Ardennes Erfindung veränderte wie keine andere das Leben der Menschen.

Von der winzigen Braun´schen Röhre zum riesigen Flachbildschirm - das Fernsehen - ein Meilenstein zum Guten wie zum Schlechten. Es gibt wenige Erfindungen, die das Verhalten der Menschen derart grundlegend verwandelt haben, wie das Fernsehen.

Das Fernsehen hat sich als Massenmedium seit den 1950er Jahren in den Industriestaaten zum Leitmedium entwickelt. heute haben 95 Prozent der deutschen Haushalte mindestens ein Fernsehgerät, 40 Prozent sogar zwei oder mehr. Für viele Menschen ist es Teil ihres Alltags geworden und bestimmt oft sogar den Tagesablauf. Es erfährt Zuwendung durch alle Bevölkerungsschichten. In Deutschland sahen im Jahr 2008 die Zuschauer pro Tag etwa 3,5 Stunden Fernsehen, in den USA betrug die Dauer 5 Stunden.

Bild 1. Auf dem kleinen, hellen, runden Boden der Bildröhre war das Fernsehbild zu sehen. Gebt mir 75 Jahre, und ihr werdet das Ding nicht wiedererkennen!

Die gute Nachricht. Auf der einen Seite bringt das Fernsehen die Völker einander näher und hat die Welt auf Tuchfühlung aneinandergerückt, wir schauen mit "eigenen Augen" in fremde Länder, blicken in die Gesichter von Staatsführern, Religionsoberhäuptern, Wissenschaftlern, Künstlern, Sportlern. Uns werden alle Winkel der Welt ins Wohnzimmer geliefert, die Bergeshöhen, Meerestiefen, Sand- und Eiswüsten und sogar die Aussicht auf unseren blauen Planeten von einem Raumschiff aus. Wir bekommen auch Einblicke in die Lebensverhältnisse weit entfernter Völker, sehen die wilden Tiere in der Steppe und im Urwald, gucken auch schaudernd in den Feuerschlund von Vulkanen, sehen ins Auge des Taifuns und stehen erschüttert mittendrin in den Zerstörungen des Tsunamis. Uns erzählen Kriegsberichtserstatter hautnah von den Gräueln der aufeinander losgehenden Menschen, von den Flüchtlingscamps, den Hungergebieten. Der Bildschirm bringt uns Kulturereignisse und Sportwettkämpfe ins Haus, für die wir noch nicht einmal das Sofa verlassen müssen. Das ist die eine, die gute Seite.

Die schlechte Nachricht. Die gibt es auch. Das Fernsehen hat große Teile der Bevölkerung zu Couch-Potatoes gemacht, zu unbeweglichen Dickmöpsen, die sich alles einziehen, was die Glotze bietet, die den ganzen Tag das Ding nicht ausschalten und aufgehört haben, eine eigene geistige Betätigung auszuüben. Sie glauben, am wahren Leben teilzunehmen und sehen doch nur ein Abbild, das die Fernsehmacher nach eigenem gusto erzeugen. Und sie lassen sich berieseln von banalen Geschichten, von Soap Operas, die sie süchtig machen. Dabei haben die Programmmacher auch eine Bildungsaufgabe, und sie nutzen sie immer weniger. Sie gieren nach Einschaltquote und stellen sich auf unterdurchschnittliches Bildungsniveau ein. Die meisten Unterhaltungssendungen sind daher schlicht Volksverdummung. Es gibt Geschichten von Leuten, die, nachdem sie aus dem aktiven Arbeitsleben ausschieden, sich nur noch zwischen Bett, Tisch und Fernseher bewegten. Nach kurzer Verweilzeit in diesem Bermuda-Dreieck waren sie tot. Und ob das eine gute Idee ist, kleine Kinder stundenlang zur „Beruhigung“ vor den Bildschirm zu setzen? Eine Studie hat bewiesen, dass das Fernsehen den Spracherwerb von Kleinkindern nicht unterstützt. Eine weitere Studie hat gezeigt, dass hoher Fernsehkonsum in der Kindheit und Jugend mit einem überdurchschnittlichen Body-Mass-Index, mit Bewegungsmangel, mit Tabakrauchen und den Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter in Verbindung steht. Mehrere Studien deuten darauf hin: Je höher der Fernsehkonsum in der Jugend, desto schlechter der Bildungsabschluss. Noch ein weiterer Aspekt ist erschreckend: Das Fernsehen lässt die Menschen immer weniger am öffentlichen Leben teilnehmen, der Rückzug ins Wohnzimmer vor den Bildschirm trägt in gewisser Weise asoziale Züge. Wie war in den 1940ern das Wirtshaus in dem niederbayrischen Dorf, in dem der Website-Autor aufwuchs, abends gefüllt mit Besuchern, die die Feldbestellung und die Politik diskutierten! Heute? Tote Hose. Das Fernsehen hat weitgehend auch die Gesellschaftsspiele in der Familie gekillt – und es hat den vielen kleinen Kinos auf den Dörfern und den Vorstädten den Garaus gemacht. Was war da los, wenn sich die Nachbarschaft beim Programmwechsel traf, freudige Begrüßung im Foyer und Meinungsaustausch nach der Vorstellung! Schade, alles vorbei!

Die Geschichte des Fernsehens in Deutschland. Die weltweit erste vollelektronische Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhre gelang Manfred von Ardenne zu Weihnachten 1930. Im August 1931 führte er auf der Funkausstellung in Berlin sein vollelektronisches Fernsehverfahren vor. Nachdem bekannt wurde, dass die britische BBC ein Fernsehprogramm plane, entschieden die Nazis, den Briten zuvorzukommen. Die deutsche Erfindung Fernsehen sollte ihrer Meinung nach auch von Deutschen regulär eingeführt werden. Am 22. März 1935 begann der Regelbetrieb mit dem Fernsehsender „Paul Nipkow“. Deutschland veranstaltete damit den ersten regelmäßigen Fernsehprogrammdienst der Welt. Allerdings gab es in Berlin und Umgebung nur etwa 250 Fernsehempfänger; die Industrie war aus Kapazitätsgründen noch nicht zur Massenfertigung von Fernsehempfängern fähig.  Die Deutsche Reichspost eröffnete am 9. April 1935 die erste öffentliche Fernsehempfangsstelle für den Gemeinschaftsempfang; weitere Fernsehstuben wurden in rascher Folge eröffnet. Der Eintritt für jeweils etwa 30 Personen, die auf technisch noch unausgereiften Geräten ein 18×22 cm großes, flackerndes Fernsehbild mit wenig Kontrast betrachten konnten, war kostenlos. Die Publikumsreaktionen waren recht verhalten, was angesichts der im Vergleich zur Kinoleinwand bescheidenen Präsentationsfläche verständlich ist.

1936 folgte England als zweites Land mit einem regelmäßigen Fernseh-Programmdienst; 1937 dann Frankreich, sowie 1939 die USA. Japan startete 1954 als erstes Land Asiens einen regelmäßigen Fernsehversuchsdienst und Australien 1956.

Bild 2. Die Ikonoskop-Kamera von Telefunken während der Olympischen Spiele 1936.

Die Olympischen Spiele 1936 in Berlin waren auch ein technisches Großereignis. Telefunken entwickelte für die Spiele die erste fahrbare Fernsehkamera, die „Fernseh-Kanone“: Die vollelektronische Ikonoskop-Kamera, hatte eine Bildauflösung von 180 Zeilen, ein Objektiv von 1,60 m Brennweite, einen Linsendurchmesser von 40 cm und eine Gesamtlänge von 2,20 m.

 

Bild 3. 1939, deutscher Einheits-Fernseh-Empfänger E1 der Fa. Telefunken. Bild 4. Ein „Spiegelfernseher“ von 1937. Das Fernsehen war noch in statu nascendi.

Der 1939 eingeführte deutsche Einheits-Fernsehempfänger zeichnete sich durch vielfache technische Innovationen aus. Erstmals kam hier die Rechteckbildröhre zum Einsatz, die in Verbindung mit einem höheren Ablenkwinkel eine wesentlich kompaktere Bauweise des Empfängers ermöglichte. Der Reichspostminister kündigte großsprecherisch die bevorstehende Freigabe des privaten und kostenlosen Fernsehens an. Es kam jedoch zu keiner Serienherstellung, da die Produktion aller zivilen Geräte wegen des Kriegsbeginns eingestellt wurde. Nur etwa 50 Exemplare des E1 waren fertiggestellt.

Fernsehgeschichte nach 1950. Im Winter 1944 wurde das Fernsehprogramm eingestellt. Im besetzten Frankreich wurde für die Betreuung der deutschen Truppen und um die Franzosen mit pro-deutscher Propaganda zu versorgen 1942 ein deutsches Okkupationsfernsehen eingerichtet. Die massenhafte Verbreitung des Fernsehens folgte jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg: Sowohl die DDR als auch die Bundesrepublik begannen jeweils 1952 mit einer Ausstrahlung von Fernsehprogrammen.

Bild 5. Ikonoskop-Kamera KKle der Fernseh GmbH von 1953. Das Ikonoskop ist die Bildaufnahmeröhre, die bessere Bilder als die Orthikon-Aufnahmeröhre liefert, allerdings benötigt sie erheblich mehr Licht (d.h. Aufheizung der Aufnahmestudios). Bild 6. Orthikon-Kamera mit Zoomobjektiv der Fernseh GmbH von 1960. Die veränderbare Brennweite ermöglichte bei Außenaufnahmen, weit entfernte Szenen einzufangen und vermied das Umschalten auf andere Kameras.

Die Aufnahmekameras. Die Ikonoskop-Kamera ist eine von Vladimir Zworykin 1923 erfundene Bildaufnahmeröhre. Fotosensitive Körner befinden sich, durch eine Isolatorschicht abgetrennt, auf einer Metallfolie. Jedes Körnchen bildet mit der Metallfolie einen kleinen Plattenkondensator. Wird nun mithilfe von Linsen ein Bild auf die lichtempfindliche Seite projiziert, so geben die Körner je nach Helligkeit des einzelnen Bildpunktes Elektronen ab, wodurch auf der Metallfolie punktweise negative Ladungen entstehen. Die Folie befindet sich in einer Braun´schen Röhre, in der sie zeilenweise von einem Elektronenstrahl abgetastet wird. Die Elektronen werden an den hellen Bildpunkten von der induzierten Ladung abgestoßen, tragen aber an den dunklen Punkten zu einem Strom bei, der von der Folie zum Sendegerät fließt.

Die Orthikon-Kamera besitzt auch eine Kondensatoranordnung aus lichtempfindlichem Material. Diese Anordnung ist allerdings halbdurchlässig für Licht und wird von beiden Seiten genutzt. Von vorn wird das optische Bild auf diese Anordnung projiziert und erzeugt so das Ladungsbild. Von der Rückseite tastet ein Elektronenstrahl dieses Ladungsbild in der vom Ikonoskop bekannten Weise ab.

Nach Kriegsende wurde jede unbeaufsichtigte Sendetätigkeit von Deutschen verboten, auch die Produktion von Fernsehgeräten war untersagt; die betriebsbereiten Sendeanlagen standen unter Besatzungsrecht. Die vier Alliierten errichteten in ihren Besatzungszonen eigene Sendeanlagen, deren Programme von Besatzungsoffizieren kontrolliert wurden. Zwischen 1948 und 1949 wurden die bisherigen Militärsender in Landessender des öffentlichen Rechts unter deutscher Verwaltung umgewandelt. 1950 war das Produktionsverbot aufgehoben. Am ersten Weihnachtsfeiertag 1952 erfolgt der langerwartete Start des regelmäßigen Programms des deutschen Fernsehens. Um 20 Uhr eröffnet Intendant Werner Pleister das Programm mit den Worten: Das Fernsehen schlägt eine Brücke von Mensch zu Mensch, von Völkern zu Völkern. Wir versprechen Ihnen, uns zu bemühen, das neue, geheimnisvolle Fenster zu Ihrer Wohnung, das Fenster in die Welt, mit dem zu erfüllen, was Sie interessiert, Sie erfreut und Ihr Leben schöner macht. Die DDR hat unterdessen den Wettlauf um den Fernsehstart gewonnen. Sie sendet ihr Fernsehprogramm schon ab dem 21.12.1952, dem Geburtstag Stalins, und kommt der BRD vier Tage zuvor. Der eine deutsche Staat wählt als Starttermin den Geburtstag des Gottessohnes und Menschenfreundes, der andere den Geburtstag eines der größten Gewaltherrscher.

Ab 1950 erlebt das Fernsehen in Deutschland einen enormen Aufschwung. 1952 gab es in Westdeutschland 2000 Fernsehteilnehmer, 1953 schon 10 000 (DDR 600), 1955 100 000 (DDR 13 000), 1957 1 Mio (DDR 71 000), 1959 3 Mio (DDR 600 000).

Die Hersteller. Deren gab es viele: Loewe (die waren die ersten), Metz, Argus, Telefunken, Blaupunkt, Nordmende,  Körting, Schaub-Lorenz, Saba, Grundig, die auf diesen steil nach oben zeigenden Wirtschaftszweig, diesen immer schneller fahrenden Zug aufsprangen. Und es gab nicht nur das Fernsehgerät, sondern in zunehmendem Maße Kombi-Apparate, zusätzlich mit Radio und Plattenspieler; diese Musik- und Fernsehtruhen erfreuten sich großer Beliebtheit und stellten in der Zeit des Wirtschaftswunders ein gern vorgezeigtes Statussymbol dar. Heute gibt es übrigens nur noch zwei deutsche Hersteller, Metz und Technisat (eine Nachfolgefirma der ostdeutschen RFT), Loewe hat Insolvenz angemeldet. Alle anderen sind von der Bildfläche verschwunden, auch wenn auf einigen Geräten noch altbekannte deutsche Markennamen draufstehen.

Bild 7. Ardenne hatte eine Lawine losgetreten. In den 1950ern ging es mit dem Fernsehen richtig los.

Bild 8. Im Jahr 1951 beginnt die Fernseher-Produktion in der Ostzone – zuerst für das sowjetische Brudervolk. Rembrandt und Rubens geben dafür ihre Namen her.

Bild 9. Jetzt nehmen sich auch die Designer der Fernsehapparate an - das Gerät Braun HF1 von 1958 - sehr funktional und ohne Holzfurnier und Zierleisten-Schnickschnack. Bild 10. 2002 erinnert ein Postwertzeichen an den Wiederbeginn des Deutschen Fernsehens vor 50 Jahren.

Bilder in Farbe. Ein weiterer Meilenstein der Fernsehgeschichte: Einführung des Farbfernsehens 1967: Mit einem Knopfdruck des regierenden Bürgermeisters von Berlin, Willy Brandt startete am 25. August 1967 auf der Internationalen Funkausstellung offiziell das Farbfernsehen in Deutschland.

Bild 11. 1967 kam Farbe ins Bild – ein Knopfdruck, und die Mattscheibe wurde bunt.

 

Das deutsche Farbfernsehen basierte auf dem von Walter Bruch (1908-1990) im Jahre 1962 bei Telefunken erfundenen PAL-System (Phase Alternating Line). Es stellte eine bedeutende Verbesserung des amerikanischen NTSC-Systems (National Television Systems Committee) dar, das durch ein instabiles Farbsignal gekennzeichnet war; d.h. es kam während einer Übertragung zu drastischen Farbverschiebungen, z.B. von Blau nach Grün; man nannte es auch spöttisch Never The Same Color. Auch das französische SECAM-System (Séquentiel à mémoire) musste wegen technischer Unzulänglichkeiten ständig überarbeitet werden; es entstanden vier Varianten, die Walter Bruch als konzeptionelle Schwäche ansah. Warum nannte er es PAL? Er antwortete: Niemand hätte ein „Bruch-System“ haben wollen. PAL unterscheidet sich vor allem durch eine integrierte Farbkompensation, die das Auftreten des entscheidenden Problems der NTSC-Norm, der Farbverzerrungen, verhinderte; das „PAL-Verfahren ist im Vergleich mit NTSC und SECAM das stabilste Verfahren.

 

 

 

 

Bild 12 und 13. Die Farbfernsehkamera von 1967 und einer der ersten Farbfernseh-Empfänger von Telefunken, PALcolor708 von 1967.

Bild 14. Die weltweite Verteilung der Farbsysteme NTSC, SECAM und PAL.

Beim Schwarz-Weiß-Fernsehen werden nur die Helligkeitswerte aufgenommen, beim Farbfernsehen auch die Farben. Jeder beliebige Farbton des Lichts lässt sich durch gewichtete Überlagerung der Primärfarben Rot, Grün, Blau synthetisieren.

Bild 15. Der RGB-Farbraum kann als 3-dimensionaler Würfel dargestellt werden, die drei Achsen repräsentieren die drei Farben Rot, Grün, Blau. Der maximale Farbenwert von 255 bedeutet 100% der jeweiligen Farbe. Nach diesem Modell gibt es Millionen von Einzelfarben, die durch gewichtete Überlagerung entstehen. Die Überlagerung aller drei Primärfarben ergibt Weiß.

Bild 16. Prinzipskizze der Farbfernsehkamera – Umwandlung der Helligkeits- und Farbwerte in elektrische Signale.

Bild 17. Der Farbfernseher mit Bildröhre – so kommt das Farbbild ins Wohnzimmer.

Dann kam das DVB, das Digital Video Broadcasting, auch digitales Fernsehen genannt. Da die digitale Technik eine Datenkompression über MPEG-2 oder H.264 ermöglicht, können im Vergleich zur analogen Fernsehübertragung mehr Programme pro Sendekanal, d.h. pro Frequenz übertragen werden.

Die verschiedenen Übertragungswege unterscheiden sich hauptsächlich im Modulationsverfahren, dessen optimale Wahl entscheidend vom Frequenzbereich und Übertragungskanal abhängt: DVB-S Übertragung durch direktstrahlende Satelliten, DVB-C Übertragung über Kabelnetze, DVB-T Übertragung durch terrestrische (erdgebundene) Sender, DVB-H für terrestrische Übertragung auf mobile Endgeräte. Die DVB-Systeme wurden auf europäischer Ebene zwischen 1994 und 1997 ratifiziert. Die Gründe für die Einführung digitaler Fernsehtechnik waren: Die Anzahl der Fernsehprogramme pro Kanal kann vervielfacht werden; zusätzliche Verteilung von Rundfunkprogrammen ist möglich; Übertragung von (auch interaktiven) Datendiensten; Bild- und Tonqualität können gesteigert werden, so dass ein Zuschauer, der über ein hochwertiges Fernsehgerät verfügt, auch Sendungen in hochauflösender Qualität auswählen und empfangen kann (HDTV); auch auf nicht hochauflösenden Fernsehern kann die Digitaltechnik ein viel rauschärmeres Bild ermöglichen.

„Der Astra-Satellit“ besteht aus einer Flotte von z.Z. elf aktiven geostationären Satelliten. Der erste, Astra 1A, wurde 1988 gestartet, dann folgten im Abstand von ein bis drei Jahren weitere. Die Gesamtzahl beläuft sich bis heute auf 24, einer ging bei einem Fehlstart verloren, drei befinden sich im Friedhofsorbit (1A, 1B, 5A), neun sind derzeit nicht aktiv (werden in ihrer Position verschoben oder sind noch in der Testphase). Die Lebensdauer beträgt 12 bis 15 Jahre, dann ist der Treibstoff für ihre Lagekorrektur verbraucht.

Bild 18. Einer der geostationären Astra-Nachrichtensatelliten. Bild 19. Parabol-Antennen der Erdfunkstelle Raisting in Oberbayern für Ausstrahlung von Funkwellen an die Satelliten und Empfang von Funkwellen von den Satelliten. Die Antennen sind im Azimuth- und Elevationswinkel frei beweglich und können so auf geostationnäre und umlaufende Satelliten ausgerichtet werden.

Die Technologie der geostationären Satelliten. Die von der Fernsehkamera aufgenommenen Daten werden digitalisiert, komprimiert und von der Erdfunkstelle direkt zu dem Satelliten übertragen. Ein Transponder empfängt dort die Daten und schickt sie wieder zurück auf die Erde, wo jede geeignete Satellitenantenne (auch Satellitenschüssel genannt, 60 bis 90 cm Durchmesser) mit Sichtverbindung zum Satelliten das Signal empfangen kann. Erdfunkstellen sind in Fuchsstadt, Neu Golm, Raisting und Usingen. Die elf Satelliten übertragen 2500 digitale TV- und Radiokanäle mit Hilfe von 242 Transpondern zu 117 Millionen Haushalten in Europa.

Die Rakete muss von einem äquatornahen Standort wie Kourou aus auf die Fluchtgeschwindigkeit von 10,2 km/s beschleunigen, damit die kinetische Energie der Rakete größer als ihre Erdanziehungskraft ist. Der Satellit wird zunächst auf einer Geostationären Transferbahn GTO (Geostationary Transfer Orbit) ausgesetzt, der die Form einer langgezogenen Ellipse hat. Einen Brennpunkt der Ellipse stellt die Erde dar. Der am weitesten von der Erde entfernte Punkt – das Apogäum – liegt in der Nähe des geostationären Orbits GEO in 35 800 km Höhe über dem Äquator. Normalerweise setzt die Rakete den Satelliten am erdnächsten Punkt – dem Perigäum – der Ellipsenbahn aus. Der Satellit feuert dann im Apogäum sein Triebwerk, den Apogäumsmotor, erhöht die Geschwindigkeit um 1,5 km/s und macht aus dem GTO eine kreisförmige Bahn, den Geostationären Orbit GEO. Dabei wird auch die Inklination des GTO auf 0° reduziert, d.h. die Ellipsenbahnebene in die Erdäquatorebene überführt. Der Treibstoffverbrauch zum Einschwenken in den GEO ist umso geringer, je kleiner die Inklination des GTO ist; daher sind äquatornahe Startplätze, aus denen bei entsprechendem Abflug Bahnen mit geringer Inklination resultieren, von Vorteil. (Inklination: Winkel zwischen der Ebene der Ellipsenbahn und der Äquatorebene, für den GEO sind 0° erforderlich). Nahezu alle Satelliten, die Flüssigtreibstoff verwenden, sind heute so schwer, dass ihr Flüssigtreibstoff-Apogäumsmotor nicht stark genug ist, die Bahn bei einem einzigen Durchgang durch das Apogäum anzuheben. Deshalb wird bei mehreren Apogäumspassagen das Triebwerk jeweils gezündet und das Perigäum stückweise angehoben, bis der kreisförmige GEO erreicht ist.

Die Astra-Satellitenposition 19,2°O hat für den deutschen Sprachraum die größte Bedeutung. Eine Satellitenschüssel in Mitteleuropa muss von der Südrichtung leicht nach Osten abweichen (Azimut) und etwas nach oben (Elevation) gerichtet sein. Für die Astra-Satelliten auf 19,2° Ost gelten folgende Elevationen (E, 0°=horizontal) und Azimute (A, 90°=Ost, 180°=Süd):

Hamburg  E=28,3°; A= 168,6°.  Berlin  E=29,7°; A= 172,7°.  Saarbrücken   E=32,3°; A= 164,1°.  München   E=34,2°; A= 169,8°. Also je nördlicher, desto kleiner E, und je östlicher, desto größer A.

Bild 20. Geostationäre Satelliten stehen immer über demselben Punkt des Äquators, d.h. sie müssen exakt dieselbe Umlaufzeit wie die Erde haben, nämlich 24 Stunden. Das ist dann der Fall, wenn sie eine Höhe von knapp 36000 km haben. Fallen sie tiefer, eilen sie der Erddrehung voraus, steigen sie zu hoch, bleiben sie hinter der Erddrehung zurück. Um sie stationär zu halten, brauchen sie feinfühlige Regelschubdüsen (Lageregelungstriebwerke). Der offizielle Wert für rH wird mit 35786 km angegeben (woher die Abweichung kommt, konnte nicht herausgefunden werden).

Ein künstlicher Erdbegleiter wird dann geostationär, wenn er die Erde von West nach Ost in 24 h kreisförmig umrundet und mit seiner Kreisbahnfläche in der Erdäquatorfläche liegt.  Dann „steht“ er scheinbar „fest“ über einem Äquatorpunkt. Dabei rast er doch mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von 11037 km/h durch das All, der senkrecht unter ihm liegende Punkt der Erdoberfläche bewegt sich mit 1668 km/h. Die meisten für Mitteleuropa aktiven geostationären Satelliten sind bei 0° Breite (Äquator) und 19,2° Ost, d.h. senkrecht über der kongolesischen Stadt Mbandaka positioniert.

Die Startmasse der Astra-Satelliten wurde seit 1988 bis heute von 1800 auf 6000 kg gesteigert und die Transponderleistung wurde von 40 auf 140 W erhöht, wodurch die Durchmesser der Satellitenschüsseln bis auf 60 cm reduziert werden konnten. Lockheed Martin, Hughes Space, Boeing, Astrium, Alcatel (USA, Deutschland, Frankreich) sind die Hersteller der Satelliten. Ariane, Proton, Atlas sind die Trägerraketen (Europa, Russland, USA). Die Startplätze sind Kourou, Baikonur und Cape Canaveral.

Die Marktanteile für Digitalfernsehen in Deutschland jeweils zum 1. Januar eines Jahresbetrugen: 2001 2,3%; 2005 11,6%; 2009 27,3 %; 2012 52,1%. Die Verteilung der Übertragungswege in Deutschland 2012: Satellit 45,6%; Kabel 47,9%; Terrestrik 12,5%.

Die Technologie der Fernsehempfänger. Die Kathodenstrahlröhre CRT, die einen gebündelten Elektronenstrahl erzeugt, ist inzwischen weitgehend durch Flüssigkristall-Bildschirme –  Liquid Cristal Display – LCD in Flachbauweise abgelöst worden. Vorteile: Geringere Leistungsaufnahme, gesamte Anzeigenfläche konstant beleuchtet, Strahlungsarmut, flimmerfreies, verzerrungsfreies, bei Idealauflösung scharfes Bild, geringeres Gewicht, geringe Einbautiefe, nicht durch das Erdmagnetfeld oder Magnetfelder von Oberleitungen,  Transformatoren beeinträchtigt.

Als Flüssigkristall bezeichnet man eine Substanz, die der „weichen Materie“ zuzuordnen ist und einerseits flüssig ist wie eine Flüssigkeit, andererseits aber auch richtungsabhängige (anisotrope) physikalische Eigenschaften aufweist, wie ein Kristall. Der Österreicher Friedrich Reinitzer beschrieb schon 1888 das erstaunliche Verhalten der Flüssigkristalle, und später wurde der deutsche Physiker Otto Lehmann (1855-1922) der geistige Vater der Flüssigkristallforschung, der 1904 sein Hauptwerk Flüssige Kristalle veröffentlichte.

Bild 21. Vereinfachter grundsätzlicher Aufbau eines Flüssigkeitskristall-Bildschirms. Ein Bildpunkt (Bildpixel) besteht aus drei Farben R, G und B, die Subpixel genannt werden; aus diesen drei Grundfarben lassen sich alle Farbnuancen darstellen. Jedem Subpixel ist eine LCD-Zelle zugeordnet mit einem winzigen Thin Film Transistor (TFT), der durch die anliegende Spannung die Ausrichtung des LCD und damit seine Lichtdurchlässigkeit steuert. Lässt ein Subpixel das gesamte Licht durch, erscheint ein weißer Bildpunkt. Ein schwarzes Subpixel ist bei völliger Lichtundurchlässigkeit zu sehen. Alle anderen Farbmischungen und Grundfarben werden durch die teilweise oder vollständige Lichtdurchlässigkeit der einzelnen Flüssigkristallzellen möglich.

Der deutsche Physiker Wolfgang Helfrich (*1932) begründete 1970 die Theorie für das erste technisch revolutionäre Flüssigkristall-Display, die TN-Zelle (twisted nematic), auch bekannt als Schadt-Helfrich-Zelle.  Sein Kollege, der Schweizer Physiker Martin Schadt (*1938) baute daraufhin das erste Muster einer solchen Anzeige. Die Firma Roche etablierte sich in der Folge als einer der Hauptlieferanten von Flüssigkristallen für die sich rasch entwickelnde LCD-Industrie. 1996 übernahm die Firma Merck das gesamte Flüssigkristallgeschäft von Hoffmann-La Roche.

Flüssigkristalle beeinflussen die Polarisationsrichtung des Lichts, wenn eine elektrische Spannung bestimmter Größe angelegt wird. Wenn LCD-Segmente in einem gleichmäßigen Raster angeordnet sind, kann mit elektrischer Spannung an jedem Segment die Ausrichtung der Kristalle gesteuert werden, wodurch sich die Durchlässigkeit für polarisiertes Licht ändert, das mit einer Hintergrundbeleuchtung und Polarisationsfiltern erzeugt wird. Die Flüssigkristalle befinden sich zwischen zwei Elektroden und das ganze zwischen zwei Polarisationsfiltern, deren Polarisationsrichtungen um 90° verdreht sind. Je nach dem durch die beweglichen Kristalle fließenden Strom nehmen sie die nematische, smektische oder cholesterische Phase an, d.h. längsgerichtete, geschichtete und winkelverdreht geschichtete Anordnung.

Inzwischen gibt es viele Weiterentwicklungen der TN-Zelle: Die STN-Zelle (super-twisted nematic) erhöht den Lichtverdrehwinkel von 90° auf 180 bis 270° mit verbesserter elektro-optischer Kennlinie. Die DSTN-Zelle (double-super-twisted nematic) hat zwei STN-Kristallzellen, die das Kontrastverhältnis verbessern. Schließlich gibt es die TSTN-Zelle (triple super-twisted nematic), die wiederum nur eine STN-Zelle enthält, die mit weniger Aufwand hergestellt wird und zu flacheren Displays führt. In Laptops haben die TSTN-Displays als VGA-Bildschirm (Video Graphics Array) den Durchbruch erzielt.

Hier ist ein Beispiel eines modernen LCD-Fernsehapparats: Technisat mit 32“-LCD- Bildschirm; 1920 Bildpixel in der Horizontalen, 1080 Bildpixel in der Vertikalen, macht zusammen 2,07 Mio Bildpixel (5 mal mehr als ein vergleichbarer Kathodenstrahl-Fernseher), die 16,7 Mio Farben erzeugen können; Lebensdauer der Backlight-LED-Leuchten (light emitting diode) > 30 000h.

Anfang 2006 waren noch 75% der verkauften TV-Geräte CRT-Fernseher (mit Kathodenstrahlröhre) und 18% LCD-Fernseher. Ende 2007 lagen beide bei 45% Anteil. 2012 wurden 92% LCD- und nur noch eine vernachlässigbare Anzahl von CRT-Fernsehern weltweit verkauft.

2013 wurden insgesamt weltweit 280 Mio Fernseher verkauft; davon 210 LCD-LED, 50 LCD-CCFL (cold cathode fluorescent lamp), 15 Plasma-Geräte PDP (plasma display panel) und 5 Kathodenstrahl-Geräte CRT (cathode ray tube).

Bild 22. Manfred von Ardennes Grab in Dresden, Weißer Hirsch.

Von Manfred von Ardennes winzigem Kathodenstrahlröhren-Bildschirm im Jahre 1930 bis zu den heutigen High-Tech-Flachbildschirmen und zur digitalen Satellitentechnik – das ist wahrlich ein langer, immer wieder durch evolutionäre und spektakuläre Weiterentwicklungen angetriebener Weg, den die Zivilisation genommen hat. Ob dieses omnipräsente Informations-, Unterhaltungs- und Zeitvertreibungsmedium die Menschheit zum Guten oder zum Schlechten verändert hat, wird von Menschen unterschiedlich beurteilt, überwiegend jedoch positiv. Eines ist aber ganz klar: Ardennes Erfindung hat das Leben aller Menschen so tiefgreifend und irreversibel und von jedermann tagtäglich wahrnehmbar verändert, wie kaum eine andere Innovation jemals zuvor. Manfred von Ardenne – auf der einen Seite ein schillernder Opportunist, der sich an alle gesellschaftlichen Systeme geschmeidig anpassen konnte, auch an die schlimmen – auf der anderen Seite ein rastloser, erfindungsreicher Ingenieur und Forscher, der nicht nur vage Ideen im Kopf hatte, sondern sie auch konkret zu Papier bringen und letzten Endes auch in der Realität ausführen konnte.

Ardennes Vermächtnis. In seinen 1997er Memoiren schreibt er den Jüngeren unter seinen Lesern einige aus seiner Erfahrung resultierende und sehr zum Nachdenken anregende Leitsätze ins Stammbuch: Nutzt die große Aufnahmefähigkeit des jungen Gehirns, verschwendet eure Zeit nicht, verwendet sie zum Lernen, zum Lesen guter Bücher, zum Anhören von Fachvorträgen, zum Experimentieren! Unterscheidet Wesentliches von Unwesentlichem! Was jedermann für fertig erklärt hält, verdient oft am meisten, untersucht zu werden. Verfolgt mit zäher Ausdauer und besseren Ideen das einmal gesteckte Ziel, bis ihr es erreicht habt! Nur die Tat zählt. Beobachtet sorgfältig (z.B. durch Messungen) die Naturvorgänge! Bleibt dran an einer einmal für richtig erkannten Sache! Wählt euren Lebensberuf so, dass er euren Neigungen nahekommt! Gebt nie auf, sondern tragt durch schöpferisches Handeln zum Fortschritt bei! Nichts ist abgeschlossen, alles ist verbesserbar, alles lässt sich noch weiter optimieren. Trefft eine notwendige Entscheidung sofort! Nutzt, was die Gegenwart euch bietet, trauert nicht um Versäumtes; denn Vergangenes ist nicht mehr zu ändern. Seht es als euer Ziel an, im beruflichen und privaten Leben immer mehr zu geben als zu empfangen! Treibt in jungen Jahren Sport, eure Gesundheit in späteren Jahren wird es euch danken! (Mens sana in corpore sano, sagten schon die alten Römer; wer es nicht versteht möge bitte googlen!). Entwickelt in allem, was ihr tut, einen unbesiegbaren Optimismus! Seid einfach und natürlich, schafft euch Freunde und haltet ihnen die Treue!

Bildnachweis

Bild 1links, 4, 5, 6, 7, 8: Eigene Fotos im Deutschen Technikmuseum Berlin, 8/2013. Freundliche Genehmigung für heureka-stories.de vom 2.9.2013 von Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Abt. Presse- und Oeffentlichkeitsarbeit, http://www.sdtb.de/. Auch rückwirkende Genehmigung für früher gemachte eigene Bilder. Bild 1rechts: eigenes Foto 2013. Bild 2: Wikipedia, Urheber Telefunken-Bild, CC-BY-SA Unported 3.0.  Bild 3: Urheber Yagosaga at de.wikipedia. Bild 9: Wikipedia, Urheber Oliver Kurmis, gemeinfrei. Bild 10: gemeinfrei. Bild 11: Wikipedia, Urheber Peter Littmann, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 12: gemeinfrei. Bild 13: Wikipedia, Urheber Daniel Rohde, gemeinfrei. Bild 14: Wikipedia, Urheber Alinor, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 15: Wikipedia, Urheber nicht genannt, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 16 und 17 rechts: eigene Skizzen nach Brockhaus Enzyklopädie 1987/88. Bild 16 links: Wikipedia, Urheber Søren Peo Pedersen, CC-BY-SA Unported 3.0. und Urheber MasterFX at de.wikipedia public domain. Bild 18: Wikipedia, Urheber Sebas 007,  CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 19: Wikipedia, Urheber Richard Bartz, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 20: eigene Berechnung und Zeichnung. Bild 21: eigene Skizze. Bild 22: Wikipedia, Urheber Paulae, CC-BY-SA Unported 3.0.

 

Manfred Baron von Ardenne (*Hamburg 1907, †Dresden 1997) hatte mit 17 Jahren sein eigenes Forschungslabor für Elektronenphysik in Berlin-Lichterfelde gegründet, nachdem er das Gymnasium und später auch die Universität geschmissen hatte. 

Ausgangspunkt: Nipkow-Scheibe. Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los, das bisherige optisch-mechanische "Fernsehen" mit der Nipkow-Scheibe durch das trägheitslose Verfahren mit der Braun´schen Röhre zu ersetzen. Es geht um Übertragung von stehenden und bewegten Bildern, auch Filmen von einem Sender zu einem Empfänger, der die Bilder für den Betrachter sichtbar machen soll.

Der Deutsche Paul Nipkow (1860 - 1940) hat das mechanische Fernsehen erfunden. Die zeilenweise Bildabtastung geschah mit je einer gelochten Nipkow-Scheibe auf der Sende- und auf der Empfängerseite. Die Scheibe wurde 1884 patentiert. Das mechanische Fernsehen erwies sich bereits Ende der 1920er Jahre als technische Sackgasse, was die Erhöhung der Bildauflösung betraf. Mit ca. 60 Zeilen war die Nipkowscheibe ausgereizt.

Bild 3. Das Prinzip des mechanischen Fernsehens mit der Nipkow-Scheibe.

Der schottische Erfinder John Baird sorgte in Großbritannien für eine weite Verbreitung von einfachen Fernsehgeräten mit 30-zeiligen Nipkow-Scheiben. Es gelang ihm, beide Scheiben synchron laufen zu lassen und eine leuchtstarke Flächenglimmlampe einzusetzen. Über einen Mittelwellensender der BBC konnten einfache grafische Informationen und grobkörnige Porträts empfangen werden. Die Sendungen nach dem Baird-System sind sogar in Berlin von Radioamateuren aufgefangen worden.

Bild 4. Ein Baird-Nipkow-Fernseher von 1932, oben das Gehäuse, unten ein Blick ins Innere, ganz rechts unten der Trichter zum Projektionsschirm. Bild 5. Paul Nipkow wird mit einer Briefmarke 1983 geehrt, Ardenne nicht – dafür gibt es sicherlich einige Gründe.

Wie ging es für Ardenne weiter? Das Prinzip des trägheitsbehafteten Abtastens mit der Nipkow-Scheibe müsste doch durch die trägheitslose Abtastung eines Elektronenstrahls in einer Braun´schen Röhre zu lösen sein! Dann fallen doch mechanische Teile ganz weg. Damit könnte man doch eine hohe Präzision der Bildauflösung und gleichzeitig eine viel höhere Helligkeit bei großer Bildfeinheit erreichen! Mit dieser Idee und der folgenden Umsetzung war das Fernsehen à la Nipkow ins Museum verdammt.

Die Braun´sche Röhre mit Lichtsteuerelektrode und Leuchtfleck-Abtaster.  1929 baute Ardenne in Lichterfelde seine erste abgeschmolzene Elektronenstrahlröhre mit Glühkathode und einer negativ vorgespannten Lichtsteuerelektrode für Anodenspannungen bis 3000 V. Damit erreichte er gegenüber bekannten Braun´schen Röhren eine 200-fache Fluoreszenzfleck-Helligkeit. Die Lichtsteuerelektrode war negativ vorgespannt, um die Elektronen zu richten; außerdem wurde an sie die Steuerspannung gelegt, die die Helligkeit des Fluoreszenzfleckes regelte oder modulierte. Dann kam der aufregende Augenblick, als nach Anlegung der Anodenspannung von 3000 V ein scharfer Leuchtfleck auf dem Fluoreszenzschirm erschien. Jetzt bewährte sich auch der von ihm schon 1925 erfundene Breitbandverstärker mit einer Bandbreite von 1 Mhz (ein von einer externen Energiequelle gespeister Strom wird vom Verstärker so geformt, dass der zeitliche Verlauf des Eingangssignals nachgebildet wird - nur eben auf einem höheren Stromstärke-Niveau. („Breitband“ heißt allgemein, dass für einen großen Frequenzbereich, z.B. 8 bis 860 MHz verstärkt wird). Ende 1930 entwickelte er noch den Leuchtfleck-Abtaster (Flying spot scanner), der das Bild auf dem Schirm der Senderöhre erfasst und auf den Leuchtschirm der Empfängerröhre überträgt. Voilá, das war es im Prinzip, was in der Presse als „Weltpremiere des elektronischen Fernsehens“ bezeichnet wurde. Alle seine Ideen und Pläne für die verschiedenen Formen der Röhren wären ohne die handwerklichen Fähigkeiten seines Glasbläsers Emil Lorenz nicht ausführbar gewesen. Er war über 40 Jahre einer seiner engsten Mitarbeiter. Hier wird wieder klar, wie sehr ein Wissenschaftler auf tüchtige Praktiker angewiesen ist; das war genau so, wie es Abbe mit Zeiss ging, Daimler mit Maybach, Haber mit Bosch… Eine Symbiose zwischen Theorie und Praxis, nicht nur in der sachlichen, sondern auch in der persönlichen Welt, ist in vielen Fällen der Erfinderwelt unerlässlich.

Bild 6. Oben: Die seit 1897 bekannte Braun´sche Röhre mit dem Wehneltzylinder zur Bündelung und den Ablenkplatten zur horizontalen und vertikalen Bewegung des Elektronenstrahls. Unten: Ardennes Prinzipschaltung von 1930: mit Sende- und Empfangsröhre, den für beide synchron operierenden Ablenkplatten (Kippgeräten), Lichtsteuerelektrode und der Leuchtfleckabtastung. Das war die Weltpremiere des elektronischen Fernsehens.

Sein Verfahren basiert auf der Abtastung mit der Braunschen Röhre: In der Röhre wird ein Kathodenstrahl erzeugt, in einem Wehneltzylinder fokussiert und in seiner Intensität gesteuert sowie durch vertikale und horizontale Ablenkplatten zeilenweise über den Fluoreszenzschirm gelenkt. Es entsteht ein Leuchtfleck, der die Aufnahmen eines Gegenstandes, eines Diapositivs oder auch eines Kinofilms abtastet und zu einer Fotozelle weitergeführt wird. Es wird also auf elektronischem Wege das Bild oder die Bildsequenz in die Ferne übertragen.

Bild 7. Das erste vollelektronische Fernsehbild am 14. Dezember 1930 im Labor in Berlin-Lichterfelde.

 

Der Praxis-Test. Am 14. Dezember 1930 war es dann soweit. Würde die so fein ausgetüftelte Theorie auch der Praxis standhalten? Zwei Elektronenstrahlröhren mit den Lichtsteuerelektroden, zwei Ablenkgeräte, trägheitsarme Fotozelle, Verstärker, Linse hoher Lichtstärke wurden aufgebaut, verkabelt, durchgeprüft. Die Anodenspannung von 3000 V wurde angelegt… die Spannung unter Ardenne und seinen Mitarbeitern steigt… würde das Ganze funktionieren? Ardenne hielt eine Schere vor den Leuchtfleck-Abtaster… und sie sahen tatsächlich die Kon turen der Schere am anderen Ende des Zimmers auf dem Leuchtschirm der Empfängerröhre! Sie wiederholten den Versuch mit einem Diapositiv und erzielten einen noch viel eindrucksvolleren Erfolg. Experimentelle Realisierung gelungen! Ardenne konnte das Heureka ausrufen.

Bild 8. Ardennes revolutionäre Erfindungn in der New York Times vom 31. August 1931. Der Einschub oben rechts zeigt das Gehäuse mit der Empfängerröhre mit ca. 10 cm Durchmesser. In der Mitte die Senderöhre mit dem Flying spot scanner vorn. Oben links der Behälter für die Kinofilmspule.

Jetzt wurde zügig weitergemacht, diverse Verbesserungen wurden eingeführt, die Mechanik des Kinoprojektors wurde abgeändert, neue Fotozellen und Breitbandverstärker ausprobiert. Im Frühjahr 1931  wurden 10000 Bildpunkte wie beim mechanischen Fernsehen erreicht, aber mit viel größerer Helligkeit. Im Herbst 1931 wurde die Anlage auf der Berliner Funkausstellung vorgeführt. Vorher, am 16. August brachte die New York Times die Erfindung auf der Titelseite: The Flying Spot Scanner –- Baron von Ardenne of Germany has been experimenting since 1928 – The images are seen on the end of the tube in the square aperture of the receiver.

Bild 9. 1933, Ardenne mit einer Elektronenstrahlröhre.

 

Das elektronische Fernsehen setzt sich durch. Während der Funkausstellung 1931 war Ardennes Anlage laufend in Bertrieb, wodurch schon die Überlegenheit der neuen Technologie bewiesen wurde. Die Demonstration hatte zur Folge, dass sämtliche interessierte europäische Firmen sich sehr schnell auf das elektronische Fernsehen umstellten. Ardenne gab allen Fachkollegen jeden gewünschten Einblick in die Methoden und Ergebnisse seiner Arbeit. Auch John Baird, der schottische Fernsehpionier, besuchte ihn 1932 in Lichterfelde und war beeindruckt von den hellen und scharfen Bildern auf dem Leuchtschirm. Die Fernseh-Elektronenstrahlröhre hieß nun kurz Bildröhre.

Das Unwahrscheinliche war eingetreten: Ein erst 23-jähriger Physiker wies den großen Konzernen den Weg in die Zukunft einer immens wichtigen Technologie. Lange ignorierten sie seine Fachveröffentlichungen zwischen 1925 und 1935, weil der alte Spruch galt und immer noch gilt: Not invented here. Eine frühe Anerkennung seiner Errungenschaften hätte sie ja nackt dastehen lassen.

Bild 10. Das Fernseh-Laboratorium Manfred von Ardenne in Berlin-Lichterfelde, Jungfernstieg 19. Originale im Deutschen Technikmuseum Berlin. Rechts die Messinstrumente, hinten Mitte die Filmrolle.

Bild 11. Vorn rechts das Holzgehäuse mit dem runden Schirm der Empfänger-Bildröhre.

Bild 12. So schön war das Fernsehen 1935 - das Kind auf Muttis Schoß. Einer der in der Vorkriegszeit sehr seltenen Fernseher: Typ FEB der Radio A.G. D.S. Loewe. Die Gesamtzahl der Fernsehapparate im Jahr 1938 wurde auf ca. 200 geschätzt.

Bild 13. 1935: Der Fernseher FEB von Loewe hat eine Bildröhre mit einem Durchmesser von 25 cm. Er kann wahlweise Bilder mit 180 oder 240 Zeilen empfangen.

Das Fernsehen begann in Deutschland gerade rechtzeitig, um 1936 über die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin berichten zu können: Seit 22. März 1935 übertrug der Berliner Fernsehsender »Paul Nipkow« ein regelmäßiges Fernsehprogramm.

 

Bild 14. Modell des Fernsehstudios 1938, im Berliner Deutschlandhaus am heutigen Theodor-Heuss-Platz. Rundstudio von 300 m2, dessen verschiedene Bühnen den gleichzeitigen Aufbau mehrerer Dekorationen ermöglichten mit schnelle Szenenwechsel. Die Sendungen wurden mit 441 Zeilen produziert. Die anfangs unterhaltenden Sendungen wurden nach Ausbruch des Krieges mit immer mehr Nazi-Propaganda überfrachtet. In 15 Fernsehstuben und drei Großbildtheatern konnten die Berliner fernsehen.

Bild 15. Die „Goldene Kamera“, Nachbildung der amerikanischen Farnsworth-Kamera von 1936. Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wurden Wettkämpfe zum ersten Mal live übertragen. Gegenüber der Telefunken-Kamera machte sie bessere Bilder. Sie diente der Zeitschrift „Hörzu“ ab 1966 als Vorlage für Auszeichnungen an Medienschaffende. Bild 16. Wie das Geschützrohr einer Riesenkanone sieht die Fernsehaufnahme-Kamera im Berliner Olympia-Stadion 1936 aus. Briefmarke von 1985.

 Bild 17. Das Originalfoto von 1936. Das Nazi-Verbrecherkartell machte daraus eine riesige Propagandaschau, um die Welt einzulullen.

Ardennes Laboratorium wird zum Institut. Die stürmische Entwicklung des Fernsehens zwang Ardenne, sein privates Labor zu einem kleinen, aber richtigen Institut auszubauen. Seine Prinzipien beschreibt er in seinen Memoiren (Ein glückliches Leben für Technik und Forschung, Kindler, 1972 und Erinnerungen fortgeschrieben, Droste, 1997): Hohes Arbeitstempo; keine Arbeit, die heute getan werden kann, auf morgen verschieben; Briefe sofort nach dem Empfang beantworten; möglichst viele Standardteile auf Lager halten; unverzügliche Beschaffung benötigter Geräte; sofortige Bezahlung von Rechnungen; direkte Kontakte zu führenden Spezialisten; Speicherung aller relevanten wissenschaftlichen Informationen; alle Laboranlagen in betriebsbereitem Zustand halten; schnelle wissenschaftliche und wirtschaftliche Entscheidungen fällen; flexible Struktur des Instituts; Orientierung von Experiment und Theorie an der aktuellen Aufgabe; Einklang von Grundlagenforschung und Anwendung bringen; rasche Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis; Wahl von Entwicklungsthemen, die Spitzenleistungen in Aussicht stellen. Die Bedingungen für seine Arbeit waren in Berlin sehr günstig. Spezialisten aller Fachrichtungen standen zur Verfügung, ausländische wissenschaftliche Literatur ließ sich oft im Laufe von Stunden beschaffen, Forschungsinstitute und Industriebetriebe befanden sich am Ort. Auf diese Weise konnten im Durchschnitt ein bis zwei Patente pro Woche angemeldet werden.

Ardennes Freizeitbeschäftigungen. Sie geben doch ein wenig Auskunft, was für ein Mensch der Baron war. Er war leidenschaftlicher Autofahrer, leistete sich einen Mercedes vom Typ SSK mit 7 Liter Hubraum und 180 PS. Auf dem Dach seines Lichterfelder Hauses errichtete er eine Sternwarte mit einem 25 cm-Spiegelfernrohr und betrachtete nächtelang die Wunder des Sternenhimmels. Sein seit der Jugend intensiv betriebenes Tennisspiel ließ ihn 1936 seine künftige Frau, Bettina Bergengruen, eine Nichte des Schriftstellers Werner Bergengruen kennenlernen, 1938 wurde geheiratet.

Begegnung mit großen Persönlichkeiten. Ardenne hatte mit zahlreichen Wissenschaftlern und Ingenieuren Kontakt, der über das Fachliche hinausging. 1932 bekam er eine Einladung vom Verein für Raumschifffahrt, bei den ersten Raketenversuchen in Berlin-Reinickendorf mitzuwirken. Er lehnte ab, weil er sich auf seine Arbeit in Lichterfelde konzentrieren musste (s. den Beitrag „Die Weltraumrakete“ in dieser Website!). Wernher von Braun besuchte Ardenne 1943, um ihn nochmals für die Mitarbeit in der Raketentechnik zu gewinnen. Von Braun hatte ja seine erste A4-Rakete in Peenemünde am 3.10. 1942 erfolgreich starten können. Ardenne lehnte auch diesmal ab. Der englische Radarerfinder Robert Watson-Watt besuchte Ardenne mehrmals bis 1933, um von ihm Elektronenstrahlröhren zu beziehen. Er wurde durch seine überlegene Radartechnik zum Sieger in der Luftschlacht in England und konnte die deutschen U-Boote erfolgreich bekämpfen. Er entwickelte auch das System der Zielmarkierungen, die den britischen Bomberverbänden ermöglichten, die deutschen Städte in Schutt und Asche zu legen (s. den Beitrag „Das Radar“ in dieser Website!). 1940 besuchte Max Planck Ardennes Institut. Die Rede kam auf die Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn im Jahr 1938 (s. den Beitrag „Die Kernspaltung“ in dieser Website!). Plancks Meinung: Die Folgen werden unvorstellbar sein, wenn dieses Machtmittel in unrechte Hände gerät. Diese gewaltigste Energiequelle müsste zum Wohle der Menschheit eingesetzt werden. Aber es wird anders kommen. Hier noch mehr illustre Namen aus seinem Gästebuch, Klassiker der Naturwissenschaften: Otto Hahn, Werner Heisenberg, Max von Laue, Lise Meitner, Heinrich Hertz, Ernst Ruska, Carl Friedrich von Weizsäcker, Hans Geiger, Walther Nernst, Otto Warburg…

Militärtechnische Entwicklungen für den NS-Staat. 1933 löste Ardenne die Bindungen mit der Firma Loewe und fand in der Firma C.Lorenz AG einen neuen Partner. Damit war eine neue Finanzierungsgrundlage geschaffen, seine immer noch hohen Schulden zu tilgen. Der Vertrag sah vor, die Fernsehtechnik weiterzuentwickeln und wesentliche Beiträge für die kommende Radartechnik (die damals Funkmesstechnik hieß) zu leisten. Ardenne rutscht damit unmerklich in Zubringerdienste für die Deutsche Wehrmacht, für deren Luftwaffe und Kriegsmarine er das Polarkoordinaten-Elektronenstrahlrohr entwickelt und Oszillografen für deren Versuchsstationen. Auf der Fernsehausstellung der Deutschen Reichspost stellte der Postminister Ardenne dem „Führer“ vor. So erhielt er einen direkten Eindruck von diesem Mann. Ardenne wurde nahegelegt, in die NSDAP einzutreten; er lehnte ab. Auch sein ab 1937 entwickeltes Raster-Elektronenmikroskop wurde in der Materialprüfung eingesetzt, womit Erkenntnisse erzielt wurden, die sich für eine Reihe kriegswichtiger Arbeiten entscheidend auswirkten.

Da der Absatz der Elektronenstrahlröhren und Oszillografen ab 1934 stark anstieg, musste diese Produktionssparte von der Forschung und Entwicklung abgetrennt werden. Es kam zur Gründung der „Leybold und von Ardenne-Oszillographen-Gesellschaft, die 1937 an Siemens & Halske angegliedert wurde.

Bild 18. Die Möglichkeiten des REM von Manfred von Ardenne: Untersuchung der Oberfläche, der Materialzusammensetzung, der enthaltenen Elemente.

Das hochauflösende Rasterelektronenmikroskop, REM oder SEM (scanning electron microscope) wurde 1937 von Manfred von Ardenne erfunden. Die Objektoberfläche wird mit einem feingebündelten Elektronenstrahl im Hochvakuum abgetastet. Zwischen dem Elektronenstrahl und dem Objekt ergeben sich verschiedene Wechselwirkungen, deren Detektion Informationen über die Beschaffenheit des Objekts geben. Als meistgenutzte Informationsquelle dienen die Sekundärelektronen, die aufgrund ihrer niedrigen Energie nur aus den obersten Nanometern der Oberfläche stammen und somit die Topografie des Objektes abbilden. Die Detektion von vom Objekt zurückgestreuten Elektronen erlaubt Rückschlüsse auf die chemische Natur des Objektmaterials bzw. der Verteilung verschiedener Materialien. Des weiteren entsteht charakteristische Röntgenstrahlung, die Rückschlüsse auf die in der Probe enthaltenen Elemente liefert. Die Erfindung dieses Mikroskops führte zu einem Vertrag mit der Firma Siemens, die in Zusammenarbeit mit Ernst Ruska, dem Erfinder des Durchstrahlungs-Elektronenmikroskops, TEM (transmission electron microscope), eine neue Abteilung aufbaute. Ardenne erhöhte aber auch das Auflösungsvermögen eines selbst entwickelten TEM. Da Siemens dadurch die Marktführerschaft verlieren konnte, bekam Ardenne einen Zusatzvertrag, der seinen technologischen Vorsprung in die Siemens-Konstruktion einbezog.

1943 wurde sein Institut durch Bomben schwer beschädigt, 1944 brannte es ab, bei Kriegsende war es mit bombensicherem Betondach und verstärkten Zwischendecken wieder aufgebaut. Er rettete den größten Teil seiner Laboreinrichtung, indem er sie vorher in dem schon 1941 gebauten Laborbunker untergebracht hatte.

Internierung in der Sowjetunion. Daneben bastelte er an Urananreicherung zur Herstellung nuklearer Sprengsätze mit einem 60-Tonnen-Zyklotron – allerdings als Außenseiter. Seine Arbeiten wurden vom Postminister Wilhelm Ohnesorge, der allen Ernstes sein eigenes Vorhaben zum Bau einer deutschen Kernwaffe unterhielt, finanziert. Wie das andere deutsche Atomprojekt kam auch dieses nicht weit. Die einrückenden sowjetischen Truppen fanden Ardennes Labor so bemerkenswert, dass sie es demontierten und zusammen mit Ardenne und Mitarbeitern und seiner Familie nach Suchumi in Georgien im Kaukasus transportierten. Dort bedeutete man Ardenne, er solle dort in dem „wiederaufgebauten“ Institut in einem ehemaligen Sanatorioum genau so weiterarbeiten, wie er es von Berlin gewohnt war, hauptsächlich aber an der Uran-Isotopentrennung, d.h. an dem sowjetischen Atombombenprojekt zur Gewinnung nuklearen Brennstoffs. Er schreibt im Jahr 1997, ganz zum Schluss seiner Erinnerungen, dass diese Arbeit aus ethischen Gründen gerechtfertigt war, weil sie das atomare Gleichgewicht zwischen den Supermächten herzustellen half, das 1949 dann auch Wirklichkeit wurde, womit der nukleare Friede erhalten blieb.

Ardenne wird zum „roten Baron“. Ardenne war also jetzt schon der Diener des zweiten diktatorischen Herrn. Er hatte offensichtlich keine Probleme damit, dass es schon wieder um militärische Forschung ging. Er beschreibt in seiner Biografie das Leben im Kaukasus in den leuchtensten Farben. Die guten Arbeitsbedingungen für die Gruppe der deutschen Spezialisten, die zwar hinter Stacheldraht leben mussten, aber sonst Annehmlichkeiten und Privilegien genossen, die den normalen Sowjetmenschen verschlossen waren. Er beschreibt die freundliche Aufgeschlossenheit und Fachkundigkeit seiner russischen Wissenschaftlerkollegen, den zügigen Aufbau des Instituts, die georgischen Feste mit reichlichem Essen und Wein, sein Tennisspiel auf selbst angelegtem Platz, die Ausflüge in die großartige Landschaft, Bergexpeditionen in das Elbrusgebiet, harmonische Stunden mit klassischer Physik... Es klingt alles sehr nach einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Und auf Seite 219 seiner Memoiren von 1972 heißt es dann plötzlich: Ich habe den Krieg tief verabscheuen gelernt, bin der festen Überzeugung, dass nur ein von Arbeitern und Bauern geführtes System wahrhaft für den Frieden sein konnte. Deswegen stellte ich meine Forschungen dem Aufbau des Sozialismus zur Verfügung. Die Verhältnisse in der Sowjetunion beschleunigten meine innere Hinwendung zum Sozialismus.

Oje, jetzt hatte ihn aber seine Intelligenz und seine scharfe naturwissenschaftliche Beobachtunggabe total im Stich gelassen, blickte er nicht mehr durch  oder war es schleimige Anbiederung bei den Herrschenden? Hatte er die Stalin´schen Säuberungen mit den Abermillionen Toten und das unmenschliche, wenig friedfertige System „Gulag“ völlig aus den scharfen Strahlen seiner Elektronikaugen verloren? Wo war sein unbestechlicher Wissenschaftlerblick geblieben? Und dann nahm er auch noch 1953 den „Stalinpreis“ ohne Skrupel an! Er überschlug sich geradezu im Lob des sozialistischen Wirtschaftssystems (Memoiren 1972, S. 235): In der Sowjetunion, wie allgemein in der ausgereiften sozialistischen Gesellschaft, wird eine Selektionsmethode realisiert, welche die leistungsfähigsten, charakterstärksten, aktivsten Menschen an die Spitze von Staat, Industrie und Wissenschaft bringt, so dass die Energieströme der Verantwortlichen, getragen vom Gedankengut des Marxismus-Leninismus, das gewaltige Land steil aufwärts führten und auf wesentlichen Gebieten von Wissenschaft und Technik die Weltspitze einnehmen ließen. Es folgt eine Lobeshymne auf den Staatsdirigismus, der ein menschenwürdigeres und harmonischeres Leben ermöglicht, weil nur die wirkliche, persönliche Leistung zählt. Hatte der Baron jeden Sinn für das Erkennen der Realität eingebüßt, was in diesem Paradies wirklich ablief, hatte er eine Gehirnwäsche durchgemacht? Er hatte sich jetzt tatsächlich zum „Roten Baron“ gewandelt. Ein wenig schien ihm sein getrübter Sinn später peinlich gewesen zu sein: In seinen Memoiren von 1990 bzw. 1997 Erinnerungen fortgeschrieben, hat er die peinlichsten Lobhudeleien weggelassen; er hätte sie folgerichtig Erinnerungen umgeschrieben nennen sollen.

Als die Russen 1949 ihre erste Kernwaffe gezündet hatten, war die Arbeit der deutschen Spezialisten beendet. Dies hieß jedoch nicht, dass sie nun nach Deutschland zurückkehren konnten. Es ging ihnen genauso wie den deutschen Raketenforschern um Helmut Gröttrup und Werner Albring, die auf der Insel Gorodomlia der sowjetischen Sputnik-Mission zum Erfolg verhalfen oder den Düsenflugzeugspezialisten von Heinkel und Junkers, die die russischen MIG´s in der UdSSR entwickelten. Für Ardenne & Co begann eine mehrjährige Periode, in der ihr kernphysikalisches Wissen "abkühlen" sollte und in der sie sich mit wissenschaftlichen Fragen ihrer Wahl beschäftigen konnten. Ardenne entwickelte in dieser Zeit unter anderem das sogenannte Duoplasmatron, eine Hochstromionenquelle, die bis heute in der Beschleunigertechnik, aber auch als Korrekturantrieb in der Weltraumtechnik Anwendung findet. Zehn Jahre blieb Manfred von Ardenne in der Sowjetunion.

Nach 10 Jahren Entlassung in die DDR. 1955 durfte er nach Deutschland zurückkehren, natürlich entschied sich der gewandelte adlige Sozialist für das „bessere Deutschland“, die DDR. Er durfte seine Laborausstattung zum großen Teil mitnehmen und dazu ein beträchtliches Rubel-Vermögen, das er zu einem günstige Wechselkurs in Ostmark umtauschen durfte. Über diese goldene Brücke ging er nach Dresden in den Stadtteil Weißer Hirsch und errichtete dort mit dem Wohlwollen der DDR-Führung sein privates „Forschungsinstitut Manfred von Ardenne“ in großen, von ihm gekauften Gebäuden auf ausgedehnten Grundstücken. Nun also diente er mit seiner Forschung der dritten Diktatur, ohne dass ihm irgendwelche Bedenken kamen.

Bild 19. Die Villa des roten Barons mit Sternwarte in Dresden,Weißer Hirsch, Zeppelinstraße 7. Beste Lage, herrliche Aussicht auf Dresden und das Elbtal.

Ardenne, der Agitator. In seinen Erinnerungen von 1972 geht er zur unqualifizierten Hetze über: Während sich die DDR dem Aufbau des Sozialismus widmet, treibt die Bundesrepublik die Remilitarisierung voran und will mit allen Mitteln dem aggressiven imperialistischen Bündnissystem, das sich Europäische Verteidigungsgemeinschaft nennt, beitreten. Dieses Kapitel streicht er in seinen zweiten Erinnerungen von 1990. Voller Hochachtung spricht er von dem Vorsitzenden des Staatsrates Walter Ulbricht (der ja bekanntlich die große Lüge verkündete: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen), der ihn gleich 1955 im Labor in Dresden besuchte und Ardenne eine große russische SIS-Limousine schenkte. Naja, er kam ja als Stalinpreisträger, was dem Stalinisten Ulbricht sicher sehr gefallen hat. Ardenne über ihn: ein Mann der Tat, eine große Persönlichkeit. Auch Otto Grotewohl, dem Ministerpräsidenten bescheinigte er liebenswürdige, menschliche Wärme. Alles Friede, Freude, Eierkuchen, wunderbare Menschen, die nur das Beste wollten und bewirkten, er fühlt sich bestens aufgehoben im Land der Mangelwirtschaft, der Bevormundung, der manipulierten Wahlen, der Willkürurteile der „roten Hilde“, des Stacheldrahts, der Mauer, der flächendeckenden Bespitzelung, der Stasi-Folter von Andersdenkenden, der Hinrichtung der Mauerüberkletterer… von alledem kein Wort in seinen Memoiren, sondern nur davon, wie reich ihn das Leben beschenkt hat (s. 287). 1958 sprach er auch mit dem dritten großen Gewaltherrscher Mao Tse-tung in Beijing…. enge Verbundenheit der sozialistischen Länder, blablabla… Um noch besser der Entwicklung der DDR zu dienen, nahm er 1963 das „ehrenvolle“ Amt eines Volkskammerabgeordneten an, das er bis 1990 innehatte. Er behauptet in seinen zweiten Memoiren, dass er durch mehrere Reden in diesem Haus mit Reformvorschlägen zur politischen Wende beigetragen habe. Man mag es dem sozialistischen Bannerträger kaum glauben: Nach eigener Auffasung wurde er also auch Wegbereiter der Wiedervereinigung. Rechtzeitig stellte er seine Fahne wieder in den richtigen Wind.

Bild 20. Manfred von Ardenne, 1986 während einer Rede in der DDR-Volkskammer.

Unverständnis und Hochachtung. Man kann nur den Kopf schütteln über diesen schillernden Baron mit seiner willfährigen Haltung gegenüber den Unterdrückern. Andererseits kann man aber auch die größte Hochachtung vor den wissenschaftlichen Leistungen des Manfred von Ardenne haben. Das private "Forschungsinstitut Manfred von Ardenne" entwickelte sich mit dem Wohlwollen der SED-Führung zu einem der renommiertesten und effektivsten wissenschaftlich-technischen Entwicklungslaboratorien Ostdeutschlands. Seine Mitarbeiter - in den letzten Tagen der DDR waren es 500 Personen - waren in einer Art Sonderwissenschaftszone tätig. Der Schwerpunkt ihrer Forschungsarbeiten lag auf den Gebieten der Elektronen- und Plasmaphysik sowie der Elektronenmikroskopie. Mit dem Elektronenstrahl-Mehrkammerofen und dem Plasmastrahlbrenner zum Schneiden von Metallen wurde hier Pionierarbeit geleistet. Zum Schluss seines wissenschaftlichen Lebens entwickelte er noch eine Krebstherapie, die er „Mehrschrittverfahren“ nannte, alle medizinischen Geräte eingeschlossen. Bis heute ist diese Therapie umstritten.

Sein größtes Verdienst ist und bleibt jedoch die Erfindung des weltweit ersten vollelektronischen Fernsehens im Jahre 1930, das seitdem das gesamte private und öffentliche Leben derartig verändert hat, dass nach 1930 nichts mehr so war wie vor 1930. Die logische Weiterentwicklung der Braun´schen Röhre zu einem Gerät zur Übertragung von stehenden und bewegten Bildern war die entscheidende Idee, die er mit großer Zielstrebigkeit erfolgreich in die Praxis umsetzte. Dafür schulden wir ihm Respekt und Dank.

Zurück zum Anfang der Geschichte. 1943, beim 90. Geburtstag von Ardennes Großmutter, Elisabeth Baronin von Ardenne, der „Effi Briest“ des Theodor Fontane, lenkte Manfred das Gespräch auf die dramatischen Ereignisse des Duells und ihrer Scheidung. Er sagte zu ihr: Ich hätte damals genau so gehandelt wie du. Danach schickte sie ihm ein Päckchen mit den besagten Briefen Hartwichs von 1883-1885, die der Auslöser des tragischen Geschehens wurden. Manfred solle die Briefe als Beweise ihres damaligen Glückes aufheben und als besonderen Schatz bewahren. Elisabeth war eine besondere Frau mit einer noch im hohen Alter edlen Schönheit. Mit 50 begann sie mit dem Bergsteigen, mit 60 lernte sie skilaufen und mit 80 radfahren. Sie starb mit 99 in Lindau am Bodensee als älteste Bürgerin dieser Stadt.

 

Nachtrag. Ein Besuch im Februar 2015 in der Villa Ardenne in Berlin, Lichterfelde-Ost (heute Kinderheim Villa Folke Bernadotte), Jungfernstieg 19. Am 14. Dezember 1930 gelang hier Manfred von Ardenne weltweit die erste vollelektronische Fernsehübertragung mit einer Kathodenstrahlröhre, die er 1931 auf der Funkausstellung in Berlin vorrführte. Im Haus umweht einen der genius loci, der Geist des Ortes.

Bild 21-26. Das stattliche Bürgerhaus, von Ardenne 1928 erworben; Umbaupläne 1940; sein Labor im Haus; hochherrschaftliches Wohn- und Büro-Zimmer; Foto von 1997, als von Ardenne in der Villa zu Gast war; das Café im Kinderheim heute.

Bild 27. Die erste vollelektronische Fernsehanlage der Welt von Manfred von Ardenne in Berlin-Lichterfelde 1930, ausgestellt im Deutschen Technikmuseum Berlin.

Bild 28. Das Prinzip der ersten Fernsehanlage von Manfred von Ardenne,dargestellt im Deutschen Technikmuseum Berlin.

 

 

Bildnachweis

Bilder 1, 4, 10-14: Eigene Fotos im Deutschen Technikmuseum Berlin, 8/2013. Freundliche Genehmigung für heureka-stories.de vom 2.9.2013 von Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Abt. Presse- und Oeffentlichkeitsarbeit, http://www.sdtb.de/. Auch rückwirkende Genehmigung für früher gemachte eigene Bilder. Bild 2: Wikipedia, Bundesarchiv, Bild Nr. 183-K0917-500, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 3: eigene Skizze nach Anregungen von Movie College; Wikipedia, Urheber hzeller, CC-BY-SA Unported 3.0.; Wikipedia, Urheber EckhardEtzold, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 5: gemeinfrei. Bild 6: oben: Wikipedia, Urheber Ulfbastel, CC-BY-SA Unported 3.0. Unten: Website Deutsches Museum München. Bild 7: aus Web vonardenne.biz. Bild 8: Wikipedia, Schutz abgelaufen. Bild 9: Wikipedia, Bild 183-K0917-501, Bundesarchiv, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 15: Wikipedia, Urheber HBR, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 16: gemeinfrei. Bild 17: aus „Die Olympischen Spiele 1936“, Band 2, Cigaretten-Bilderdienst Altona-Bahrenfeld, Schutz abgelaufen. Bild 18: Wikipedia, Urheber Rainer Ziel, CC-BY-SA 3.0 und Wikipedia, Urheber Schmitz Metallografie, CC-BY-SA 3.0. Bild 19: Wikipedia, Urheber Steffen Müller, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 20: Wikipedia, Bundesarchiv_Bild_183-1986-0617-038 Volkskammertagung, Urheber Rainer Mittelstädt, CC-BY-SA Unported 3.0.  Bilder 21-26: Eigene Fotos 25.2.2015, Villa Folke Bernadotte, Berlin. Bilder 27-28: Eigene Fotos im Deutschen Technikmuseum Berlin, 6/2015. Freundliche Genehmigung für heureka-stories.de vom 2.9.2013 von Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin, Abt. Presse- und Oeffentlichkeitsarbeit, http://www.sdtb.de/.

 

Was wurde daraus?

 

 

Manfred von Ardenne - Jugend und Werdegang

Der Adelsspross begeistert sich für die Naturwissenschaften

Seine berühmte Großmutter. Lange vor seiner Geburt stoßen wir auf eine Geschichte, die es zu literarischem Ruhm brachte. Sein Großvater Armand Baron von Ardenne (1846 - 1919) heiratete 1873 Elisabeth von Plotho (1853 – 1952), eine junge Frau aus altem brandenburgischen Adel. 1886 fand er von ihr aufbewahrte Briefe, die ihm zu verraten schienen, dass sie eine Affäre mit dem königlichen Amtsrichter Emil Hartwich gehabt hatte. Der Baron forderte ihn zum Pistolenduell auf der Berliner Hasenheide und erschoss ihn. Nach seiner 18-tägigen Festungshaft ließ er sich scheiden, bekam aber das Sorgerecht für die Kinder Margot und Egmont, Manfreds Vater. Theodor Fontane, der Dichter der Mark Brandenburg, lernte auf einer Abendgesellschaft in Berlin Elisabeth von Ardenne kennen – und ließ sich von ihrem Schicksal zu seinem Roman Effi Briest inspirieren, der auch heute noch den Leser berührt und zur Drehbuchvorlage für einige Filme wurde, so 1968, 1974 und 2009. Die Autentizität der Handlung und die Erzählkunst Fontanes machen den Erfolg des Romans und der Filme aus.

Bild 1. Fontane lernte sie auf einer Abendgesellschaft kennen - Die Erstausgabe Effi Briest von 1896.

Bild 2. Der Film von 2009.

Keine Grundschule, dafür Privatunterricht. Manfred Baron von Ardenne, der Enkel der berühmten Effi Briest, wurde 1907 in Hamburg als Sohn des Regierungsrats Egmont Baron von Ardenne und dessen Ehefrau Adela geboren. 1913 wurde Egmont ins Kriegsministerium versetzt und zog deshalb mit seiner Familie von Hamburg nach Berlin in die Neuköllner Hasenheise, Nr. 61.

Manfred wurde nicht eingeschult, sondern zu Hause zwei Jahre lang von einem Privatleher unterrichtet und bestens für das Realgymnasium in Neutempelhof vorbereitet. Er musste den weiten Schulweg über das noch unbebaute Tempelhofer Feld (den späteren Flughafen Tempelhof) zu Fuß zurücklegen, um Fahrtkosten einzusparen.

Ab 1918 entdeckte er seine Leidenschaft für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Elektrophysik. Schon mit 15 Jahren bastelte er elektrische Anlagen und bekam mit 16 sein erstes Patent auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie. Dieses Patent einer ganz speziellen Elektronenstrahlröhre kaufte ihm der Fabrikant Siegfried Loewe (1885 - 1962) ab und setzte sie als Verstärker in seinen ersten Radioapparat ein. Da er nur noch Basteln und Experimentieren im Kopf hatte, kam, was kommen musste: Da er sich einseitig nur für die Naturwissenschaften interessierte, verschlechterten sich seine Noten in  den anderen Fächern, vor allem in den Fremdsprachen, unaufhaltsam. Das Zeugnis der „Mittleren Reife“ des Gymnasiums zu Berlin-Tempelhof von 1922 war eine Katastrophe: Englisch und Französisch mangelhaft,  Deutsch-Aufsatz der Schlussprüfung  mangelhaft, Mathematik gut, Physik sehr gut, sein Wissen und Können geht in der Physik und Chemie über das Klassen-, ja Schulziel hinaus. Nicht in die nächste Klasse versetzt wegen totaler Einseitigkeit der Kenntnisse! Empfehlung an die Eltern, den Schüler von der Schule zu nehmen. Er wechselte in das Friedrich-Realgymnasium in Kreuzberg (die heutige Leibniz-Schule). Dort musste er aber die „Ehrenrunde“ drehen.

Was waren das für Dinge, die ihn von seinem Schulfleiß abhielten? Oh, da gab es viele. Da war zuerst die Fotografie mit ihren optischen Gesetzen. Ganz folgerichtig kam die Astronomie mit dem Bau eigener Fernrohre mit primitiven Mitteln hinzu. Ein Rumpelkammerlabor mit 4 m2 Fläche wird eingerichtet, in dem er nach Schulschluss selbständig arbeiten konnte. Erste Geldeinnahmen verbuchte er mit der Herstellung von Wohnungs-Alarmanlagen für die eigene Wohnung und für die der Nachbarn. Regelmäßig suchte er mit seinen Freunden die militärischen Schießstände in der Hasenheide nach Patronenhülsen und Geschossen in den Kugelfängen ab, für Messing und Blei zahlten die Altwarenhändler gute Preise. Als ihm ein Einblick in das Röntgenlabor eines im Hause wohnenden Chirugen gewährt wurde, verlagerten sich seine Interessen auf die Elektrotechnik. Als erstes bekam er zu Weihnachten eine Influenzmaschine, und seine Kammer füllte sich mit Funkeninduktoren, Röntgenröhren und Leuchtschirmen. Aus dem Fenster hingen Antennen in den Hof und erste funkentelegrafische Versuche mit selbstgebauten Relais folgten. Er schockte Besucher des Hauses durch elektrische Schläge oder sprühende Funken, wenn sie ahnungslos die Hand auf die Türklinke legten. Mit Hilfe eines von einem Akku betriebenen Funkeninduktors, der 3 cm lange Funkwellen erzeugte und einer handelsübliche Röntgenröhre gelangen ihm erste Durchleuchtungen seiner Hände. Sein Experimentieren erreichte einen derartigen Umfang, dass seine Eltern ihm die Benutzung der zweiten Toilette der Wohnung für seine Versuche gestatteten mussten.

Seine Familie versuchte seiner Einseitigkeit für die Naturwissenschaften abzuhelfen, indem sie einen Literaturzirkel einrichtete. Allwöchentlich wurden Stücke von Shakespeare, Schiller und Co. mit verteilten Rollen gelesen, aber der 14-jährige Manfred und seine Freunde waren dafür noch nicht reif genug, vielmehr interessierten sie sich mehr dafür, ob bestimmte hübsche Kusinen die Lesestunden besuchen würden.

Manfred wurde auch von den Vortragsreihen der Berliner „Urania“ gefesselt. Dort wurden nicht nur theoretisch-akademische Vorträge gehalten, sondern es waren Experimentiersäle angeschlossen, die nach dem Vortag aufgesucht werden konnten, wo der Besucher den physikalischen Versuch selbst durchführen und Beobachtungen anstellen konnte. Mechanik, Thermodynamik, Akustik, Optik, Elektrotechnik… alles war dabei. Diesem einmaligen Bildungszentrum war auch eine wissenschaftliche Buchhandlung angeschlossen, in der man die zu dem Vortrag passende Literatur einsehen und kaufen konnte. Alles sehr nach Ardennes Geschmack. Ein- bis zweimal pro Woche war er dort zu Gast und wiederholte dann nach Möglichkeit die Versuche zu Hause.

Ein Teil seiner freien Zeit gehörte dem „weißen Sport“, den er seit 1920 ausübte, beim Berliner Tennisklub „Blau-Weiß“. Da war es auch, dass 16 Jahre später ein Mädchen, Bettina Bergengruen, durch ihre Spielweise und ihr weißes Miniröckchen, das ab und zu beim Spiel Einblicke gewährte, seine Faszination weckte. 1938 wurde sie seine Frau.

1921 erstand er in einem Charlottenburger Elektrogeschäft für billiges Geld aus Heeresbeständen Teile von Funkempfangs- und Sendegeräten. Er baute sie zusammen und fuhr nahe an die Antennen des Großsenders Nauen… und konnte die Zeitzeichen des Tonfunksenders empfangen. Nach Resonanzabstimmung und Detektorjustierung gelang ihm das auch in der elterlichen Wohnung. Bald hörte er auch den Schiffsfunkverkehr auf Nord- und Ostsee ab, lernte das Morsealphabet und konnte so den Inhalt entschlüsseln – ein aufregendes Erlebnis für den Jungen; mit ganz primitiven, aber optimierten Mitteln staunenswerte Resultate erzielen – das war sein Prinzip.

Nachdem die Möglichkeiten des Detektorempfängers ausgeschöpft waren, ging er daran, sich einen Empfänger mit Glühkathodenröhren zusammenzubasteln. Er zog einen begüterten Freund mit ins Boot und erstand mit viel Tricks und Chuzpe die teuren Materialien. Beim Probelauf brannten dann infolge einer Fehlschaltung alle Röhren durch. Eine Lehre für sein späteres Leben: Vor Einschaltung der Stromquelle eine gründliche Schaltungskontrolle durchführen! Ein nochmaliger Anlauf brachte große Erfolgserlebnisse: Er hörte nächtens aus dem Äther die wunderbaren Klänge einer französischen Oper!

Bild 3. Eine lange Freundschaft zwischen Siegmund Loewe und Manfred von Ardenne. Ein Foto von 1928.

Eine entscheidende Bekanntschaft. 1922 stand er in einem kleinen Elektrogeschäft in der Blücherstraße dem Dr. Siegmund Loewe (1885-1962), Inhaber eines Hochfrequenzlabors, gegenüber, von dem er schon viel gehört hatte. Er überhäufte ihn mit Fragen, so dass Loewe seine Begeisterung merkte und ihm anbot, ihn, so oft er wolle, in seinem Labor in der Gitschiner Straße zu besuchen. Das ließ sich der Schüler Ardenne nicht zweimal sagen. Es begann eine zehnjährige Verbindung mit dem erfinderischen Industriellen, Manfred lernte dort (neben seiner Schule) eine gründliche, systematische Arbeit mit physikalischen Anlagen, besonders mit Elektronenröhren und -anlagen. Er lernte vor allem, wie Erfindungen entstehen und wie sie durchgesetzt werden müssen, wie man die Ideen durch Patente schützen und verwerten kann. Aber auch Dr. Loewe profitierte für seine Firma Loewe von dem findigen Ardenne. Mit diesen neuen Kenntnissen und mit Hilfe zweier Gesinnungsgenossen brachte Manfred die Leistungsfähigkeit auf den Höchststand. Welch eine Freude, als sie mit der selbst gebauten Anlage die Signale der kanadischen Funkstation New Brunswick hörten und, nach weiterer Ertüchtigung der Anlage, die Funkzeichen aus Buenos Aires und aus Java. Der Jude Loewe musste übrigens 1938 zwangsweise in die USA emigrieren und starb 1962 kurz vor seiner geplanten Rückkehr nach Deutschland.

Der Wunsch wurde jetzt immer lauter, nicht nur zu empfangen, sondern auch zu senden. Mit ihrem Einfallsreichtum gelang auch diese Aufgabe. Die Freunde verständigten sich per Funk von Wohnung zu Wohnung untereinander über ein Jahr lang. Dann fiel das illegale Treiben des Schwarzsenders der Reichspost, die das Nachrichtenmonopol hatte, auf. Es kam 1924 zu einem Verfahren, das jedoch mit Zustimmung des Jugendrichters und der Oberpostdirektion eingestellt wurde, weil der Jugendliche noch nicht das erforderliche Unterscheidungsvermögen besitzt.

Ardenne hatte in diesen Jugendjahren eine Entwicklung durchgemacht, die sein ganzes späteres Leben prägen sollte. Das Gefühl aller Pioniere: Entdeckungen, Erfindungen, Konstruktionen, Erkennen neuer Gesetzmäßigkeiten und schöpferischer Wege ins Neuland.

Abbruch der Schule. Ardenne brach die Ausbildung in der neuen Schule nach eineinhalb Jahren im Herbst 1923 ab, verzichtete also auf das Abitur, um mehr Zeit für die Beschäftigung mit der Radiotechnik zu haben, er wollte aktiv an der beginnenden Rundfunkentwicklung teilnehmen.

Bild 4. Das Vox-Haus in Berlin, Potsdamer Straße 4, 1923 das erste Rundfunkhaus Deutschlands – im Dachboden die Sendezentrale.

Die erste Rundfunksendung. Berlin, 29. Oktober 1923, Vox-Haus: Drei Minuten vor acht Uhr! Alles versammelt sich im Senderaum. Erwartungsvoll beobachtet man das Vorrücken des Zeigers der Uhr... acht Uhr! Alles schweigt. Es ertönen die Worte: Achtung! Hier Sendestelle Berlin Voxhaus, Welle 400. Wir bringen die kurze Mitteilung, daß die Berliner Sendestelle Voxhaus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt. Die Ansage leitete die erste Radiosendung des neuen "Unterhaltungsrundfunks" ein, es war eine Live-Sendung. Die Musiker spielten als erstes von zwölf Musikstücken ein Cello-Solo mit Klavierbegleitung, das "Andantino" von Kreisler, und zum Schluß das Deutschlandlied. Nach dem einstündigen Programm erklang die Absage: Wir wünschen Ihnen eine gute Nacht! Vergessen Sie bitte nicht, die Antenne zu erden! Gesendet wurde aus einer Dachkammer des Vox-Hauses in der Potsdamer Straße 4. Das eigentliche Aufnahmestudio lag im 3. Stock. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Menschen in Berlin mit einem rechtmäßig, d.h. postamtlich erworbenen Apparat, dagegen eine ganze Anzahl sogenannter Schleichhörer. Dahinter standen die Bedenken, ob sich der "Unterhaltungsrundfunk" in der wirtschaftlichen und politischen Krisensituation der jungen Weimarer Republik durchsetzen würde.

Ardenne war von dem neuen Medium begeistert und wollte teilhaben an der rasanten Entwicklung. Zunächst machte er ein Praktikum in einer mechanischen Versuchswerkstatt, sammelte Erfahrung in den wichtigsten handwerklichen Tätigkeiten, gewann eine hohe Achtung vor dem Können erfahrener Feinmechaniker und begriff die Bedeutung guter Werkstatteinrichtungen. Nach der Praktikantenzeit bestritt er seinen Unterhalt und die Kosten seiner Ausbildung selbst, zahlte seinen Eltern eine Miete für das Zimmer, das sie ihm überlassen hatten, verdiente sein Geld mit Honoraren für seine ersten Fachbücher, für veröffentlichte Aufsätze und aus dem Erlös seiner Entwicklungen. Er war stolz auf sein Dasein als Selfmademan. Mit 17 Jahren hatte er einen breitbandigen Hochfrequenzverstärker für die Mikrofonströme entwickelt, der nach vorausgegangener Modulation eines Hilfssenders, eine gleichmäßige Verstärkung aller Frequenzen von den tiefsten bis zu den höchsten Tönen des Hörbereichs bewirkte.

Zulassung zum Studium trotz fehlenden Abiturs. Da er sehr bald merkte, dass ihm grundlegende Kenntnisse der Hochfrequenz fehlten, entschloss er sich zu einem Studium der Physik, Chemie und Mathematik auf der Universität Berlin. Es gelang ihm mit Hilfe von Vitamin B eine Studienzulassung zu erlangen, ohne ein Reifezeugnis vorzuweisen. Mit 18 Jahren begann er mit dem Studium, das er als sehr intensiv beschreibt, das er aber nur in enger Bezugnahme zu seinen Forschungen betrieb. Alles nicht diesem Spezialziel Dienende ließ er weg. Er erwarb nur das geistige Gut, was ihm unmittelbar nutzte. So konnte er Studium und Praxis gut unter einen Hut bringen.  Nach vier Semestern brach er das Studium ab, weil er die weiteren Vorlesungen für Zeitverschwendung hielt. Er bildete sich autodidaktisch weiter und stürzte sich vermehrt in eigene Forschungen.

Gemeinsam mit Dr. Loewe konnte er 1925 die sog. Dreifachröhre fertigstellen, d.h. in einen einzigen Glaskolben sind drei Verstärkerröhren eingebaut. Die Firma Loewe brachte den Rundfunkempfänger OE 333 1926 auf den Markt, zu einem Drittel des bisherigen Preises. Die Stückzahl der verkauften Geräte ging in die Millionen. Gemäß dem Vertrag mit Loewe flossen Ardenne aus dem Absatz erhebliche Beträge zu, die er zum Ausbau des Labors und für die laufende Arbeit verwendete

Bild 5. Der Loewe-Ortsempfänger von 1926 mit der Dreifachröhre von Ardenne. Bild 6. Eine schöne Briefmarke von 1973 zeigt auch den externen Lautsprecher; der Künstler nahm sich Freiheiten heraus und hat das Objekt in eigentlich unzulässiger Weise verändert.

Bild 7. Das Telefunkenradio "Arcolette" mit der Ardenne-Technik.

Als nächstes stattete Graf Arco, der technische Direktor der Großfirma Telefunken Manfred Ardenne in seinem Laborzimmer in Neukölln einen Besuch ab und schloss mit ihm einen Vertrag über die Fertigung seiner Mehrfachröhre ab. Das Telefunkenradiogerät hieß „Arcolette“. So waren also zwei moderne Radiogeräte mit der Ardenne´schen Technik auf dem Markt.

Bild 8. Ardennes erstes Forschungslabor in Lichterfelde - hier wurde der erste vollelektronische Fernseher geboren. Heute die Villa Folke Bernadotte, ein Kinderheim.

Sein erstes Forschungslabor. 1927 hatte er bereits mehrere Mitarbeiter, die Apparaturen und Messanlagen waren gewachsen, der Raum in der Wohnung seiner Eltern wurde zu eng. 1928 mietete er, ein großes Risiko eingehend, in Berlin Lichterfelde, Jungfernstieg 19 ein großes mehrstöckiges Haus, das 16 Jahre lang seine Arbeitsstätte werden sollte. Schon ein Jahr später stellte der Vermieter ihn vor die Wahl, entweder das Haus zu kaufen oder sich nach einer anderen Bleibe umzusehen. Er kaufte und stürzte sich in einen Riesenberg Schulden, die ihn in den Folgejahren zwangen, äußerst sparsam, rationell und fleißig zu arbeiten. Harte Jahre. Aber es war sein eigenes Privatlabor, das Forschungslaboratorium für Elektronenphysik, wo er Entwicklungsarbeiten durchführte, von deren Erträgen er einen spartanischen Lebensunterhalt bestreiten konnte.

Er bekam einen lukrativen Großauftrag über Messgeräte von der Deutschen Reichspost. Dieser und beträchtliche Lizenzsummen seiner Mehrfachröhren ließen ihn über Wasser bleiben. Sein Labor entwickelte sich ausgezeichnet. Er entwickelte und baute selbst Messgeräte und Apparate für die Untersuchung von Lautsprechern, Einrichtungen für Durchmessung von Radiogeräten sowie Feldstärkemessgeräte und Stroboskope, weil sie im Handel nicht erhältlich waren.

Ein neues Medium: Fernsehen. Da seine Vorschläge, wie der Rundfunkempfang auf dem Lande verbessert werden kann, mit fadenscheinigen Gründen abgeschmettert wurde, wandte er sich enttäuscht einem neuen, vielversprechenden Medium zu: der Übertragung von Fernsehbildern mit Elektronenstrahlröhren.

Die Braun´schen Röhren, mit denen er experimentierte, waren leergepumpte Glaskolben, in denen Elektronenstrahlen freigesetzt und dazu gebracht werden konnten, auf den mit fluoreszierenden Salzen beschichteten Kolbenböden Bilder zu erzeugen. Könnte das Prinzip der im Jahr 1897 von Karl Ferdinand Braun entwickelten Braun´schen Röhre mit den trägheitslosen Kathodenstrahlen nicht dazu benutzt werden, stehende oder vielleicht sogar bewegte Bilder von einem Sender zu einem Empfänger zu übertragen? Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los, das bisherige optisch-mechanische Fernsehen mit der Nipkow-Scheibe, das längst an seine natürlichen Grenzen gelangt war, zu ersetzen.

 

Das Fernsehen - die ganze Geschichte

Was wurde daraus?

 

 

Bildnachweis

Bild 1: Wikimedia Foto H.-P.Haack, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 2: Filmplakat, in div. Websites. Bild 3, 5: Wikipedia, Urheber  Loewe AG, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 4: Foto DRA Atlantic, Schutzfrist abgelaufen. Bild 6: gemeinfrei. Bild 7: Urheber Telefunken, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 8: Eigenes Foto 2/2015

 

Das Fernsehen - Kurzinfo

Bild 1. Die Fernsehkamera im Berliner Olympiastadion 1936.

Manfred Baron von Ardenne (*Hamburg 1907, †Dresden 1997) schaffte es als 23-Jähriger in seinem eigenen Forschungslabor für Elektronenphysik in Berlin, Bilder durch die Bewegung von Elektronenstrahlen in einer Braun´schen Röhre von einem Sender zu einem Empfänger zu übertragen. 1931 führte er seine Apparate auf der Berliner Funkausstellung vor und legte damit als erster den Grundstein für das moderne vollelektronische Fernsehen, so wie wir es alle kennen. Er war der Enkel der Elisabeth von Ardenne, besser bekannt als Effi Briest, der Romanfigur, der Theodor Fontane ein so eindrucksvolles literarisches Denkmal gesetzt hatte.

Bild 2. Manfred Baron von Ardenne im Alter von 23 Jahren – Kreativität im eigenen Forschungslabor Berlin-Lichterfelde.

Vor Ardennes Erfindung gab es schon das „Fernsehen“ mit Hilfe der Nipkow-Scheibe, das auf  rein optisch-mechanischer Grundlage nur ganz verschwommene Bilder übertrug, weil die Möglichkeiten der Übertragung längst an ihre Grenzen gekommen waren.

Manfred hatte sein Gymnasium vor dem Abitur abgebrochen und später auch sein Physik- und Mathe-Studium an der Berliner Uni. Warum? Nicht etwa aus Faulheit, sondern, ganz im Gegenteil, weil seiner Kreativität und seinem Wunsch, hinter die Geheimnisse der Elektronenstrahlen zu kommen, viel zu wenig Rechnung getragen wurde. Er wollte nicht nur trockene Theorie hören, sondern auch selbst Experimente durchführen, um das Gehörte und Gelesene in der Praxis zu erproben. Er war der Meinung, dass er mit dem Selbststudium der Mathematik und Naturwissenschaften viel mehr erreichen könne. Und er konnte es.

Er schuf die Grundlagen, dass die Olympischen Spiele 1936 mit dem brandneuen Medium „Fernsehen“ aus dem Berliner Olympiastadion übertragen werden konnten. Aber er konnte noch viel mehr – in der Medizintechnik, in der Elektronenmikroskopie, in der Isotopenforschung…

 

von Ardenne - Jugend und Werdegang

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Bild 1: gemeinfrei. Bild 2: Wikipedia, Bundesarchiv, Bild 183-K0917-500, CC-BY-SA Unported 3.0.