Bild 2. Seine größte Schöpfung: Die Relativitätstheorie. Bild 3. Die berühmteste Formel in der gesamten Wissenschaft.

Die Geschwindigkeit des Lichts c ist absolut. Albert Einstein (*1879 Ulm, †1955 Princeton/USA) zog daraus als Erster die logischen Konsequenzen: Die anderen physikalischen Grundgrößen Zeit, Raum, Masse und Energie müssen daher relativ sein. Absolut heißt absolut; der Lichtstrahl wird nicht schneller, wenn die Lichtquelle bewegt wird, wenn er z.B. von der Erdoberfläche aus in östliche Richtung ausgesandt wird, obwohl er ja schon eine Startgeschwindigkeit von 0,46 km/s, nämlich die Erdumfangsgeschwindigkeit hat (am Äquator). Aus 299 792,46 km/s werden nicht 299 792,92 km/s!

Bild 4 und 5. 1881 wies der Amerikaner Albert Michelson auf dem Telegraphenberg in Potsdam nach, dass die Lichtgeschwindigkeit stets konstant blieb, egal ob der Strahl in Ost- oder in West-Richtung abgeschossen wurde. Links das Michelson-Gebäude im alten Observatorium, rechts ein originalgetreuer Nachbau des von Michelson benutzten Gerätes im Keller des rechten Turmes.

Albert Einstein, der kosmische Geistestitan, Schöpfer der Relativitätstheorie wird 1999 von „TIME“ zu der Person des Jahrhunderts gekürt: Intellekt, Intuition und Kreativität brachten einen Genius hervor, der das 300-jährige Newtonsche Bild des Kosmos revolutionierte. Seine Menschlichkeit und Zivilcourage zeigten uns, dass Wissenschaft human im Geist, weise im Nutzen und moralisch im Zweck sein kann. Die kosmische Revolution dieses deutschen Wissenschaftlers erleuchtete wie eine Rakete das Dunkel der Nacht. Wir wollen dem größten Wissenschaftler aller Zeiten über die Schulter schauen. Aber keine Angst! Mit wenig Mühe können wir Einsteins Theorie und ihre Bedeutung kennen lernen, wir brauchen nur den gesunden Menschenverstand.

Bild 6. Einstein als Gymnasiast, mit 14.  Bild 7. Sein Abitur-Zeugnis von der aargauischen Kantonsschule. Achtung: nicht falsch lesen! In der Schweiz gibt es Punkte und keine Noten. In Mathe, Physik, Geometrie erzielte er mit 6 die höchste Punktezahl, also eine eins.

Woher kam Albert Einstein, welchen Weg legte er bis zum größten Physiker aller Zeiten zurück? Er wurde am 18.3.1879 in Ulm geboren. 1922, auf dem Höhepunkt seines Ruhmes gab die Stadt Ulm einer Straße seinen Namen, und als er 1933 als Jude in Deutschland verfemt war, machte man diese Ehrung rückgängig und nannte sie Fichte-Straße. Einstein bemerkte dazu amüsiert, man hätte sie in Windfahnenstraße umbenennen sollen. Heute gibt es dort wieder eine mit Einsteins Namen. 1880 zog die Familie nach München, wo sein Vater mit seinem Bruder einen Elektrobetrieb gründete. Er wurde 1885 eingeschult - und war schockiert über einige Lehrer, die im Stil von Feldwebeln den Unterricht mit dem Rohrstock durchzogen. Er war das einzige jüdische Kind in der Klasse - und bekam auf dem Schulweg schon einige antisemitische Faustschläge verpasst - und wurde dennoch Klassenbester. Sechs jahre war er auf dem Luitpold-Gymnasium. Er ärgerte sich über die Methoden der Angst und Gewalt - trotzdem waren seine Noten "gut" und "sehr gut", besonders in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern und in Griechisch und Latein. Ganz nebenbei lieferte er zu elektrotechnischen Problemen in der elterlichen Fabrik die Lösungen, wo Papa und Onkel tagelang geknobelt hatten. Dann passierte aus heiterem Himmel das: Einstein war 15, als der Klassenlehrer ihn ins Sprechzimmer bat, ihn böse beschimpfte und aufforderte, die Schule zu verlassen, seine bloße Anwesenheit störe die Harmonie in der Klasse. Albert entgegnete, er habe sich doch nichts zuschulden kommen lassen. Es stimmt, Deutschland war lange vor den Nazis ein antisemitisches Wespennest. Albert verstand die Welt nicht mehr.

Abitur. Er fuhr zu seinen Eltern nach Italien, wohin sie ausgewandert waren, verbrachte dort ein glückliches Jahr, hatte Gefallen an der Sprache und Kultur. 1895/96 besuchte er die Gewerbeschule im Kanton Aargau in der Schweiz und machte dort sein Abitur. In Physik, Mathe und Geometrie Bestnoten, in Fremdsprachen mittelmäßig, Englisch hatte er gar nicht; das hört man deutlich auf seinen wenigen Tonbandaufzeichnungen in Englisch aus seiner amerikanischen Zeit, sein Englisch ist zum Davonlaufen. Es ist aber ein weit verbreiteter Irrtum, dass er in der Schule schlecht gewesen sei; die Schweizer "6" ist eben keine deutsche "6".

Universitätsstudium. 1896 wurde er an der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich immatrikuliert für das Studium des mathematisch-physikalischen Fachlehrers. Sein Professor riet ihm von der Physik ab, die sei viel zu schwierig bei seinen wenigen Grundkenntnissen! Einstein bestand trotzdem darauf. Seine Beziehungen zu den Professoren waren gespannt, weil er sich nichts sagen ließ, alles anders machte, bei den Praktika durch Abwesenheit auffiel und bei den Prüfungsarbeiten nicht das vorgeschriebene Papier verwendete. Mit seinem grüblerischen Interesse und seinem bohrenden Hinterfragen der seit Hundert Jahren feststehenden Lehrsätze fiel er seinen Lehrern auf die Nerven. Obwohl er 1902 ein gutes Diplomzeugnis erhielt (4,9 von 6 möglichen Punkten), bekam er aus den genannten Gründen keine Assistentenstelle angeboten. Und daraus resultierten natürlich finanzielle Probleme.

Bild 8. 1904 - im Schweizer Patentamt auf dem Sprung zum Physik-Superman.

 

Angestellter III.Klasse beim Schweizer Patentamt. Er hielt sich so leidlich über Wasser mit verschiedenen pädagogischen Hilfsarbeiten. Ein Jahr nach Beendigung des Studiums bekam er zu seiner größten Freude auf Empfehlung die Stelle eines Angestellten III. Klasse beim Patentamt in Bern, das damals "Amt für geistiges Eigentum" hieß (was eigentlich den Zweck richtig bezeichnet). Nach eigener Aussage waren das seine sieben fruchtbaren Jahre. Hier konnte er sich neben seiner Pflichtarbeit in seine physikalischen Lieblingsprobleme versenken. Von Existenzsorgen befreit, konnte er jetzt seine Freundin Mileva Maric´ heiraten, die er noch von der TH kannte und mit der er gemeinsame physikalische Interessen hatte. Aber seine Ehe, aus der drei Kinder hervorgingen, verlief nicht glücklich. Albert hatte immer ein Gefühl der Fremdheit gegenüber seiner Familie, suchte mehr die Einsamkeit und kümmerte sich überhaupt nicht um die Erziehung seiner Kinder. 1914 kam es zur Trennung und 1919 zur Scheidung.

1905: Sein Annus Mirabilis - sein Wunderjahr. 1905 veröffentlichte er fünf Arbeiten, die die bis dahin geltenden physikalischen Gesetze total umkrempeln sollten:

1) Der photoelektrische Effekt. Der Beweis ist erbracht, dass Licht sowohl Welle als auch Teilchen ist. Hierfür gab es 1921 den Nobelpreis.

2) Eine neue Bestimmung der Moleküldimension. Hierfür erhielt er 1906 den Doktortitel in Physik.

3) Die Brownsche Bewegung von Teilchen in Flüssigkeiten.

4) Zur Elektrodynamik bewegter Körper. Dahinter verbirgt sich die spezielle Relativitätstheorie.

5) Die Trägheit eines Körpers und sein Energieinhalt. Das gehört mit zur Relativitätstheorie, hier ist die berühmte Formel E = mc2 enthalten.

Und jetzt zur Relativitätstheorie. Sie ist die fundamentale physikalische Theorie, die die Natur von Raum, Zeit und Masse unter dem Einfluss hoher Geschwindigkeiten und großer Schwerefelder beschreibt. Zusammen mit der Quantentheorie löste sie die klassische Physik ab. Zuerst zu den seltsamen Ergebnissen der Speziellen Relativitätstheorie, die mit der alltäglichen Erfahrung überhaupt nicht übereinstimmen:

Zeitdehnung. Phänomenal, erstaunlich, aber leicht erklärt: unter Zeitdehnung versteht man die Tatsache, dass in einem schnell bewegten System alle Prozesse langsamer ablaufen, als in einem ruhenden System. Ein Beobachter Z im mit der Geschwindigkeit v fahrenden Zug misst die Zeit, die ein Lichtstrahl für die Wegstrecke s´ von der Quelle zum Detektor braucht. Ein Beobachter auf dem Bahnsteig misst ebenfalls die Zeit bis zur Ankunft am Detektor, der sich aber in derselben Zeitspanne um die Strecke sz weiterbewegt hat; der Weg des Lichts s ist für ihn schräg und daher länger. Bilder zur Zeitdehnung:

Bild 9. Für den Beobachter auf dem Bahnsteig hat das Licht eine längere Strecke zurück gelegt. Bild 10. Mit Pythagoras zur Formel der Zeitdehnung. Bild 11. Je höher die Geschwindigkeit des bewegten Systems, desto langsamer vergeht seine Zeit. Hat es Lichtgeschwindigkeit, steht seine Zeit still.  Bild 12. Der Uhrenvergleich. Dieses Experiment wurde schon mit einem schnell fliegenden Flugzeug und mit Atomuhren mit vollem Erfolg durchgeführt.

Da die Lichtgeschwindigkeit im bewegten und ruhenden System konstant ist, benötigt das Licht, wegen c = s/t = konstant, für die längere Strecke mehr Zeit.

Seltsames Ergebnis: Ein auf eine interplanetare Reise mit hoher Geschwindigkeit aufbrechender Erdenmensch ist nach der Rückkehr jünger als ursprünglich gleichaltrige Mitmenschen (das nennt man "Zwillingsparadoxon", der auf der Erde zurück bleibende Zwilling ist nach Rückkehr des Bruders älter!). Die bewegte Uhr geht langsamer. Jedes System, das sich relativ zu einem anderen bewegt hat eine andere Zeit, die sich um den Zeitdehnungs-Faktor Gamma unterscheiden. Es gibt keine im Universum aufgehängte Zentraluhr, die für den gesamten Kosmos eine universale Zeit anzeigt.

Raumstauchung. Unglaublich, aber wahr: Ein stationärer Beobachter stellt fest, dass ein mit der Geschwindigkeit v bewegter Maßstab der Ruhe-Länge L in Bewegungsrichtung kürzer wird um den Faktor 1/Zeitdehnungsfaktor. Beispiel: ein Raumschiff umkreist die Erde mit 86% Lichtgeschwindigkeit, d.h. v/c=0,86; ein Erdbewohner sieht das Schiff in Flugrichtung auf 50% gestaucht; Astronaut seinerseits sieht die Erde auf 50% gestaucht, da sie mit gleicher relativer Geschwindigkeit an ihm vorbeifliegt. Nicht Objekte ändern ihre Abmessungen, sondern der Raum schrumpft. Systeme mit verschiedenen Geschwindigkeiten haben unterschiedliche Räume. Absoluten Raum gibt es nicht. Einstein: Zeit und Raum sind reine Privatsache! Bilder zur Raumstauchung:

Bild 13. Beobachter auf dem Bahnsteig misst die Zeit, die das Licht in einem vorbeifahrenden Zug bis zu einem Spiegel und zurück braucht.  Bild 14. Daraus ergibt sich, dass der äußere Beobachter den Zug verkürzt sieht.

 

Massen- und Energiezunahme. Noch zwei seltsame Ergebnisse: Ein stationärer Beobachter stellt fest, dass eine mit der Geschwindigkeit v bewegte Ruhe-Masse größer wird, wieder um den geheimnisvollen Faktor Gamma.

Bild 15. Zur Verdeutlichung der Massenzunahme bewegter Körper: Ein Eisenbahnwagen mit einer Masse mB fährt an einem stehenden Wagen mit einer Masse mA vorbei.

Bild 16. Im Moment der Begegnung üben zwei Magnete eine Anziehungskraft quer zur Bewegungsrichtung aufeinander aus.

Bild 17. Die Ableitung beweist, dass die bewegte Masse größer wird, vom ruhenden Standpunkt aus betrachtet.

 

Energiezunahme. Da nach der berühmtesten Einstein-Formel die Energie gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat ist: E=mc2, muss auch die Ruhe-Energie einer bewegten Masse um diesen Gamma-Faktor zunehmen, so dass die Gesamtenergie aus Ruhe- plus kinetischer Energie besteht. Bei 86% der Lichtgeschwindigkeit ist die Ruhe-Energie verdoppelt, bei 97% vervierfacht

 

Die allgemeine Relativitäts-Theorie. Soweit zählt alles bisher Gesagte zur „Speziellen Relativitäts-Theorie“. Im Jahre 1915 „erfand“ Einstein noch die „Allgemeine Relativitäts-Theorie“. Danach ist es unmöglich, festzustellen, ob man sich in einer beschleunigten (fensterlosen) Rakete im All oder im Schwerefeld der Erde befindet. Ein herunterfallender Ball fällt genau in der gleichen Weise. „Äquivalenz von Schwerkraft und Trägheitskraft“ ist die Quintessenz dieser die bisherige Physik aus den Angeln hebenden Theorie. Da Trägheits- und Schwerkraft äquivalent sind, werden Flugbahnen von Objekten oder Lichtstrahlen im Schwere- (=Gravitations-)feld  von Himmelskörpern gekrümmt. Das ist eine verblüffende Konsequenz des Äquivalenzprinzips.

Bilder 18 bis 21. Hiermit soll die 4-dimensionale "Raumzeit" deutlich gemacht werden. Diagramm, Formeln mit Erklärung. Zu den drei Raumdimensionen x2, y2, z2, die den räumlichen Abstand zwischen den Punkten A und B angeben, kommt die Zeitdimension hinzu, in der Form -(ct)2. t ist die Zeit, die das Licht vom Raumpunkt A zum Raumpunkt B benötigt; diese wird mit der Licht-Geschwindigkeit c in einen rechnerischen Weg ct umgerechnet.

Die Schwerkraft eines Himmelskörpers krümmt den Raum in seiner Umgebung (aufgespannte, mit einer Kugel belastete eingedellte Gummi-Membran ist anschauliche Modellvorstellung). Objekte und Lichtstrahlen bewegen sich auf Bahnen, auf denen der Raumzeit-Abstand zweier Punkte zu einem Minimum wird. Und in diesem gekrümmten Raum ist die kürzeste Verbindung zweier Punkte gebogen, umso mehr, je größer die Masse des Himmelskörpers! Schwerkraft ist gekrümmte Raumzeit. Ein Himmelskörper, der sich einem Stern nähert, wird in seiner Bahn durch die Kraft des Schwerefelds des Sterns abgelenkt, infolge seiner Geschwindigkeits-Energie abgelenkt oder sogar auf eine Umlaufbahn geführt. Auch Lichtkörperchen werden in der Nähe eines massereichen Sterns gekrümmt, so dass ein Beobachter auf der Erde das Licht eines Sterns hinter der Sonne aus einer scheinbar falschen Richtung kommen sieht. Der Nachweis der Einsteinschen Lichtkrümmungs-Theorie wurde 1919 bei einer totalen Sonnenfinsternis in Brasilien von der Royal Society erbracht.

Bild 22. Schwerkraft krümmt Raumzeit. Objekt nähert sich einem Planeten auf geradliniger Tangential-Bahn (A). Die auf den Planeten gerichtete Schwerkraft (F) krümmt seine Bahn, und, je nach Größe seiner Geschwindigkeitsenergie, lenkt es ab (B) oder lenkt es auf eine Umlaufbahn (C).

 

 

Bild 23. Das Sternenlicht läuft auf gekrümmter Bahn an der Sonne vorbei. Der Nachweis 1919 in Brasilien war eine Sensation. Man musste eine Sonnenfinsternis abwarten, weil das zu starke Sonnenlicht eine Messung unmöglich macht. Sir Eddington maß eine Winkelabweichung des Sternenlichts mit und ohne Einfluss der Sonne von alpha=1,70 Bogensekunden, die sehr nahe an die von Einstein berechnete herankam.

Bild 24. Am 10. Nov. 1919 schreibt die New York Times: Einsteins Theorie triumphiert. Das Licht ist schief am Himmel, Sterne sind nicht dort, wo man sie sieht, aber keiner soll sich Sorgen machen! Bild 25. Einstein in Bronze gegossen. Büste im Einstein-Turm Potsdam, wo er im Sonnenobservatorium arbeitete.

Bilder 26 und 27. In den 1920ern wurde Einstein zur Ikone, sein Ruhm stieg unaufhörlich. Überall gibt es Büsten und Erinnerungstafeln, wie z.B. hier in Berlin Unter den Linden und auf der Insel Malta.

Bild 28. Wie kann man die Lichtkrümmung erklären? Einstein in einer Rakete und auf der Erde. Die Gleichwertigkeit (Äquivalenz) von Schwerkraft und Trägheitskraft führt logisch zu Bahnkrümmungen von Objekten und Lichtteilchen im Schwerefeld von Himmelskörpern.

 

Der Mythos Einstein ist geboren. Die Bestätigung der Theorie eines deutschen Juden mit Schweizer Pass durch eine englische Expedition in den brasilianischen Urwald nach Ende des 1. Weltkrieges ist ein internationales Ereignis. Der galaktische Steppenwolf wird zum globalen Superstar, zu einer neuen Größe der Weltgeschichte, seine Relativitätstheorie zur größten Kulturleistung des 20. Jahrhunderts. In Berlin gab es zwei Arten von Physikern – Einstein und alle anderen Physiker. Der Rektor der Princeton University zur Verleihung der Ehrendoktorwürde 1921: Wir begrüßen den neuen Kolumbus der Naturwissenschaft, der einsam durch die fremden Meere des Denkens fährt. Er ist der „Chief Engineer of the Universe“. Er ist Nonkonformist, Kunstobjekt, Kultfigur, Ikone, weltvergessenes Genie, unprofessoraler Bohémien, Kosmosstürmer, Fast-Staatspräsident von Israel, moralische Authorität, Humanist und Pazifist. Sein Ruhm grenzte an Heiligenverehrung. In einer New Yorker Kirche wurde sein Bild neben Heiligen und Königen platziert. Und dieser große Weise der Menschheit wird von den Barbaren, die seit 1933 an der Macht sind, für immer aus Deutschland vertrieben.

 

 

 

 

Bild 29. Die allgemeine Relativitätstheorie: gar nicht so schwer zu erklären. Sie folgt aus der Gleichwertigkeit von Schwer- und Trägheitskraft.

 

Aber die Schlachtreihe der Gegner formiert sich: Für viele ist die Relativitätstheorie eine Provokation: Sie ist Verstoß gegen den gesunden Menschenverstand, eine Massensuggestion, die Krümmung der Raumzeit ist jüdische Physik und steht gegen die anschauliche deutsche Naturforschung, die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist absurd, die Raumzeit ist Quatsch. Ein Professor mobilisiert 100 Autoren gegen Einstein und spricht von der Auflösung der Relativitätstheorie.

Bild 30. In seiner Handschrift: Wie die Energie durch Geschwindigkeit zunimmt....und seine Unterschrift - das Markenzeichen.

Vom Angestellten III.Klase zum Universitätsprofessor. Es dauerte noch ein bisschen nach seinem Annus Mirabilis, denn die Fachwelt musste erst mal seine revolutionären Veröffentlichungen verdauen. Aber dann wurde er 1909 außerordentlicher Professor für theoretische Physik in Zürich und zwei Jahre später an der Universität Prag, deren deutscher und tschechischer Teil sich mit Missachtung entgegen standen. Die Prager High Society gab ihm einen rauschenden Empfang. Er erschien in einem blauen Arbeiteranzug, so dass die Gesellschaft annahm, es handele sich um den erwarteten Elektriker, der die Leitungen reparieren sollte. Ein peinliches Missverständnis. Er brütete über eine Verallgemeinerung der Relativitätstheorie nach und, da er die Atmosphäre an der Uni als bedrückend empfand, ging er schon 1912 nach Zürich zurück. Doch dann kam 1914 der Ruf aus Berlin an die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften; das galt als die höchste aller Ehren. Für Einstein war es besonders attraktiv, weil er keinerlei Verpflichtungen eingehen musste, Vorlesungen abzuhalten. Er konnte, aber er musste nicht. Berlin war zwischen 1913 und 1933 eine Stadt regen Gedankenaustauschs wie kaum woanders auf der Welt. Da waren Max Planck, Max von Laue, Walther Nernst, James Franck, Gustav Hertz, Erwin Schrödinger, Fritz Haber, Otto Hahn, Lise Meitner, die Einstein unsere Frau Curie nannte. Der nationalistische Taumel der Deutschen beim Beginn des Krieges ließ ihn kalt, er formulierte zwischen 1913 und 1916 die Allgemeine Relativitätstheorie, die ihm viel wichtiger erschien.

 

Bilder 31 und 32. 1920: Die Wissenschaftler-Elite in Berlin traf sich regelmäßig zu fruchtbarem Gedankenaustausch. Albert Einstein brauchte den wissenschaftlichen Dialog wie die Luft zum Atmen.

 

Als dann 1919 von der Expedition der britischen Royal Society im Urwald von Brasilien der Beweis der Lichtablenkung durch massereiche Körper erbracht wurde, formulierten Einsteins Schweizer Freunde, mit denen er immer noch in engem Kontakt war, das o.g. Gedicht.

 

 

Bild 33. Seine eigene Skizze mit der Lichtkrümmung - die Umkrempelung der Physik.

Es war eine denkwürdige Sitzung der Royal Society und der Royal Astronomical Society in London 1919: Es lag das Wunderbare und Aufregende über diesem Treffen, dass Einsteins Theorie über Newtons Thesen der Bewegung der Himmelskörper und über Euklids Geometrie hinausgegangen war. Einstein schreibt an Planck: Es ist eine Gnade, dass ich dies habe erleben dürfen. Albert Einstein ging jetzt oft auf Vortragsreisen in Europa, N- und S-Amerika, Japan und Palästina. Zu seinen Vorträgen strömten große Menschenmassen, die gar nicht dem Sinn des Vortrages folgen, sondern nur bei einem aufregenden Ereignis dabei sein wollten.

 

Bilder 34 und 35. Einsteins Landhaus in Caputh bei Potsdam, rechts sein Arbeits- und Schlafzimmer. Hier war er glücklich, und hier empfing er viele Geistesgrößen der damaligen Zeit. Das Paradies dauerte allerdings nur 3 Jahre, von 1929 bis 1932, dann trieben ihn die Nazis aus dem Land. 2005, zum Einsteinjahr, wurde es restauriert. Es ist organisch in die Landschaft eingefügt und hat sehr schöne Proportionen, es gehört der Universität Jerusalem. Das Haus ist der einzige verbürgte Ort aus seiner Berliner Zeit. Der Genius Loci (das geistige Klima) weht noch kräftig durch das Haus.

Bild 36. Der berühmte Einstein-Turm auf dem Telegrafenberg in Potsdam; er ist bis heute ein Sonnenobservatorium, Einstein arbeitete dort. Der Architekt Ehrich Mendelsohn schuf dieses revolutionäre Bauwerk im expressionistischen Stil mit Anklängen an den Jugendstil.

 

Berühmt wurde das Haveldorf Caputh am Schwielow-See vor den Toren Potsdams als sich Einstein 1929 dort ein schlichtes Landhaus aus Holz errichten ließ. Die Familie Einstein, d.h. Albert, seine zweite Frau Elsa und deren Töchter waren in der malerischen Havellandschaft sehr glücklich, Albert mit seinem Segelboot "Tümmler" und natürlich in seinem Arbeitszimmer mit Blick auf den See. Der "Salon" des Hauses wurde zu einem kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Zentrum in Deutschland, zu dessen Gästen Heinrich Mann, Anna Seghers, Stefan Zweig, Gerhart Hauptmann, Käthe Kollwitz, Alfred Kerr, Max Liebermann, Max Planck, Erwin Schrödinger, Max von Laue, Chaim Weizmann zählten.

Nobelpreis. Am 10.11.1921 kam das Telegramm, dass Professor A. Einstein/Universität Berlin der Nobelpreis für Physik zuerkannt wurde. Aber, welche Überraschung! Er bekam ihn nicht für seine Relativitätstheorien, sondern für seine Beiträge zur Quantentheorie, nämlich den photoelektrischen Effekt. Hatte das Nobelpreiskommittee das Revolutionäre der Relativitätstheorie, die Geburt der modernen Physik nicht verstanden? Es sieht fast so aus! Einstein hielt gerade einen Vortrag in Kioto/Japan. Und er empfand es als klammheimliche Freude, dass er nicht nach Stockholm reisen und dort eine feierliche Rede halten müsse. Es gab eine diplomatische Verwicklung, als der deutsche Botschafter die Urkunde entgegennahm, obwohl Einstein Schweizer Staatsbürger war. Es gab einen geharschten, aber vergeblichen Protest der Eidgenossen. Einstein stellte das beträchtliche Preisgeld seiner geschiedenen Frau Mileva zur Verfügung.

Der Superstar und galaktische Steppenwolf - in aller Welt gewürdigt und verehrt... aber sein Heimatland vertreibt ihn... kaum zu glauben!

Einstein - aus Deutschland vertrieben. Im April 1933 kehrte er von einer Reise nach Amerika, wo er eine Gastprofessur wahrnahm, nach Belgien zurück. Von dort schrieb er an die Preußische Akademie der Wissenschaften, dass er nicht mehr in einem Staat leben könne, in dem ihm nicht mehr die Freiheit des Wortes und der Lehre zugestanden wird. Die Akademie hatte zuvor in voraus eilendem Gehorsam gegenüber den Nazis eine schlimme Hetze gegen den Juden Einstein entfacht. Er betrat nie wieder deutschen Boden. Im Herbst 1932 hatte er noch zu seiner Frau Elsa gesagt, sie solle sich noch einmal das schöne Caputher Haus gut ansehen, wahrscheinlich würde sie es nie wiedersehen. Hatte er eine Vorahnung?

In Amerika. Im Oktober 1933 betraten die Einsteins als Immigranten amerikanischen Boden. Zwei Jahrzehnte lebte und arbeitete Einstein an der Universität Princeton/New Jersey im "Institute for Advanced Study". Seine neue Wirkungsstätte ähnelte in vielem dem Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut. Er musste keine Vorlesungsverpflichtungen eingehen. Seine Aufgabe bestand darin, zusammen mit 18 Kollegen, jungen Akademikern nach erfolgreichem Studenabschluss eine Möglichkeit zu geben, sich im Kontakt mit Wissenschaftlern ersten Ranges weiterzubilden. Im Oktober 1940 wurde die feierliche Vereidigung vollzogen, die Einstein und seiner Stieftochter Margot die US-Staatsbürgerschaft zuerkannte (seine Frau Elsa war schon 1936 gestorben). Die Brücken nach Deutschland waren jetzt für immer abgebrochen.

1934 wurde der Starprofessor mit seiner Frau vom Präsidenten Franklin D. Roosevelt ins Weiße Haus eingeladen, wo sie sogar übernachten durften. In den Medien wurde Einstein wie ein Weltwunder gefeiert; wenn er öffentlich sprach, erschienen Tausende. Charlie Chaplin sagte zu ihm: Mir jubeln sie zu, weil mich jeder versteht, und Ihnen, weil Sie keiner versteht. Doch was machte ihn zum Superman? Einmal die Kraft des reinen Denkens, mit dem er seine Physik betrieb, die so unanschaulich war und doch von der Fachwelt anerkannt war. Dann sein überall bekanntes Äußeres, die scharf geschnittenen Gesichtszüge mit den wallenden weißen Haaren, seine Bescheidenheit, Uneitelkeit und Unangepasstheit und sein leicht zu merkender Name. Aber er wurde als Idol auch unbequem: Er nahm Stellung gegen die Todesstrafe, gegen das Wettrüsten, so dass sogar das FBI sich mit ihm als vermeintlichen Kommunisten beschäftigte und eine tausendseitige Akte über ihn anlegte.

Und er hatte auch Witz und tiefgründigen Humor. Mit einem Augenzwinkern erklärte er einmal die relativistische Zeitdehnung folgendermaßen: Wenn ich mit einer schönen Frau zwei Stunden zusammen bin, kommt es mir wie zwei Minuten vor; wenn ich mit meinem entblößten Hinterteil zwei Minuten auf einem heißen Ofen sitzen muss, kommt es mir wie zwei Stunden vor.

Bild 37. Albert Einstein auf einem israelischen 5-Schekel-Geldschein.

Mit seinem Heimatland konnte er sich nie wieder aussöhnen, den Holocaust konnte er nie verzeihen; die Deutschen seien als ganzes Volk für die Massenmorde verantwortlich, ihr Wiederaufstieg zu einer Industriemacht sei zu verhindern. 1952, als Israels Staatspräsident Chaim Weizmann gestorben war, wurde ihm das Amt als Nachfolger angetragen. Er lehnte ab, weil er noch nie eine Aufgabe angenommen habe, die seinen Fähigkeiten nicht entsprach. Aber er schaffte es auf einen Geldschein dieses Landes.

Einstein und die Atombombe. Im August 1939 schrieb er einen Brief an Präsident Roosevelt. Er weist darauf hin, dass die kürzlich entdeckte Kernspaltung auch die Möglichkeit der Herstellung einer Bombe mit ungeheurer Sprengkraft biete. Die USA sollten entsprechende Entwicklungen vorantreiben, da er erfahren habe, dass Deutschland die tschechischen Uranminen in die Hand bekommen habe und zweifellos an der Entwicklung dieser Energieform arbeite. Der Brief wirkte als Initialzündung für das Manhatten-Projekt, das den Atombombenbau zum Ziel hatte. Einsteins Vermutung über Deutschlands Atombombenentwicklung traf nicht zu. Carl Friedrich von Weizsäcker bedauerte, dass die Deutschen Wissenschaftler den Amerikanern nicht klar machen konnten, dass die Deutschen keine A-Bombe bauen. Die amerikanische Bombe war eindeutig für einen Einsatz gegen Deutschland bestimmt. Sie wurde aber erst nach Beendigung des Krieges in Europa fertig. Und so war Japan im August 1945 das bedauernswerte Ziel dieser größten Massenvernichtungswaffe aller Zeiten mit 260000 Toten und 160000 Verletzten.

Bild 38. Ist Albert Einstein der Vater der Atombome? So wenig wie Isaac Newton die Verantwortung für Flugzeugabstürze trägt, nur weil er die Schwerkraft entdeckte.

Ist Einstein der Vater der Atombombe, weil er den Brief schrieb oder weil er die Relation zwischen Masse und Energie entdeckte? Das letztere ist, als wenn Newton, der Entdecker der Schwerkraft, für Flugzeugabstürze verantwortlich gemacht würde. Einstein arbeitete zu keiner Zeit am Manhatten-Projekt mit. Er warnt vor atomarer Hochrüstung und unterzeichnete 1955, ganz kurz vor seinem Tode, das Russell-Einstein-Manifest für Frieden, Abrüstung und Verzicht auf die Wasserstoffbombe.

Im übrigen arbeitete er 40 Jahre lang bis zu seinem Tode an der "Einheitlichen Feldtheorie", deren Ziel eine Zusammenfügung von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik ist. Das ist den heutigen Physik-Assen von Feynman bis Hawking auch noch nicht gelungen. Sie beißen sich daran immer noch die Zähne aus.

Relativitätstheorie ist die widerspruchsfreie Grundlage der Kosmologie, die uns seit ca. 1970 ein neues Bild mit schwarzen Löchern, Gravitationslinsen und Gravitationswellen liefert. In Verbindung mit der Quantenmechanik ist sie Fundament der Astroteilchenphysik. Sie ist Basis des kilometerlangen Linearbeschleunigers, der als extrem starker Röntgenlaser zur Erforschung biologischer, chemischer und Materialstrukturen dient. Sie ist unerlässlich für die Satellitennavigation (GPS), die ohne Berechnung der relativistischen Zeitdehnung unbrauchbar wäre. Bis heute werden rigorose experimentelle Überprüfungen der relativistischen Effekte, die so gar nicht in unseren Kopf wollen, durchgeführt, z.B.: Laufzeitverzögerung bei Radarsignalen der Raumsonde Cassini, direkte Messung der Zeitdehnung und Raumzeitkrümmung mit der Mission Gravity Probe, Gravitationsfeld des Doppel-Neutronensterns PSR1913+16, superpräzise Messung der Zeitdehnung am Testspeicherring MPI in Heidelberg, Satelliten-Test des Äquivalenz-Prinzips STEP u.v.a.

Seit Jahrtausenden fragen Naturwissenschaftler, Theologen, Philosophen: wie ist die Welt im Kleinen und im Großen beschaffen und was kann der Mensch von ihr verstehen? Tief greift Einsteins Werk in die Grundbegriffe von Raum, Zeit, Materie, Energie ein, hat Weltbild und Erkenntnis radikal verändert. Seine Theorien mögen realitätsfern erscheinen, weil sie von den nicht sichtbaren Dimensionen und Kräften handeln; aber sie geben Antworten auf das faustische Streben nach dem „was die Welt im Innersten zusammen hält“. Für die Öffentlichkeit sind Einsteins Theorien auch heute noch ein Buch mit sieben Siegeln, auch für naturwissenschaftlich gebildete Leute. Es wurde in diesem Beitrag der Heureka-Stories versucht, das eine oder andere Siegel zu öffnen, so dass Einstein nicht mehr der mathemathische Surrealist, sondern der große Entdecker der Geheimnisse des Raumes, der Zeit, der Materie im Kosmos ist. Letztlich mündet sein Werk in die Urfrage der Menschheit: Welche Kraft hat den Kosmos entstehen lassen, wie sind Raum und Zeit entstanden, woher kommen wir?

 

Bild 39. In den 1950ern. So bleibt er uns in Erinnerung - als Wegweiser für die Physik und als Weltweiser für die Menschheit. Bild 40. 18. April 1955: Er stirbt an der Ruptur eines Aorten-Aneurysmas in einem Hospital in Princeton, New Jersey.

Zwischen 1905 und 1915 hob der kosmische Geistestitan Albert Einstein den Weltraum aus den Angeln. 1955, auf dem Sterbebett im Princeton Hospital, gehen seine letzten Worte für immer verloren; die Nachtschwester verstand kein Deutsch.

Nachwort. Im Jahr 2005 feierten wir das 100-jährige Jubiläum der Entdeckung der Relativitätstheorie. In Berlin z.B. waren an allen "Einsteinorten" rote Stelen mit dem großen "E" aufgestellt, sein Sommerhaus in Caputh wurde, frisch renoviert, der Öffentlichkeit vorgestellt. Und Unter den Linden im Kronprinzenpalais gab es eine sehr gut zusammen gestellte, informative Einstein-Ausstellung. Dort wurden dem interessierten Publikum alle Aspekte des großen Einsteinschen Paradigmenwechsels in der Physik sehr anschaulich vor Augen geführt. Dort war z. B. eine in Funktion befindliche Funkenkammer zum Nachweis von Myonen aufgestellt; die der kosmischen Strahlung entstammenden Teilchen dürften wegen ihrer sehr kurzen Lebenszeit nie auf der Erde ankommen; doch Einsteins Zeitdehnung macht es möglich: Die Lebensuhr der Myonen läuft wegen ihrer sehr hohen Geschwindigkeit langsamer; deshalb sehen wir auf der Erdoberfläche in der Funkenkammer viele Spuren von Myonen.

Bild 41. Das Jubiläumsjahr 2005. Eine der Berliner Einstein-Stelen.  Bild 42. Die große Einstein-Ausstellung Unter den Linden im Kronprinzenpalais.

 

Bildnachweis.

Bild 1: Einstein-Zeichnung: Eigenes Foto, im Springer-Verlag Heidelberg, 2006. Bild 2, 3: Eigene Fotos. Bild 4: Wikipedia, Urheber H. Raab, GNU free Lic. Bild 5: Wikipedia, Urheber Boson, CC-by-sa 2.5. Bild 6: Wikipedia, Urheber Gary King, Original Uploader Kenosis, public domain. Bild 7: Not covered by copyright. Bild 8: Wikipedia, Urheber Lucien Chavan, public domain. Bilder 9-23, 28, 29: Eigene Texte und Zeichnungen (unterliegen dem Copyright). Bild 24: Aus: E.P. Fischer, "Einstein für die Westentasche", Piper, München, 2005. Bild 25: Eigenes Foto, Einsteinturm, 2006. Bilder 26, 27: Eigene Fotos, 2008. Bild 31, 32: Eigene Fotos, Lange Nacht der Wissenschaften, Phys. Institut der FU Berlin, 2010. Bild 33: Aus: J. Renn, "Albert Einstein", Katalog zur Einstein-Ausstellung Berlin 2005, Wiley-VCH. Bilder 34, 35, 36 : Eigene Fotos, 2005, 2006. Bild 37: Urheber Scarlet, Veröffentlichung erlaubt, Wikipedia. Bild 38: Public domain, US Army, künstlerische Bearbeitung von Nagasaki-Foto. Bild 39: Barnorama public domain. Bild 40: Original Uploader Wikiwatcher1, Wikipedia public domain. Bilder 41, 42: Eigene Fotos, 2005.

 

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Albert Einstein (*Ulm 1879, †Princeton/USA 1955), der Schöpfer der Relativitätstheorie, wird 1999 von „TIME“ zu der Person des Jahrhunderts gekürt. „Intellekt, Intuition und Kreativität brachten einen Genius hervor, der das 300-jährige Newtonsche Bild des Kosmos revolutionierte. Seine Menschlichkeit und Zivilcourage zeigten uns, dass Wissenschaft human im Geist, weise im Nutzen und moralisch im Zweck sein kann.“

Relativitätstheorie ist die fundamentale physikalische Theorie, die die Natur von Raum, Zeit und Masse unter dem Einfluss hoher Geschwindigkeiten und großer Schwerefelder beschreibt.

Die Geschwindigkeit des Lichts c ist absolut. Albert Einstein zog 1905 daraus als Erster die logischen Konsequenzen: absolut heißt: der Lichtstrahl wird nicht schneller, wenn die Lichtquelle bewegt wird, wenn er z.B. von der Erdoberfläche aus in östliche Richtung ausgesandt wird, obwohl er ja schon eine Startgeschwindigkeit von 0,46 km/s, nämlich die Erdumfangsgeschwindigkeit hat (am Äquator). Aus 299 792,46 km/s werden nicht 299 792,92 km/s! Die anderen physikalischen Grundgrößen Zeit, Raum, Masse und Energie müssen daher relativ sein. Für sehr schnell bewegte Objekte gibt es so fantastische Wirkungen wie Zeitdehnung, Raumstauchung, Massen- und Energiezunahme.

1915 „erfand“ Einstein noch die „Allgemeine Relativitätstheorie“, nach der die Schwerkraft eines Himmelskörpers den Raum in seiner Umgebung krümmt und demzufolge auch Lichtstrahlen. Der Nachweis der Lichtkrümmungstheorie wurde 1919 bei einer totalen Sonnenfinsternis in Brasilien erbracht. Der Mythos Einstein ist geboren. Die Bestätigung der Theorie eines deutschen Juden mit Schweizer Pass durch eine englische Expedition im brasilianischen Urwald ist ein internationales Ereignis. Relativitätstheorie ist die widerspruchsfreie Grundlage der Kosmologie, die uns seit ca. 1970 ein neues Bild mit schwarzen Löchern, Gravitationslinsen und Gravitationswellen liefert. In Verbindung mit der Quantenmechanik ist sie Fundament der Astroteilchenphysik, Basis aller kilometerlangen Teilchenbeschleuniger, wie z.B. des LHC, um zu erforschen, was die Welt im Innersten zusammen hält. Sie ist unerlässlich für die Satellitennavigation (GPS), die ohne Berechnung der relativistischen Zeitdehnung unbrauchbar wäre.

 

Die Relativitätstheorie - die ganze Geschichte

 

Bild 2. Das geheimnisvolle Gerät auf der Hohenzollernbrücke in Köln: Telemobiloskop, Hülsmeyers Rückstrahlmelder

Wir schreiben Mai 1904. Der 23-jährige Ingenieur Christian Hülsmeyer (*1881 Eydelstedt, †1957 Ahrweiler) befestigt ein geheimnisvolles Gerät am Geländer der Hohenzollernbrücke in Köln. Er ist von Neugierigen umgeben, die nicht wissen, was hier überhaupt los ist. Ein Holztisch mit zwei Kästen mit je einem Metallstab, das ist alles, was sie sehen. Hülsmeyer, selbst in größter Anspannung, ob sein Experiment gelingen würde, kann den bohrenden Fragen nicht ausweichen und erklärt voller Begeisterung: mein „Telemobiloskop“ wird selbsttätig ein herannahendes Schiff melden, und zwar durch eine ausgestrahlte elektrische Welle, die von den metallischen Aufbauten des Schleppers zurückgeworfen und in meinem Empfänger einen Klingelton auslösen wird. Er richtet die Antennen aus und dreht nervös an Knöpfen, das Schiff rauscht heran, noch 100m entfernt … da: ein lautes Klingelzeichen zehn Sekunden lang, dann ist das Fahrzeug unter der Brücke verschwunden. Der junge Mann strahlt, Demonstration gelungen, Beifall. Seine Idee funktionierte nicht nur auf dem Papier. Sein Telemobiloskop war die Urform des später als RADAR bezeichneten Funkwellen-Echo-Verfahrens.

Bild 3. Der Beweis für seine Urheberschaft: Die Patentschrift Nr. 165546.

Er erhielt 1904 vom Kaiserlichen Patentamt die Patentschrift Nr.165546 für das von ihm entwickelte „Verfahren, um entfernte metallische Gegenstände mittels elektrischer Wellen einem Beobachter zu melden“. Doch die Industrie zeigte keinerlei Interesse, seine Idee in die Praxis umzusetzen. Wo waren die Visionäre, die das enorme Potenzial voraussahen, wo der Fabrikherr, der aus der Erfindung ein geschäftsreifes Produkt zu machen bereit war? Die Nichtbeachtung sollte Jahrzehnte später ungeahnte Folgen für Deutschland haben.

Hülsmeyer bekam eine Meldung, messen konnte er noch nicht, weder Entfernung noch Richtung. Fachleuten führt er das Wunderding vor, sie sagen: ah, eine nette Idee, aber nur Spielerei und nicht von praktischem Nutzen! Reaktion der Kriegsmarine: Dampfpfeifen sind über eine größere Entfernung hörbar als Schiffe vom Telemobiloskop entdeckt werden können. Hatten die keine Leute mit Weitblick?

Hätten sie mal ein bisschen weiter gedacht, dann wäre die Titanic-Katastrophe neun Jahre später vermieden worden! Mit welchem enormen technologischen Vorsprung hätten die Deutschen der Schifffahrt Sicherheit geben können! Lilienthals Fluggerät machte zu Anfang auch nur Hopser, Diesels Motor zerstörte sich selbst, und Reis´ Fernsprecher funktionierte nur über 50 m. Hülsmeyers bahnbrechende Idee geriet in Vergessenheit, und sie musste von denen, die das „Radio Detecting and Ranging“ in der Mitte der 1930er entwickelten, mit großem Aufwand wiederentdeckt werden.

Rückblende: Auf der Dorfschule erkannte der Lehrer Christians Begabung und ermöglichte ihm das Studium am Lehrerseminar in Bremen. Hülsmeyer war fasziniert von der Physik und besonders von den Wirkungen der elektromagnetischen Wellen, die Heinrich Hertz erforscht hatte. Im Physiksaal kam er auf eine Idee, die für die Radartechnik entscheidend sein sollte. Er stellte fest, dass von einem Sender ausgesandte und von Metallflächen zurückgeworfene elektrische Wellen zur Bestimmung der Entfernung von Schiffen herangezogen werden konnten. Nach Abschluss des Seminars ergriff er gegen den Willen seiner Eltern nicht den Lehrerberuf, sondern machte eine Ausbildung als Elektrotechniker bei Siemens in Bremen. 1902 zog er nach Düsseldorf und gründete dort zusammen mit einem Geldgeber eine eigene Firma, "Telemobiloskop Gesellschaft", um sein Gerät weiterzuentwickeln, herzustellen und zu vermarkten. Nach seinem erfolgreichen Versuch auf der Hohenzollernbrücke in Köln trug er voller Begeisterung seine Erfindung den Schifffahrtslinien, der Schiffbauindustrie und der Kriegsmarine vor; und sie zeigten keinerlei Interesse. Die Firma Telefunken teilte ihm mit, dass sie für das Patent keine Verwertungsmöglichkeit sehe. Er verstand die Welt nicht mehr, das ist doch das Gerät, um Schiffszusammenstöße zu vermeiden! 1905 beendete er daher seine Bemühungen, das Grät zu vermarkten, ließ seine Firma aus dem Handelsregister streichen und wandte sich anderen Aufgaben zu. Ja, so kann es gehen; nachdem er alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, zieht sich der Erfinder enttäuscht zurück, weil die Öffentlichkeit seine "Augen durch Nacht und Wolken" in ihrer riesigen Bedeutung überhaupt nicht erkennt. Er gründete zwei Jahre später eine Firma für Kessel- und Apparatebau, seine Erfinderfreude war ungebremst, und er bekam, sage und schreibe, 180 Patente auf seine Ideen und wurde durch die Lizenzen ein wohlhabender Mann. Für seine bahnbrechende Erfindung des Funkwellen-Echo-Verfahrens jedoch war die Zeit offensichtlich noch nicht reif, und er war in seinem Zukunftsbild, das sich als richtig erweisen sollte, seiner Zeit weit voraus. So mussten 30 Jahre später, unter dem Zwang der Ereignisse, seine Entwicklungen mühsam noch einmal gemacht werden, mit viel Gehirnschmalz, Zeit und Geld.

Bild 4. Prinzip der Radarortung (Beispiel)

Der Krieg erzwingt die Wiederentdeckung. Mitte der 1930er, als die durch Deutschland verursachten Spannungen in Europa zunahmen, stellten die Wissenschaftler in Deutschland und Großbritannien Untersuchungen an, wie man ein feindliches Flugzeug orten könne. Die einzige Erfolg versprechende Methode schienen Radiowellen zu sein! Kurze Impulse dieser Wellen auf ein Flugzeug schießen und die Zeit bis zur Ankunft des Echos auf dem Leuchtschirm eines Kathodenstrahlrohrs messen. Da alle elektromagnetischen Wellen sich mit der Lichtgeschwindigkeit von c = 300 000 km/s ausbreiten, kann man ganz einfach die Entfernung des Objekts bestimmen: der für Hin- und Rücklauf zurückgelegte Weg der gebündelten Radiowellen lässt sich mit einer ganz einfachen Multiplikation ausrechnen (s. Kasten!). Wenn die Impulse ständig ausgesandt werden, z.B. 1000 pro Sekunde, kann das Echo ebenso oft empfangen und damit der Weg des Objekts verfolgt werden.

Der Mensch will die natürlichen Grenzen, die ihm seine Sinnesorgane setzen, überschreiten, er will etwas sehen und erfassen, was über das Vermögen seiner unzureichend entwickelten Sinne hinausgeht. Er will sich künstliche Zusatz-Augen schaffen, die weiter blicken und Nacht und Wolken durchdringen können. Hülsmeyer war der Vater, und der drohende Krieg wird als übermächtiger Motor die Entwickliung des RADAR in atemberaubendem Tempo vorantreiben. 1933 war in Deutschland  die Zeit reif, die Radar-Story geht ohne Hülsmeyer weiter. Der wissenschaftliche Leiter der Nachrichtenmittel-Versuchs-Anstalt der Marine, Dr. Rudolf Kühnhold setzte 1934 in der Lübecker Bucht einen ersten Markstein der deutschen Funkmesstechnik: mit einer kombinierten Sende- und Empfangsröhre erhielt er mit einer gerichteten Funkwelle von 50 cm Länge ein Echo von der Bordwand eines Versuchsbootes in 12 km Entfernung; auch von einem zufällig durch den Sendestrahl fliegenden Flugzeug wird ein Rückstrahl empfangen!

Das war die Geburtsstunde des „Funkmess“, wie man das System in Deutschland damals nannte. Man hatte der Natur ein weiteres Geheimnis entlockt. RADAR sollte zur größten Revolution auf See führen. Und als Flugzeugortungs- und Flugzeugleitsystem sollte es über Sieg oder Niederlage entscheiden!

Bald leuchten in den Labors die grünen Augen auf, die Nacht und Nebel durchdringen. Je kürzer die Wellen sind, desto schärfer lassen sie sich mit gitterartigen Antennen bündeln, desto schmaler und gerichteter wird die „Sendekeule“ (im Gegensatz zum „Rund“funk, dessen Sendungen ja ringsum zu hören sind). Der Richtfunk ermöglicht einen Rückstrahl beim Aufprall am Ziel und darüber hinaus das Aussenden von Informationen in eine ganz bestimmte Richtung. Die größte Schwierigkeit liegt darin, die Röhren-Sendeleistung zu erhöhen, die entscheidend für die Sendeweite und den Empfang eines Echos ist; denn ein großer Anteil der Energie geht beim Aufprall am Ziel verloren.

Bild 5. Bündelung der Meter-Funkwellen durch eine Tannenbaum-Antenne. Bild 6. Bündelung der Zentimeter-Wellen durch einen Parabolspiegel.

Bild 7. Parabolspiegel - Einzelheiten.

Die Schnelligkeit der Entwicklung ist Atem beraubend: 1935 steigt eine Ju 52 auf 5 km Höhe und wird mit einem 50-cm-Gerät erfasst mit nur 5 Watt Leistung; ganz neue Perspektiven tauchen auf: feindlichen Flugzeugen den Eintritt in den deutschen Luftraum verwehren erscheint nicht mehr als Utopie. Im selben Jahr erhält ein Schiff ein Funkmess und sieht zum ersten Mal mit Radaraugen auf 20 km Entfernung. Das mit 2,40-m-Wellen sendende Gerät „Freya“ ortet 1936 ein Flugzeug in 80 km Entfernung … und ein Sender im Flugzeug beantwortet den Radarbeschuss mit einem Kennzacken auf dem Leuchtschirm des Empfängers, das Flugzeug als eigenes ausweisend. Martini, Nachrichtenchef der Luftwaffe: wer in dieser Technologie führt, ist dem Gegner entscheidend überlegen! Gerade diese Erkenntnis wird von der Führungsclique vor und im Krieg sträflich vernachlässigt und sollte fatale Folgen für die Menschen in Deutschland haben. 1939 wird der Prototyp des „Würzburg“-Gerätes auf der 50-cm-Welle erprobt, das nicht nur Entfernung und Richtung, sondern auch die Höhe des Flugobjekts misst. Die Deutschen sind der Meinung, dass sie einen riesigen Vorsprung gegenüber den Briten haben; sie glauben das zumindest noch eine Weile…

Bild 8. Funkmessgerät Würzburg-Riese, Wellenlänge 53,6 cm, Reichweite 70 km, Durchmesser 7,4 m, Leistung 8 kW, Höhe 10 m,  Bedienung 6 Mann. Bild 9. Gitternetz des Parabolspiegels, Maschenweite kleiner als 5,3 cm (10% der Wellenlänge). 

Die häufigste Form in der Radartechnik ist die Parabolantenne. Sie besteht aus einem von einem Hohlkörper gespeisten Primärstrahler, der die Strahlen auf den aus einer Rotationsparabel bestehenden Sekundärstrahler wirft. Die reflektierten Radarstrahlen, die eigentlich alle parallel verlaufen sollen, haben aber wegen der Fertigungsungenauigkeiten eine leichte Divergenz, und da die äußeren Strahlen geringere Energie (=Reichweite) haben, kommt es statt zu einer Bleistift- zu einer Keulenform, die umso schärfer gebündelt ist je kleiner die Wellenlänge ist. Der Parabolspiegel besteht meist aus einer Gitter-Rahmenkonstruktion, wobei die Gitterabstände kleiner als ein Zehntel der Wellenlänge betragen müssen. Objekte am Rande der Sendekeule ergeben ein schwächeres Signal als solche in der Mittelachse der Keule.

Bild 10, links. Rudolf Kühnhold - Wiederentdecker des Radar in Deutschland. Bild 11, rechts. Robert Watson-Watt - Wiederentdecker des Radar in Großbritannien.

In England ist ein Genie auf eben demselben Gebiet tätig, Robert Watson-Watt, der Gegenspieler Kühnolds, der Vater des englischen RADAR. Zwischen beiden wird ein technologisches Wettrennen ausgetragen; und der Ausgang dieses Fernduells entscheidet über Leben und Tod von Millionen von Menschen. 

Bild 12. Hawker Hurricanes im Formationsflug. England gewinnt die Luftschlacht über England 1940 - mit Hilfe des Radar.

RADAR entscheidet die Luftschlacht über England. Die britische Radarentwicklung beginnt ein Jahr später als in Deutschland im Jahr 1935. Watson-Watt definiert mit seltener intellektueller Klarsicht die einzelnen Entwicklungsschritte, die im Luftfahrtministerium sofort akzeptiert werden. Im Gegensatz zur engstirnigen deutschen Führung erkennt man hier sofort das entscheidende Potenzial zur Landesverteidigung und gibt ihm alle benötigten Mittel an die Hand. Der erste Wurf des RDF = Radio Direction Finding (die damalige Bezeichnung des englischen RADAR) vereinigt in sich gleich vier Messmethoden: Richtung, Entfernung, Höhe und Freund-Feind-Erkennung. 1939 ist die Radar-Luftverteidigung komplett; 18 Stationen überwachen die englische Ostküste, jagen Milliarden Impulse in den Himmel und lassen kein feindliches Flugzeug unbemerkt in den britischen Luftraum eindringen. Und es gelingt Watson-Watt 1937, das sehr genau auf der 1,50-m-Welle arbeitende Gerät im Gewicht so zu minimieren, dass es in Jagdflugzeuge eingebaut werden kann. Mit all dem haben sie schon einen Vorsprung. Das ASV – „Airborne Search for Surface Vessel“, das gegen See- und Luftziele eingesetzt wird, kombinieren sie mit einem Peilzeichen des eigenen Flugzeugs, führen es dann mit Hilfe des Bodenradars an die feindliche Maschine heran, und der eigene Pilot hat dann leichtes Spiel mit seinem Gegner. Mit diesem ausgeklügelten System gewinnen sie 1940 die 5-wöchige mörderische Luftschlacht über England. 1:0 für England! Watson-Watt, der Vater der magischen Augen wurde zum Retter des Vaterlandes.

Die unangenehmste Überraschung für die Deutschen: sie besitzen das Geheimnis nicht allein! Sie finden in Dünkirchen ein intaktes RDF-Grät, und sie finden heraus, mit welcher ausgefeilten Methode die englischen Jäger funkgesteuert und dass ihre eigenen Me 109- und Ju 88-Verbände längst von der lückenlosen RDF-Chaine-Home entdeckt wurden bevor sie überhaupt die Insel erreichten. Nach diesem Schock müssen sie sich nun ernsthaft überlegen, wie sie ihren Luftraum vor dem nun zu erwartenden ferngesteuerten Massenangriff zu schützen gedenken. Sie brauchen eine Weile, um von Angriffs- auf Verteidigungsdenken umzuschalten. Die elitäre Luftwaffe weigert sich lange, mit einem Antennengestrüpp am Flugzeugbug zu fliegen und ihre Entscheidungsfreiheit im Luftkampf an eine Bodenleitstelle abzutreten: wir sind freie Jäger! Borniertheit, fehlendes Gespür für Funkmess, Dünkel, Kompetenzgerangel. Sie müssen sich aber letztendlich dem Diktat der Fakten beugen. Nicht der bessere Flieger, sondern der mit den besseren Apparaten ausgerüstete Jäger gewinnt den Zweikampf am Himmel.

Bild 13. Bordradar Lichtenstein an einer Ju88 - die freien Jäger mussten das "Hirschgeweih" akzeptieren.

Der Würzburg, entwickelt bei Telefunken von Dr. Wilhelm Runge, wird entscheidend verbessert durch Einbau eines rotierenden Dipols. Damit wird die Sendekeule 25 mal pro Sekunde kreisförmig herumgewirbelt, erfasst das Flugobjekt zweimal, einmal stark und einmal schwach und kann durch Drehung des Apparats die Höhe der beiden Leuchtamplituden egalisieren und damit die genaue Richtung zum Flugzeug bestimmen. Die Kombination mit der Flugabwehrkanone steigert die Trefferquote erheblich, auch bei Nacht und Wolken. Mit dem „Freya-AN“-Verfahren wird der Leuchtpunkt des eigenen an den des feindlichen Flugzeugs auf dem Boden-Bildschirm herangeführt, und mit dem „Lichtenstein“ haben die Deutschen 1941 nun endlich ein bordeigenes Suchgerät. Die Deutschen beherrschen ihren Luftraum wieder. Die britische Luftoffensive muss stark eingeschränkt werden. Mitte 1941 steht der Kampf im Hochfrequenzkrieg jetzt 1:1.

RADAR als Angriffswaffe. Doch das britische Ideenreservoir Watson-Watt & Co. ist unerschöpflich. RADAR hatte ihre Heimat geschützt, wie kann man es angriffstauglich machen? Ein festes Funknetz über Westeuropa bis ins Ruhrgebiet hinein, in die deutsche Waffenschmiede? Keine Wellen, die von den eigenen Flugzeugen Echos zurückwerfen, also kein RADAR, sondern die dem Piloten die genaue Entfernung und Richtung vom Hauptsender in England mitteilen. Das wär´s doch! Das unsichtbare „Gee“-Netz wird ausgeworfen und ab 1942 bildet es den Auftakt für die Massenangriffe auf deutsche Städte; es kann von Hunderten von Bombern gleichzeitig abgelesen werden, und sie finden des Nachts mit Sicherheit jetzt jede Stadt im Westen Deutschlands. Der 1000-Bomber-Angriff auf Köln am 31.5.1942 ist das Werk von Gee.

Auch der Seekrieg wird mit RADAR geführt. Die deutschen Schlachtschiffe, z.B. die Bismarck ist mit „Seetakt“ ausgerüstet, einem Übersichtsgerät mit 25 km Reichweite, das keine sicheren Treffer ermöglicht. Anders dagegen die britischen Kreuzer, z.B. die Norfolk, deren „Marine Type 284“ ein Feuerleitgerät ist mit scharf gebündeltem Strahl mit 50 cm Wellenlänge, aber geringerer Reichweite. Vom Objekt liefert es schon für gezieltes Feuer geeignete Messwerte. Das ist die Ausgangslage am 23.5.1941. Nachdem die „Bismarck“ die „Hood“ versenkt hat, sehen sich die Funker im britischen Radarnetz gefangen, aus dem ein Entkommen nicht möglich ist. Drei Tage später fügen ihr Torpedoflugzeuge, die mit ASV ausgestattet sind, die entscheidenden Treffer auf die Ruderanlage zu. Die Bismarck, der Stolz der deutschen Marine, 45 000 t Wasserverdrängung, sinkt 1000 km westlich von Brest, neun Monate nach der Indienststellung, 1947 Tote hinterlassend. Sie fällt dem überlegenen britischen RADAR zum Opfer. 2:1 für England durch „Gee“ und „ASV“.

RADAR – der schlimmste Feind des U-Boots. Wie das denn? Radarstrahlen dringen doch nicht ins Wasser ein! RADAR vermag dem U-Boot nicht zu folgen, sobald der Stahlleib vollständig untergetaucht ist. Den Briten musste etwas Wirksames gegen die starke deutsche U-Bootwaffe einfallen; denn die „grauen Wölfe“ hatten schon manchen lebenswichtigen Geleitzug von Amerika nach Großbritannien versenkt. Und im Jahr 1941 laufen in Deutschland zehn und mehr Unterseeboote pro Monat vom Stapel. So paradox sich das anhört: das U-Boot ist keineswegs ein Unterwasserfahrzeug, nur an der Oberfläche kann es eine Geschwindigkeit von 16 Knoten aufnehmen und in eine günstige Schussposition kommen. Nur im Notfall und für begrenzte Zeit weicht es unter Wasser aus und muss dort mit 5 Knoten dahinschleichen. Der graue Wolf muss wieder heraus aus seinem Versteck, den Turm aus dem Wasser stecken um Luft zu holen. In diesem Moment nimmt ihm das verbesserte Gerät „ASV Mark II“ der britischen Jäger und Schiffe seine Unsichtbarkeit; es kann diesen kleinen Turm in der Wasserwüste einwandfrei erkennen und packt ihn gnadenlos an dieser Achillesferse. Im März 1941 werden U 100 und U 99 innerhalb einer Stunde vernichtet, weil sie keinen Empfänger haben. Hinzu kommt noch das neue englisch-amerikanische Sichtpeilverfahren „Huff-Duff“, das, sobald der U-Bootfunker einen Augenblick seine Taste drückt, die Richtung zu dem Boot anzeigt. Die deutsche Marine ist wie vor den Kopf geschlagen, sie hat der geballten Bedrohung überhaupt nichts entgegenzusetzen, Jahre sind vertan, um ihr zu begegnen. Der Hochfrequenzkrieg im Atlantik hat die Wende im Atlantik erzwungen. Die Deutschen sind in die Abwehr gedrängt. Wieder ein Schlag gegen die Aggressoren und Weltenbrandstifter, man könnte heute noch applaudieren, wenn nicht so viele junge Leute geopfert worden wären. Das Nazi-Regime ist nicht nur eine verbrecherische, sondern auch eine engstirnige und geistig beschränkte Bande. Auf jeden Fall 3:1 für England.

Bild 14. Wellenlänge und Frequenz.

Radarleitsysteme für britische Bomber. Unablässig spucken die innovativen englischen Ingenieure neue Ideen aus um dem frechen Kriegstreiber das Handwerk zu legen. A.H. Reeves vom Radarforschungszentrum Malvern College hat eine; zwei Jahre hat er daran gearbeitet. Sie funktioniert so: die Entfernung von Dover zu einem festen Landziel, z.B. Krupp in Essen ist fast bis auf den Meter genau bekannt, nämlich 422 km. Er zieht nun einen Funkstrahl mit diesem Radius um Dover herum, wo der Sender steht; vier leichte, schnelle Mosquito-Flugzeuge ziehen 1943 mit ihrer Bombenlast auf eine Höhe von 10 000 m, unerreichbar für die deutsche Abwehr; irgendwo in Holland haben sie den Kreisbogen erreicht und werden nun auf diesem per RADAR entlanggeführt in Richtung auf die Waffenschmiede Krupp bis zu dem Punkt, der der errechneten Wurfparabel der Bomben entspricht. Präzise werden sie ausgeklinkt, und der für die Piloten völlig blinde Bombenabwurf trifft mit unglaublicher Präzision, so auch die Werke von Thyssen, Rheinstahl, Rheinmetall, Hoesch. Sie kommen bei Tag und Nacht, bei Sonne, Wolken und Nebel. Legt diesen Stechmücken das Handwerk! lautet der Aufschrei, die Deutschen können wieder nur reagieren. Wenig später treffen auch die britischen Bomberschwärme haargenau, die Bomben werden alle gleichzeitig abgeworfen und treffen eine eng begrenzte Fläche. Und über den Orten des Grauens ziehen die Mosquitos unbeirrt ihre Bahn und leiten die Pulks der schweren Halifax-Bomber über die deutschen Städte.

Erst Ende 1943 haben die Deutschen mit ihrer FuMB – Funk-Mess-Beobachtung alles herausgefunden. Sie können nun die auf 1,25-m-Wellenlänge geführten Mosquitos massiv stören und…Großbritannien reagiert sehr schnell mit Umschaltung auf eine Wellenlänge von sage und schreibe 9 cm, mit der jetzt die Bomber geleitet werden, und das mit weit größerer Genauigkeit, die den superkurzen Wellen innewohnt. Darauf gibt es keine Antwort. Die Ingenieure durften gemäß oberstem Befehl diese Technologie nicht entwickeln, weil die Zeit dazu mehr als ein Jahr in Anspruch genommen hätte. Die Briten haben mehr als drei Jahre systematisch und zielstrebig daran gearbeitet, eine Röhre mit der sehr hohen Sendeenergie von 50 kW auf ganz niedriger Wellenlänge von 9 cm zu schaffen; extrem starker Elektromagnet zentrifugiert die Elektronen durch eine geschlitzte Hohlanode, das war die Technologie. Ergebnis: äußerst scharf bündelndes Zentimeterradar. 4:1 für England. Dieses jüngste Kind der Engländer heißt H2S – Home Sweet Home. Ein gering beschädigter Zauberkasten fällt den Deutschen beim Abschuss eines Bombers in die Hände. Jetzt wissen sie es: die Briten haben einen jahrelangen Vorsprung! Sie probieren es in einer He 111 aus, und es fällt ihnen wie Schuppen von den Augen. Das Gerät liefert keine Einzelreflexe mehr, sondern es zeichnet ein Gemälde der ganzen Stadt Berlin unter ihnen: da ist der Müggelsee, die Havel, Umrisse von Straßen, Gebäuden, alles zu erkennen! Innerhalb von 1943 haben sie H2S nachgebaut unter dem Namen „Naxos“ und rüsten die schwer gefährdeten U-Boote damit aus. Die Briten stören jetzt auch die deutsche Radarabwehr mit Millionen von abgeworfenen Metallstreifen, die elektromagnetische Wellen reflektieren, wenn sie halb so lang sind wie die Radarwellen, also 25 cm bezogen auf die „Würzburg“-Strahlung. Auf den Bildschirmen ist nur noch „Nebel“ zu sehen. Im Schutze dieses Nebels beginnen Mitte 1943 die schweren Angriffe auf Berlin. Die Deutschen erfinden zwei Gegenmittel: Ausnutzung des Dopplereffekts, d.h. des Geschwindigkeitsunterschieds zwischen dem langsamen Metall und den schnellen Bombern und ein wesentlich verbessertes „Lichtenstein“, wodurch die Abschussquote der eingedrungenen britischen Bomber auf 10% gesteigert wird. Das ist den Briten zu viel; sie beenden im März 1944 ihre Angriffe abrupt.

Bild 15. Das Andenken an Watson Watt wird in England hochgehalten - Denkmal bei Daventry/Northhamptonshire.

Von der Führung des Regimes gnädig gestattet, stürzen sich die deutschen Wissenschaftler hektisch in die Entwicklung des Zentimeterradars, sie haben partielle Erfolge, die zu spät, viel zu spät kommen. Ihre Monate langen Anstrengungen können durch den Wink eines britischen Luftmarschalls in Minuten zunichte gemacht werden. Der Vorsprung ist nicht einzuholen. Wie soll man den Hochfrequenzwettlauf zwischen England und Deutschland zum Schluss bewerten, mit 5:1 oder 6:1?

Eine deutsche Erfindung – und was haben die Deutschen daraus gemacht? Der Krieg ist zu Ende, die Zivilisation hat gegenüber der Barbarei den Sieg davon getragen, die hochfrequenten Wellen kommen zur Ruhe. Der in Freiheit forschende Geist ist dem unter diktatorischem Zwang arbeitenden überlegen.

Was haben die Deutschen bloß aus der zukunftsweisenden Erfindung Christian Hülsmeyers gemacht? Warum haben sie das mächtige Potenzial nicht im entferntesten erkannt? Warum haben sie 30 Jahre ungenutzt verstreichen lassen? Warum haben sie 1934 Rudolf Kühnholds kühne Ideen nicht konsequent umgesetzt? Es war die Unfähigkeit der deutschen Führungsclique, die den Geist der Wissenschaftler gering schätzte und durch selbstherrliches Gehabe ersetzen zu können glaubte, die sie sogar daran hinderte, die Entwicklung auf den einzig richtigen Weg zu bringen. Wieviel Menschenleben hätten gerettet und wie viele Städte hätten vor Schutt und Asche bewahrt werden können? Große Erfindung, damals von der Marine lächerlich gemacht, verkannt, und, als es darauf ankam, nur mit halber Kraft daran gearbeitet, und zum Schluss, als es längst zu spät war, mit Hektik versucht, den Vorsprung der Anderen aufzuholen.

Bild 16. Traffic Controller am Radarschirm auf dem atomgetriebenen US-Flugzeugträger George Washington. Bild 17. Das magische Auge der Schiffsradar-Anlage: Schiffe, Hafenanlagen und Gebäude sind sichtbar.

RADAR im Frieden. Obwohl RADAR im Krieg unter dem Zwang der Ereignisse die rasanten Fortschritte machte, hat es seitdem bewiesen, dass es eine segensreiche Entwicklung war. Anstatt Schiffe und Flugzeuge zu zerstören ging es jetzt daran, sie vor Gefahren zu warnen und sie zu schützen. Auf dem Dach des Flughafen-Towers kreist die große Rundsichtanlage und wirft die leuchtenden, jeweils von einem Flugzeug stammenden Radarechopunkte auf den großen Bildschirm und sagt den Fluglotsen jederzeit, wie es auf dem Rollfeld und in einem Umkreis von 10 km aussieht, ob sich Flugzeuge auf einem gefährlichen Annäherungskurs befinden.

Auf See liegt das zweite große Anwendungsgebiet des RADAR. Nicht nur Ozeanschiffe, sondern auch kleinere Küsten- und Flussschiffe, Fischdampfer, Hafen-, Segel- und Motorboote bedienen sich der elektromagnetischen Augen, um ihre weitere und nähere Umgebung beobachten zu können.

Bild 18. Eine Boeing 737 mit Wetterradar.  Bild 19. Wetter-Radar-Karte

Das Wetterradar ist zu einem begehrten Hilfsmittel der Meteorologen geworden. Wie geht das denn, RADAR durchdringt doch die Wolken? Die Verwendung immer kürzerer Wellenlängen hat gezeigt, dass Radarstrahlen von 1 bis 10 cm Länge ein wenig von Regentropfen, Schnee und Hagel reflektiert werden, umso mehr, je dichter das Niederschlagsgebiet ist. Die zehn Wetterradar-Standorte in Deutschland mit je einem Erfassungsradius von 200 km zeichnen wirklich Wolken, vor allem das Zentrum des Gewitters auf den Bildschirm. Auch Flugzeuge haben ein Wetterradargerät in der Nase, um gefährlichen Gewitterfronten ausweichen zu können.

RADAR hat sogar die Grenzen der Erde überschritten. Satelliten beobachten per RADAR das globale Wetter auf unserem Planeten, wie z.B. Taifune. Mit riesigen Parabolspiegeln hält RADAR Ausschau nach Asteroiden, die der Erde zu nahe kommen könnten. Ein künstlicher Mars-Satellit untersucht per RADAR die Marsoberfläche, die Strahlung dringt sogar auf der Suche nach Wasser mit verminderter Geschwindigkeit in den Marsboden ein.

Zur (ungeliebten) Geschwindigkeitsüberwachung von Autos werden Radargeräte eingesetzt, die entweder nach dem Doppler-Verfahren arbeiten, d.h. die Änderung der Frequenz des Reflektionsstrahls oder die die Echo-Zeit von Impulsen einer Laserpistole messen.

Geologen, Glaziologen, Paläoanthropologen, Archäologen und Landminensucher benutzen das Ground-Penetrating-Radar (GPR). Sie können damit im Eis einige hundert Meter, in Granit und Sandstein 15 m und im Lehmboden einige Zentimeter in die Tiefe schauen. Bodenbestandteile, Hohlräume, Gegenstände, antike Strukturen werden sichtbar durch die Änderung der elektrischen Isoliereigenschaften verschiedener Materialien, die dann eine Änderung des Reflektionssignals ergeben. Längerwellige Radarstrahlen dringen tiefer ein, kurzwellige ergeben eine bessere Auflösung. Weitere Anwendungen: Altlastenerkundung, Aufspüren historischer Grabstätten, Baugrunderkundungen, Untersuchung von Dämmen, zerstörungsfreie Prüfung von historischen Bauwerken, z.B. der Kuppel und Hauptpfeiler der Hagia Sophia in Istanbul, Prüfung der Bewehrung im Spannbeton, kriminalpolizeiliche Suche nach Leichen.

Bild 20. Späte Anerkennung für Hülsmeyer 1953. Bild 21. 1953: Waren Gegner im Radarkrieg: Sir Watson-Watt und General a.D. W. Martini, deutsche Luftabwehr.

Ist nun Christian Hülsmeyer, dessen bahnbrechende Erfindung der „magischen Augen“ unser aller Leben auf der Erde, im Wasser und in der Luft erst sicher gemacht hat, für diese großartige geistige Leistung angemessen gewürdigt worden? Nach dem Krieg, der die Bedeutung des Radar glasklar gemacht hatte, las man in Deutschland britische Pressemeldungen, wonach Winston Churchill Mr. Watson-Watt für die Erfindung des Radars den Adelstitel "Sir" verleihen wollte. Nanu, da war doch ein Deutscher, der schon 1904 das Radar erfunden hatte, wie hieß er noch gleich? Es begannen Diskussionen bis in hohe deutsche Regierungskreise, wie man die "deutsche Ehre" der Urheberschaft, die man ja 30 Jahre lang mit Füßen getreten hatte, noch retten könne, und man grub Christian Hülsmeyer, der noch lebte, aus der Erinnerung wieder aus. Er wurde 1953 zu der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Ortung & Navigation in Frankfurt/M. eingeladen. Dort erlebte er die Genugtuung, dass er Sir Robert Watson-Watt als der Pionier und Erfinder des Ur-Radars vorgestellt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde die Formulierung gefunden, dass Robert Watson-Watt mindestens nicht der alleinige Begründer des Radars sei. Ein Jahr später wurde Hülsmeyer die offizielle Ehrung und volle Würdigung seiner Erfindung in Essen anläßlich des 50-jährigen Bestehens des RADAR zuteil. Zum 75. Geburtstag erhielt er zahlreiche Glückwünsche, Anerkennungen und Würdigungen von Wissenschaftlern und vom Wirtschaftsminister Ludwig Erhard für die auf dem Gebiet der Funkmesstechnik geleistete Pionierarbeit. Der Brockhaus Enzyklopädie von 1996 war er jedoch keine Eintragung wert, und auch die Deutsche Post hat der wegweisenden Erfindung noch keine Briefmarke gewidmet. 1957 starb Christian Hülsmeyer im Ahrweiler und wurde in Düsseldorf auf dem Nordfriedhof beerdigt.

 

Bildnachweis

Bild 1: Eigenes Foto am 1./2.8.2011 im Deutschen Museum München, Gestattungsvertrag für Bildaufnahmen vom 12.7.2011 und Website Eydelstedt. Bild 2: Eigenes Foto am 1./2.8.2011 im Deutschen Museum München, Gestattungsvertrag für Bildaufnahmen vom 12.7.2011 Bild 3: Copyright abgelaufen. Bild 4-7: Eigene Zeichnungen. Bild 8 u. 9: Eigene Fotos Luftwaffenmuseum Berlin-Gatow. Bild 10: Aus Cajus Bekker: "Augen durch Nacht und Nebel", Heyne-Verlag, 1979. Bild 11: Public domain. Bild 12: Popperfoto/Getty Images. Bild 13: Foto by US Forces, gemeinfrei. Bild 14: Eigener Text. Bild 15: GNU Free Documentation License, attributed to Kintak. Bild 16: Gemeinfrei. Bild 17: GNU Free Documentation License, Urheberrechtsinhaber namentlich nicht bekannt. Bild 18: Creative Commons Lizenz, Urheber Kim-Marvin. Bild 19: ZDF, Wetterkarte. Bild 20: Aus Radiomuseet, Göteborg. Bild 21: Aus Cajus Bekker: "Augen durch Nacht und Nebel", Heyne-Verlag, 1979.

Christian Hülsmeyer (*1881 Eidelstedt, †1957 Ahrweiler) erfand 1904 das RADAR (Radio Detecting and Ranging). Das "Telemobiloskop" genannte Gerät, das auf der Hohenzollernbrücke in Köln montiert war, meldete selbsttätig ein herannahendes Schiff durch eine ausgestrahlte elektromagnetische Welle, die von den metallischen Aufbauten des Schleppers zurück geworfen wurde und in einem Empfänger einen Klingelton auslöste.

Seine Erfindung löste leider bei der Marine und in der Industrie kein Echo aus; sie zeigten kein Interesse, daraus ein geschäftsreifes Produkt zu machen, und das sollte im 2. Weltkrieg ungeahnte Folgen haben: das Radar wurde neu erfunden, die Engländer gewannen Vorsprung, nutzten das Radar, um deutsche Städte dem Erdboden gleich zu machen. Das Wettrennen beider Nationen ist Atem beraubend.

Mitte der 1950er erhielt Hülsmeyer die verdiente Anerkennung, sind doch die "magischen Augen" heute überall: auf der Erde, im Wasser, in der Luft, im Weltraum, in den Wissenschaften.

Das Radar - die ganze Geschichte