couch-Potatoes gemacht, zu unbeweglichen Dickmöpsen, die sich alles einziehen, was die Glotze bietet, die den ganzen Tag das Ding nicht ausschalten und aufgehört haben, eine eigene geistige Betätigung auszuüben. Sie glauben, am wahren Leben teilzunehmen und sehen doch nur ein Abbild, das die Fernsehmacher nach eigenem gusto erzeugen. Und sie lassen sich berieseln von banalen Geschichten, von Soap Operas, die sie süchtig machen. Dabei haben die Programmmacher auch eine Bildungsaufgabe, und sie nutzen sie immer weniger. Sie gieren nach Einschaltquote und stellen sich auf unterdurchschnittliches Bildungsniveau ein. Die meisten Unterhaltungssendungen sind daher schlicht Volksverdummung. Es gibt Geschichten von Leuten, die, nachdem sie aus dem aktiven Arbeitsleben ausschieden, sich nur noch zwischen Bett, Tisch und Fernseher bewegten. Nach kurzer Verweilzeit in diesem Bermuda-Dreieck waren sie tot. Und ob das eine gute Idee ist, kleine Kinder stundenlang zur „Beruhigung“ vor den Bildschirm zu setzen? Eine Studie hat bewiesen, dass das Fernsehen den Spracherwerb von Kleinkindern nicht unterstützt. Eine weitere Studie hat gezeigt, dass hoher Fernsehkonsum in der Kindheit und Jugend mit einem überdurchschnittlichen Body-Mass-Index, mit Bewegungsmangel, mit Tabakrauchen und den Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter in Verbindung steht. Mehrere Studien deuten darauf hin: Je höher der Fernsehkonsum in der Jugend, desto schlechter der Bildungsabschluss. Noch ein weiterer Aspekt ist erschreckend: Das Fernsehen lässt die Menschen immer weniger am öffentlichen Leben teilnehmen, der Rückzug ins Wohnzimmer vor den Bildschirm trägt in gewisser Weise asoziale Züge. Wie war in den 1940ern das Wirtshaus in dem niederbayrischen Dorf, in dem der Website-Autor aufwuchs, abends gefüllt mit Besuchern, die die Feldbestellung und die Politik diskutierten! Heute? Tote Hose. Das Fernsehen hat weitgehend auch die Gesellschaftsspiele in der Familie gekillt – und es hat den vielen kleinen Kinos auf den Dörfern und den Vorstädten den Garaus gemacht. Was war da los, wenn sich die Nachbarschaft beim Programmwechsel traf, freudige Begrüßung im Foyer und Meinungsaustausch nach der Vorstellung! Schade, alles vorbei!
Die Geschichte des Fernsehens in Deutschland. Die weltweit erste vollelektronische Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhre gelang Manfred von Ardenne zu Weihnachten 1930. Im August 1931 führte er auf der Funkausstellung in Berlin sein vollelektronisches Fernsehverfahren vor. Nachdem bekannt wurde, dass die britische BBC ein Fernsehprogramm plane, entschieden die Nazis, den Briten zuvorzukommen. Die deutsche Erfindung Fernsehen sollte ihrer Meinung nach auch von Deutschen regulär eingeführt werden. Am 22. März 1935 begann der Regelbetrieb mit dem Fernsehsender „Paul Nipkow“. Deutschland veranstaltete damit den ersten regelmäßigen Fernsehprogrammdienst der Welt. Allerdings gab es in Berlin und Umgebung nur etwa 250 Fernsehempfänger; die Industrie war aus Kapazitätsgründen noch nicht zur Massenfertigung von Fernsehempfängern fähig. Die Deutsche Reichspost eröffnete am 9. April 1935 die erste öffentliche Fernsehempfangsstelle für den Gemeinschaftsempfang; weitere Fernsehstuben wurden in rascher Folge eröffnet. Der Eintritt für jeweils etwa 30 Personen, die auf technisch noch unausgereiften Geräten ein 18×22 cm großes, flackerndes Fernsehbild mit wenig Kontrast betrachten konnten, war kostenlos. Die Publikumsreaktionen waren recht verhalten, was angesichts der im Vergleich zur Kinoleinwand bescheidenen Präsentationsfläche verständlich ist.
1936 folgte England als zweites Land mit einem regelmäßigen Fernseh-Programmdienst; 1937 dann Frankreich, sowie 1939 die USA. Japan startete 1954 als erstes Land Asiens einen regelmäßigen Fernsehversuchsdienst und Australien 1956.
Bild 2. Die Ikonoskop-Kamera von Telefunken während der Olympischen Spiele 1936.
Die Olympischen Spiele 1936 in Berlin waren auch ein technisches Großereignis. Telefunken entwickelte für die Spiele die erste fahrbare Fernsehkamera, die „Fernseh-Kanone“: Die vollelektronische Ikonoskop-Kamera, hatte eine Bildauflösung von 180 Zeilen, ein Objektiv von 1,60 m Brennweite, einen Linsendurchmesser von 40 cm und eine Gesamtlänge von 2,20 m.
Bild 3. 1939, deutscher Einheits-Fernseh-Empfänger E1 der Fa. Telefunken. Bild 4. Ein „Spiegelfernseher“ von 1937. Das Fernsehen war noch in statu nascendi.
Der 1939 eingeführte deutsche Einheits-Fernsehempfänger zeichnete sich durch vielfache technische Innovationen aus. Erstmals kam hier die Rechteckbildröhre zum Einsatz, die in Verbindung mit einem höheren Ablenkwinkel eine wesentlich kompaktere Bauweise des Empfängers ermöglichte. Der Reichspostminister kündigte großsprecherisch die bevorstehende Freigabe des privaten und kostenlosen Fernsehens an. Es kam jedoch zu keiner Serienherstellung, da die Produktion aller zivilen Geräte wegen des Kriegsbeginns eingestellt wurde. Nur etwa 50 Exemplare des E1 waren fertiggestellt.
Fernsehgeschichte nach 1950. Im Winter 1944 wurde das Fernsehprogramm eingestellt. Im besetzten Frankreich wurde für die Betreuung der deutschen Truppen und um die Franzosen mit pro-deutscher Propaganda zu versorgen 1942 ein deutsches Okkupationsfernsehen eingerichtet. Die massenhafte Verbreitung des Fernsehens folgte jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg: Sowohl die DDR als auch die Bundesrepublik begannen jeweils 1952 mit einer Ausstrahlung von Fernsehprogrammen.
Bild 5. Ikonoskop-Kamera KKle der Fernseh GmbH von 1953. Das Ikonoskop ist die Bildaufnahmeröhre, die bessere Bilder als die Orthikon-Aufnahmeröhre liefert, allerdings benötigt sie erheblich mehr Licht (d.h. Aufheizung der Aufnahmestudios). Bild 6. Orthikon-Kamera mit Zoomobjektiv der Fernseh GmbH von 1960. Die veränderbare Brennweite ermöglichte bei Außenaufnahmen, weit entfernte Szenen einzufangen und vermied das Umschalten auf andere Kameras.
Die Aufnahmekameras. Die Ikonoskop-Kamera ist eine von Vladimir Zworykin 1923 erfundene Bildaufnahmeröhre. Fotosensitive Körner befinden sich, durch eine Isolatorschicht abgetrennt, auf einer Metallfolie. Jedes Körnchen bildet mit der Metallfolie einen kleinen Plattenkondensator. Wird nun mithilfe von Linsen ein Bild auf die lichtempfindliche Seite projiziert, so geben die Körner je nach Helligkeit des einzelnen Bildpunktes Elektronen ab, wodurch auf der Metallfolie punktweise negative Ladungen entstehen. Die Folie befindet sich in einer Braun´schen Röhre, in der sie zeilenweise von einem Elektronenstrahl abgetastet wird. Die Elektronen werden an den hellen Bildpunkten von der induzierten Ladung abgestoßen, tragen aber an den dunklen Punkten zu einem Strom bei, der von der Folie zum Sendegerät fließt.
Die Orthikon-Kamera besitzt auch eine Kondensatoranordnung aus lichtempfindlichem Material. Diese Anordnung ist allerdings halbdurchlässig für Licht und wird von beiden Seiten genutzt. Von vorn wird das optische Bild auf diese Anordnung projiziert und erzeugt so das Ladungsbild. Von der Rückseite tastet ein Elektronenstrahl dieses Ladungsbild in der vom Ikonoskop bekannten Weise ab.
Nach Kriegsende wurde jede unbeaufsichtigte Sendetätigkeit von Deutschen verboten, auch die Produktion von Fernsehgeräten war untersagt; die betriebsbereiten Sendeanlagen standen unter Besatzungsrecht. Die vier Alliierten errichteten in ihren Besatzungszonen eigene Sendeanlagen, deren Programme von Besatzungsoffizieren kontrolliert wurden. Zwischen 1948 und 1949 wurden die bisherigen Militärsender in Landessender des öffentlichen Rechts unter deutscher Verwaltung umgewandelt. 1950 war das Produktionsverbot aufgehoben. Am ersten Weihnachtsfeiertag 1952 erfolgt der langerwartete Start des regelmäßigen Programms des deutschen Fernsehens. Um 20 Uhr eröffnet Intendant Werner Pleister das Programm mit den Worten: Das Fernsehen schlägt eine Brücke von Mensch zu Mensch, von Völkern zu Völkern. Wir versprechen Ihnen, uns zu bemühen, das neue, geheimnisvolle Fenster zu Ihrer Wohnung, das Fenster in die Welt, mit dem zu erfüllen, was Sie interessiert, Sie erfreut und Ihr Leben schöner macht. Die DDR hat unterdessen den Wettlauf um den Fernsehstart gewonnen. Sie sendet ihr Fernsehprogramm schon ab dem 21.12.1952, dem Geburtstag Stalins, und kommt der BRD vier Tage zuvor. Der eine deutsche Staat wählt als Starttermin den Geburtstag des Gottessohnes und Menschenfreundes, der andere den Geburtstag eines der größten Gewaltherrscher.
Ab 1950 erlebt das Fernsehen in Deutschland einen enormen Aufschwung. 1952 gab es in Westdeutschland 2000 Fernsehteilnehmer, 1953 schon 10 000 (DDR 600), 1955 100 000 (DDR 13 000), 1957 1 Mio (DDR 71 000), 1959 3 Mio (DDR 600 000).
Die Hersteller. Deren gab es viele: Loewe (die waren die ersten), Metz, Argus, Telefunken, Blaupunkt, Nordmende, Körting, Schaub-Lorenz, Saba, Grundig, die auf diesen steil nach oben zeigenden Wirtschaftszweig, diesen immer schneller fahrenden Zug aufsprangen. Und es gab nicht nur das Fernsehgerät, sondern in zunehmendem Maße Kombi-Apparate, zusätzlich mit Radio und Plattenspieler; diese Musik- und Fernsehtruhen erfreuten sich großer Beliebtheit und stellten in der Zeit des Wirtschaftswunders ein gern vorgezeigtes Statussymbol dar. Heute gibt es übrigens nur noch zwei deutsche Hersteller, Metz und Technisat (eine Nachfolgefirma der ostdeutschen RFT), Loewe hat Insolvenz angemeldet. Alle anderen sind von der Bildfläche verschwunden, auch wenn auf einigen Geräten noch altbekannte deutsche Markennamen draufstehen.
Bild 7. Ardenne hatte eine Lawine losgetreten. In den 1950ern ging es mit dem Fernsehen richtig los.
Bild 8. Im Jahr 1951 beginnt die Fernseher-Produktion in der Ostzone – zuerst für das sowjetische Brudervolk. Rembrandt und Rubens geben dafür ihre Namen her.
Bild 9. Jetzt nehmen sich auch die Designer der Fernsehapparate an - das Gerät Braun HF1 von 1958 - sehr funktional und ohne Holzfurnier und Zierleisten-Schnickschnack. Bild 10. 2002 erinnert ein Postwertzeichen an den Wiederbeginn des Deutschen Fernsehens vor 50 Jahren.
Bilder in Farbe. Ein weiterer Meilenstein der Fernsehgeschichte: Einführung des Farbfernsehens 1967: Mit einem Knopfdruck des regierenden Bürgermeisters von Berlin, Willy Brandt startete am 25. August 1967 auf der Internationalen Funkausstellung offiziell das Farbfernsehen in Deutschland.
Bild 11. 1967 kam Farbe ins Bild – ein Knopfdruck, und die Mattscheibe wurde bunt.
Das deutsche Farbfernsehen basierte auf dem von Walter Bruch (1908-1990) im Jahre 1962 bei Telefunken erfundenen PAL-System (Phase Alternating Line). Es stellte eine bedeutende Verbesserung des amerikanischen NTSC-Systems (National Television Systems Committee) dar, das durch ein instabiles Farbsignal gekennzeichnet war; d.h. es kam während einer Übertragung zu drastischen Farbverschiebungen, z.B. von Blau nach Grün; man nannte es auch spöttisch Never The Same Color. Auch das französische SECAM-System (Séquentiel à mémoire) musste wegen technischer Unzulänglichkeiten ständig überarbeitet werden; es entstanden vier Varianten, die Walter Bruch als konzeptionelle Schwäche ansah. Warum nannte er es PAL? Er antwortete: Niemand hätte ein „Bruch-System“ haben wollen. PAL unterscheidet sich vor allem durch eine integrierte Farbkompensation, die das Auftreten des entscheidenden Problems der NTSC-Norm, der Farbverzerrungen, verhinderte; das „PAL-Verfahren ist im Vergleich mit NTSC und SECAM das stabilste Verfahren.
Bild 12 und 13. Die Farbfernsehkamera von 1967 und einer der ersten Farbfernseh-Empfänger von Telefunken, PALcolor708 von 1967.
Bild 14. Die weltweite Verteilung der Farbsysteme NTSC, SECAM und PAL.
Beim Schwarz-Weiß-Fernsehen werden nur die Helligkeitswerte aufgenommen, beim Farbfernsehen auch die Farben. Jeder beliebige Farbton des Lichts lässt sich durch gewichtete Überlagerung der Primärfarben Rot, Grün, Blau synthetisieren.
Bild 15. Der RGB-Farbraum kann als 3-dimensionaler Würfel dargestellt werden, die drei Achsen repräsentieren die drei Farben Rot, Grün, Blau. Der maximale Farbenwert von 255 bedeutet 100% der jeweiligen Farbe. Nach diesem Modell gibt es Millionen von Einzelfarben, die durch gewichtete Überlagerung entstehen. Die Überlagerung aller drei Primärfarben ergibt Weiß.
Bild 16. Prinzipskizze der Farbfernsehkamera – Umwandlung der Helligkeits- und Farbwerte in elektrische Signale.
Bild 17. Der Farbfernseher mit Bildröhre – so kommt das Farbbild ins Wohnzimmer.
Dann kam das DVB, das Digital Video Broadcasting, auch digitales Fernsehen genannt. Da die digitale Technik eine Datenkompression über MPEG-2 oder H.264 ermöglicht, können im Vergleich zur analogen Fernsehübertragung mehr Programme pro Sendekanal, d.h. pro Frequenz übertragen werden.
Die verschiedenen Übertragungswege unterscheiden sich hauptsächlich im Modulationsverfahren, dessen optimale Wahl entscheidend vom Frequenzbereich und Übertragungskanal abhängt: DVB-S Übertragung durch direktstrahlende Satelliten, DVB-C Übertragung über Kabelnetze, DVB-T Übertragung durch terrestrische (erdgebundene) Sender, DVB-H für terrestrische Übertragung auf mobile Endgeräte. Die DVB-Systeme wurden auf europäischer Ebene zwischen 1994 und 1997 ratifiziert. Die Gründe für die Einführung digitaler Fernsehtechnik waren: Die Anzahl der Fernsehprogramme pro Kanal kann vervielfacht werden; zusätzliche Verteilung von Rundfunkprogrammen ist möglich; Übertragung von (auch interaktiven) Datendiensten; Bild- und Tonqualität können gesteigert werden, so dass ein Zuschauer, der über ein hochwertiges Fernsehgerät verfügt, auch Sendungen in hochauflösender Qualität auswählen und empfangen kann (HDTV); auch auf nicht hochauflösenden Fernsehern kann die Digitaltechnik ein viel rauschärmeres Bild ermöglichen.
„Der Astra-Satellit“ besteht aus einer Flotte von z.Z. elf aktiven geostationären Satelliten. Der erste, Astra 1A, wurde 1988 gestartet, dann folgten im Abstand von ein bis drei Jahren weitere. Die Gesamtzahl beläuft sich bis heute auf 24, einer ging bei einem Fehlstart verloren, drei befinden sich im Friedhofsorbit (1A, 1B, 5A), neun sind derzeit nicht aktiv (werden in ihrer Position verschoben oder sind noch in der Testphase). Die Lebensdauer beträgt 12 bis 15 Jahre, dann ist der Treibstoff für ihre Lagekorrektur verbraucht.
Bild 18. Einer der geostationären Astra-Nachrichtensatelliten. Bild 19. Parabol-Antennen der Erdfunkstelle Raisting in Oberbayern für Ausstrahlung von Funkwellen an die Satelliten und Empfang von Funkwellen von den Satelliten. Die Antennen sind im Azimuth- und Elevationswinkel frei beweglich und können so auf geostationnäre und umlaufende Satelliten ausgerichtet werden.
Die Technologie der geostationären Satelliten. Die von der Fernsehkamera aufgenommenen Daten werden digitalisiert, komprimiert und von der Erdfunkstelle direkt zu dem Satelliten übertragen. Ein Transponder empfängt dort die Daten und schickt sie wieder zurück auf die Erde, wo jede geeignete Satellitenantenne (auch Satellitenschüssel genannt, 60 bis 90 cm Durchmesser) mit Sichtverbindung zum Satelliten das Signal empfangen kann. Erdfunkstellen sind in Fuchsstadt, Neu Golm, Raisting und Usingen. Die elf Satelliten übertragen 2500 digitale TV- und Radiokanäle mit Hilfe von 242 Transpondern zu 117 Millionen Haushalten in Europa.
Die Rakete muss von einem äquatornahen Standort wie Kourou aus auf die Fluchtgeschwindigkeit von 10,2 km/s beschleunigen, damit die kinetische Energie der Rakete größer als ihre Erdanziehungskraft ist. Der Satellit wird zunächst auf einer Geostationären Transferbahn GTO (Geostationary Transfer Orbit) ausgesetzt, der die Form einer langgezogenen Ellipse hat. Einen Brennpunkt der Ellipse stellt die Erde dar. Der am weitesten von der Erde entfernte Punkt – das Apogäum – liegt in der Nähe des geostationären Orbits GEO in 35 800 km Höhe über dem Äquator. Normalerweise setzt die Rakete den Satelliten am erdnächsten Punkt – dem Perigäum – der Ellipsenbahn aus. Der Satellit feuert dann im Apogäum sein Triebwerk, den Apogäumsmotor, erhöht die Geschwindigkeit um 1,5 km/s und macht aus dem GTO eine kreisförmige Bahn, den Geostationären Orbit GEO. Dabei wird auch die Inklination des GTO auf 0° reduziert, d.h. die Ellipsenbahnebene in die Erdäquatorebene überführt. Der Treibstoffverbrauch zum Einschwenken in den GEO ist umso geringer, je kleiner die Inklination des GTO ist; daher sind äquatornahe Startplätze, aus denen bei entsprechendem Abflug Bahnen mit geringer Inklination resultieren, von Vorteil. (Inklination: Winkel zwischen der Ebene der Ellipsenbahn und der Äquatorebene, für den GEO sind 0° erforderlich). Nahezu alle Satelliten, die Flüssigtreibstoff verwenden, sind heute so schwer, dass ihr Flüssigtreibstoff-Apogäumsmotor nicht stark genug ist, die Bahn bei einem einzigen Durchgang durch das Apogäum anzuheben. Deshalb wird bei mehreren Apogäumspassagen das Triebwerk jeweils gezündet und das Perigäum stückweise angehoben, bis der kreisförmige GEO erreicht ist.
Die Astra-Satellitenposition 19,2°O hat für den deutschen Sprachraum die größte Bedeutung. Eine Satellitenschüssel in Mitteleuropa muss von der Südrichtung leicht nach Osten abweichen (Azimut) und etwas nach oben (Elevation) gerichtet sein. Für die Astra-Satelliten auf 19,2° Ost gelten folgende Elevationen (E, 0°=horizontal) und Azimute (A, 90°=Ost, 180°=Süd):
Hamburg E=28,3°; A= 168,6°. Berlin E=29,7°; A= 172,7°. Saarbrücken E=32,3°; A= 164,1°. München E=34,2°; A= 169,8°. Also je nördlicher, desto kleiner E, und je östlicher, desto größer A.
Bild 20. Geostationäre Satelliten stehen immer über demselben Punkt des Äquators, d.h. sie müssen exakt dieselbe Umlaufzeit wie die Erde haben, nämlich 24 Stunden. Das ist dann der Fall, wenn sie eine Höhe von knapp 36000 km haben. Fallen sie tiefer, eilen sie der Erddrehung voraus, steigen sie zu hoch, bleiben sie hinter der Erddrehung zurück. Um sie stationär zu halten, brauchen sie feinfühlige Regelschubdüsen (Lageregelungstriebwerke). Der offizielle Wert für rH wird mit 35786 km angegeben (woher die Abweichung kommt, konnte nicht herausgefunden werden).
Ein künstlicher Erdbegleiter wird dann geostationär, wenn er die Erde von West nach Ost in 24 h kreisförmig umrundet und mit seiner Kreisbahnfläche in der Erdäquatorfläche liegt. Dann „steht“ er scheinbar „fest“ über einem Äquatorpunkt. Dabei rast er doch mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von 11037 km/h durch das All, der senkrecht unter ihm liegende Punkt der Erdoberfläche bewegt sich mit 1668 km/h. Die meisten für Mitteleuropa aktiven geostationären Satelliten sind bei 0° Breite (Äquator) und 19,2° Ost, d.h. senkrecht über der kongolesischen Stadt Mbandaka positioniert.
Die Startmasse der Astra-Satelliten wurde seit 1988 bis heute von 1800 auf 6000 kg gesteigert und die Transponderleistung wurde von 40 auf 140 W erhöht, wodurch die Durchmesser der Satellitenschüsseln bis auf 60 cm reduziert werden konnten. Lockheed Martin, Hughes Space, Boeing, Astrium, Alcatel (USA, Deutschland, Frankreich) sind die Hersteller der Satelliten. Ariane, Proton, Atlas sind die Trägerraketen (Europa, Russland, USA). Die Startplätze sind Kourou, Baikonur und Cape Canaveral.
Die Marktanteile für Digitalfernsehen in Deutschland jeweils zum 1. Januar eines Jahresbetrugen: 2001 2,3%; 2005 11,6%; 2009 27,3 %; 2012 52,1%. Die Verteilung der Übertragungswege in Deutschland 2012: Satellit 45,6%; Kabel 47,9%; Terrestrik 12,5%.
Die Technologie der Fernsehempfänger. Die Kathodenstrahlröhre CRT, die einen gebündelten Elektronenstrahl erzeugt, ist inzwischen weitgehend durch Flüssigkristall-Bildschirme – Liquid Cristal Display – LCD in Flachbauweise abgelöst worden. Vorteile: Geringere Leistungsaufnahme, gesamte Anzeigenfläche konstant beleuchtet, Strahlungsarmut, flimmerfreies, verzerrungsfreies, bei Idealauflösung scharfes Bild, geringeres Gewicht, geringe Einbautiefe, nicht durch das Erdmagnetfeld oder Magnetfelder von Oberleitungen, Transformatoren beeinträchtigt.
Als Flüssigkristall bezeichnet man eine Substanz, die der „weichen Materie“ zuzuordnen ist und einerseits flüssig ist wie eine Flüssigkeit, andererseits aber auch richtungsabhängige (anisotrope) physikalische Eigenschaften aufweist, wie ein Kristall. Der Österreicher Friedrich Reinitzer beschrieb schon 1888 das erstaunliche Verhalten der Flüssigkristalle, und später wurde der deutsche Physiker Otto Lehmann (1855-1922) der geistige Vater der Flüssigkristallforschung, der 1904 sein Hauptwerk Flüssige Kristalle veröffentlichte.
Bild 21. Vereinfachter grundsätzlicher Aufbau eines Flüssigkeitskristall-Bildschirms. Ein Bildpunkt (Bildpixel) besteht aus drei Farben R, G und B, die Subpixel genannt werden; aus diesen drei Grundfarben lassen sich alle Farbnuancen darstellen. Jedem Subpixel ist eine LCD-Zelle zugeordnet mit einem winzigen Thin Film Transistor (TFT), der durch die anliegende Spannung die Ausrichtung des LCD und damit seine Lichtdurchlässigkeit steuert. Lässt ein Subpixel das gesamte Licht durch, erscheint ein weißer Bildpunkt. Ein schwarzes Subpixel ist bei völliger Lichtundurchlässigkeit zu sehen. Alle anderen Farbmischungen und Grundfarben werden durch die teilweise oder vollständige Lichtdurchlässigkeit der einzelnen Flüssigkristallzellen möglich.
Der deutsche Physiker Wolfgang Helfrich (*1932) begründete 1970 die Theorie für das erste technisch revolutionäre Flüssigkristall-Display, die TN-Zelle (twisted nematic), auch bekannt als Schadt-Helfrich-Zelle. Sein Kollege, der Schweizer Physiker Martin Schadt (*1938) baute daraufhin das erste Muster einer solchen Anzeige. Die Firma Roche etablierte sich in der Folge als einer der Hauptlieferanten von Flüssigkristallen für die sich rasch entwickelnde LCD-Industrie. 1996 übernahm die Firma Merck das gesamte Flüssigkristallgeschäft von Hoffmann-La Roche.
Flüssigkristalle beeinflussen die Polarisationsrichtung des Lichts, wenn eine elektrische Spannung bestimmter Größe angelegt wird. Wenn LCD-Segmente in einem gleichmäßigen Raster angeordnet sind, kann mit elektrischer Spannung an jedem Segment die Ausrichtung der Kristalle gesteuert werden, wodurch sich die Durchlässigkeit für polarisiertes Licht ändert, das mit einer Hintergrundbeleuchtung und Polarisationsfiltern erzeugt wird. Die Flüssigkristalle befinden sich zwischen zwei Elektroden und das ganze zwischen zwei Polarisationsfiltern, deren Polarisationsrichtungen um 90° verdreht sind. Je nach dem durch die beweglichen Kristalle fließenden Strom nehmen sie die nematische, smektische oder cholesterische Phase an, d.h. längsgerichtete, geschichtete und winkelverdreht geschichtete Anordnung.
Inzwischen gibt es viele Weiterentwicklungen der TN-Zelle: Die STN-Zelle (super-twisted nematic) erhöht den Lichtverdrehwinkel von 90° auf 180 bis 270° mit verbesserter elektro-optischer Kennlinie. Die DSTN-Zelle (double-super-twisted nematic) hat zwei STN-Kristallzellen, die das Kontrastverhältnis verbessern. Schließlich gibt es die TSTN-Zelle (triple super-twisted nematic), die wiederum nur eine STN-Zelle enthält, die mit weniger Aufwand hergestellt wird und zu flacheren Displays führt. In Laptops haben die TSTN-Displays als VGA-Bildschirm (Video Graphics Array) den Durchbruch erzielt.
Hier ist ein Beispiel eines modernen LCD-Fernsehapparats: Technisat mit 32“-LCD- Bildschirm; 1920 Bildpixel in der Horizontalen, 1080 Bildpixel in der Vertikalen, macht zusammen 2,07 Mio Bildpixel (5 mal mehr als ein vergleichbarer Kathodenstrahl-Fernseher), die 16,7 Mio Farben erzeugen können; Lebensdauer der Backlight-LED-Leuchten (light emitting diode) > 30 000h.
Anfang 2006 waren noch 75% der verkauften TV-Geräte CRT-Fernseher (mit Kathodenstrahlröhre) und 18% LCD-Fernseher. Ende 2007 lagen beide bei 45% Anteil. 2012 wurden 92% LCD- und nur noch eine vernachlässigbare Anzahl von CRT-Fernsehern weltweit verkauft.
2013 wurden insgesamt weltweit 280 Mio Fernseher verkauft; davon 210 LCD-LED, 50 LCD-CCFL (cold cathode fluorescent lamp), 15 Plasma-Geräte PDP (plasma display panel) und 5 Kathodenstrahl-Geräte CRT (cathode ray tube).
Bild 22. Manfred von Ardennes Grab in Dresden, Weißer Hirsch.
Von Manfred von Ardennes winzigem Kathodenstrahlröhren-Bildschirm im Jahre 1930 bis zu den heutigen High-Tech-Flachbildschirmen und zur digitalen Satellitentechnik – das ist wahrlich ein langer, immer wieder durch evolutionäre und spektakuläre Weiterentwicklungen angetriebener Weg, den die Zivilisation genommen hat. Ob dieses omnipräsente Informations-, Unterhaltungs- und Zeitvertreibungsmedium die Menschheit zum Guten oder zum Schlechten verändert hat, wird von Menschen unterschiedlich beurteilt, überwiegend jedoch positiv. Eines ist aber ganz klar: Ardennes Erfindung hat das Leben aller Menschen so tiefgreifend und irreversibel und von jedermann tagtäglich wahrnehmbar verändert, wie kaum eine andere Innovation jemals zuvor. Manfred von Ardenne – auf der einen Seite ein schillernder Opportunist, der sich an alle gesellschaftlichen Systeme geschmeidig anpassen konnte, auch an die schlimmen – auf der anderen Seite ein rastloser, erfindungsreicher Ingenieur und Forscher, der nicht nur vage Ideen im Kopf hatte, sondern sie auch konkret zu Papier bringen und letzten Endes auch in der Realität ausführen konnte.
Ardennes Vermächtnis. In seinen 1997er Memoiren schreibt er den Jüngeren unter seinen Lesern einige aus seiner Erfahrung resultierende und sehr zum Nachdenken anregende Leitsätze ins Stammbuch: Nutzt die große Aufnahmefähigkeit des jungen Gehirns, verschwendet eure Zeit nicht, verwendet sie zum Lernen, zum Lesen guter Bücher, zum Anhören von Fachvorträgen, zum Experimentieren! Unterscheidet Wesentliches von Unwesentlichem! Was jedermann für fertig erklärt hält, verdient oft am meisten, untersucht zu werden. Verfolgt mit zäher Ausdauer und besseren Ideen das einmal gesteckte Ziel, bis ihr es erreicht habt! Nur die Tat zählt. Beobachtet sorgfältig (z.B. durch Messungen) die Naturvorgänge! Bleibt dran an einer einmal für richtig erkannten Sache! Wählt euren Lebensberuf so, dass er euren Neigungen nahekommt! Gebt nie auf, sondern tragt durch schöpferisches Handeln zum Fortschritt bei! Nichts ist abgeschlossen, alles ist verbesserbar, alles lässt sich noch weiter optimieren. Trefft eine notwendige Entscheidung sofort! Nutzt, was die Gegenwart euch bietet, trauert nicht um Versäumtes; denn Vergangenes ist nicht mehr zu ändern. Seht es als euer Ziel an, im beruflichen und privaten Leben immer mehr zu geben als zu empfangen! Treibt in jungen Jahren Sport, eure Gesundheit in späteren Jahren wird es euch danken! (Mens sana in corpore sano, sagten schon die alten Römer; wer es nicht versteht möge bitte googlen!). Entwickelt in allem, was ihr tut, einen unbesiegbaren Optimismus! Seid einfach und natürlich, schafft euch Freunde und haltet ihnen die Treue!
Bildnachweis
Bild 1links, 4, 5, 6, 7, 8: Eigene Fotos im Deutschen Technikmuseum Berlin, 8/2013. Freundliche Genehmigung für heureka-stories.de vom 2.9.2013 von Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Abt. Presse- und Oeffentlichkeitsarbeit, http://www.sdtb.de/. Auch rückwirkende Genehmigung für früher gemachte eigene Bilder. Bild 1rechts: eigenes Foto 2013. Bild 2: Wikipedia, Urheber Telefunken-Bild, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 3: Urheber Yagosaga at de.wikipedia. Bild 9: Wikipedia, Urheber Oliver Kurmis, gemeinfrei. Bild 10: gemeinfrei. Bild 11: Wikipedia, Urheber Peter Littmann, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 12: gemeinfrei. Bild 13: Wikipedia, Urheber Daniel Rohde, gemeinfrei. Bild 14: Wikipedia, Urheber Alinor, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 15: Wikipedia, Urheber nicht genannt, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 16 und 17 rechts: eigene Skizzen nach Brockhaus Enzyklopädie 1987/88. Bild 16 links: Wikipedia, Urheber Søren Peo Pedersen, CC-BY-SA Unported 3.0. und Urheber MasterFX at de.wikipedia public domain. Bild 18: Wikipedia, Urheber Sebas 007, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 19: Wikipedia, Urheber Richard Bartz, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 20: eigene Berechnung und Zeichnung. Bild 21: eigene Skizze. Bild 22: Wikipedia, Urheber Paulae, CC-BY-SA Unported 3.0.