Was ist aus Carl von Lindes großen Erfindungen geworden?

Wie ging es mit der "Gesellschaft für Lindes Eismaschinen" weiter? Seine Söhne Friedrich und Richard und sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer führten das Unternehmen erfolgreich weiter. Danach seine Enkel Hermann Linde und Johannes Wucherer. 1965 wurde die Firma in "Linde AG." umbenannt. Von 1972 bis 1976 war Hermann Linde Sprecher des Vorstandes. Von da ab war kein Mitglied der Linde-Familie mehr im Management der Firma.

Bild 1. So sah die Linde-Fabrik im Jahr 1909 in Höllriegelskreuth aus. Hier wurden Sauerstoff und Stickstoff mithilfe der Luftverflüssigung und Luftzerlegung hergestellt. Bild 2 Die Zentrale der Linde AG. in München heute. Ein Weltkonzern mit 51000 Mitarbeitern.

Die Linde-Gruppe ist heute ein Weltmarktführer für Industriegase und eine der erfolgreichsten Engineering-Firmen. Hinter dem Bereich "Linde Engineering" verbirgt sich "Verfahrenstechnik und Anlagenbau". Er konstruiert und baut schlüsselfertige verfahrenstechnische Anlagen, für Luftzerlegung, Gasaufbereitung, Petrochemie, LNG, Synthesegas, Wasserstoff, Biotechnologie, Kryotechnik. Mit über 4.000 gebauten Anlagen zählt Linde heute zur Weltspitze. Linde-Produkte und Dienstleistungen finden sich in fast allen Industrien in mehr als 100 Ländern. Eine wahre Erfolgsgeschichte, die mit der Luftverflüssigung 1895 begann. Die Gruppe erzielte 2011 einen Umsatz von 13,8 Milliarden € mit 51 000 Mitarbeitern (6/2012) und machte einen Gewinn von 1,2 Millionen €.

Wie ging es mit Carl von Lindes Kühlaggregaten weiter? Lindes genialen Geist beweist zunächst einmal die Tatsache, dass sein Kühlmaschinen-Prinzip bis heute völlig unverändert geblieben ist, das da heißt: Ein Kompressor erzeugt bei einem Kältemittel ein Temperaturgefälle, das im Verdampfer dem Kühlraum Wärme entzieht und im Verflüssiger durch Wärmeübertrag seinen Aggregatzustand von gasförmig in flüssig verwandelt. Ab den 1920ern war die Zeit reif für den Haushaltskühlschrank, der genau nach dem System Linde arbeitet. Es gab schon vorher Versuche durch Twinning und Carré, ein brauchbares Kühlmöbel zu bauen, die waren alle weder serienreif noch effizient, arbeiteten mit unzulänglichen physikalischen Methoden. Linde benutzte noch das Kältemittel Methyläther, später Ammoniak. Als jedoch Ersatzchemikalien für den Hausgebrauch entwickelt waren, gab es, natürlich in den USA den ersten Kühlschrank, der in den 1930ern dort schon zur Standardausstattung privater Haushalte gehörte. Der erste europäische Kühlschrank wurde 1929 von den Zschopauer Motorenwerken entwickelt. Auch Linde baute in den 1950ern eigene Kühlschränke.

Bild 3. Ein Linde-Kühlschrank aus den 1950ern.

Der erste FCKW-freie (ohne Chlor) Kühlschrank der Welt in neuerer Zeit wurde 1992 durch das sächsische Unternehmen „dkk Scharfenstein“ (später unter dem Namen "Foron"  produziert). Angeregt wurde die Entwicklung von Greenpeace und dem Hygiene-Institut Dortmund. Aber die Hersteller von Kühlschränken hatten zu dieser Zeit kein Interesse daran, diese Technik einzuführen. Seit dem Jahr 2000 jedoch, sind Haushalts- und Gewerbekühlgeräte mit brennbaren Kältemitteln mehr und mehr auf dem Markt vertreten. Das sind Isobutan oder Gemische aus Propan und Butan, die weder die Ozonschicht zerstören noch den Treibhauseffekt verstärken, dafür allerdings brennbar sind.

Bild 4. Die heutigen Kältemittel, anders als zu Lindes Zeiten, aber immer noch nach seinem Prinzip: Umlaufend und abwechselnd verflüssigt und verdampft.

Bild 5. Der thermodynamische Zustandsverlauf in einem modernen Kühlschrank, betrieben mit dem Kältemittel R600a, d.h. Isobutan, dargestellt im Druck-Enthalpie-Diagramm. Wie man sieht, hat der Kompressor einen Saugdruck von ca. 2 bar und einen Enddruck von ca. 5 bar.

Natürlich werden heute andere Kältemittel benutzt, natürlich ist Lindes Prinzip für die sog. Industriekälte abgewandelt worden, z.B. durch Einschaltung eines sog. Economizers, eines Zwischenentspanngs-Behälters, der die Drosselung in zwei Stufen aufteilt und dadurch die Kompressorleistung reduziert.

Bild 6. Eine moderne Großkälteanlage mit zwei Verdampfern, dargestellt im Druck-Enthalpie-Diagramm und als Funktionsschema. In diesem Beispiel wird Kälte bei -40°C und -20°C für eine verfahrenstechnische Anlage benötigt.

Oder es gibt in der Industrie den Bedarf, Kälte auf zwei verschiedenen Temperaturstufen herzustellen, z.B. bei einer Verdampfungstemperatur von -40°C und einer zweiten bei -20°C, dies erfordert zwei Verdampfer und einen zweistufigen Kompressor. Natürlich werden heute bei großen Industrie-Kälteanlagen Turboverdichter statt Kolbenverdichter eingesetzt. Das ändert alles nichts an der Tatsache, dass das Kältemaschinenprinzip Lindes jetzt schon 140 Jahre lang Bestand hat.

Wie ging es mit Carl von Lindes Luftverflüssigung weiter? Sie bildete die Grundlage für einen ganzen neuen Industriezweig, die Produktion von Gasen, die wiederum für unzählige Industriezweige, die Medizin und die Forschung unerlässlich sind. Die Luftzerlegungsanlagen der Linde AG sind heute sehr viel komplexer und verwickelter als zu Zeiten seines Erfinders. Die täglich produzierte Sauerstoffmenge beläuft sich auf über 4000 t pro Strang. Die Leistungen der Kompressoren betragen bis zu 30 und 40 MW. Für solche Großanlagen kommen nur noch Turboverdichter in Frage, und zwar für den Hauptverdichter Einwellen-Maschinen mit bis zu fünf Radial-Stufen, d.h. Laufrädern oder bei sehr großen Massenströmen Axialverdichter. Für den Kreislaufverdichter wählt man i.A. Mehrwellen-Maschinen mit integriertem Getriebe mit bis zu fünf Radialstufen. Hinter jeder Stufe befindet sich ein Zwischenkühler und hinter der letzten ein Nachkühler. Es kommen nur Maschinen mit den höchsten derzeit erreichbaren Wirkungsgraden in Frage, da der Rohstoff "Luft" zwar nichts kostet, aber die elektrische Energie zum Antrieb der Kompressoren allein für die laufenden Betriebskosten bestimmend ist.

Bild 7. Das wurde aus Lindes einfacher Luftverflüssigung und Zerlegung: So komplex sieht eine moderne Luftzerlegungsanlage aus dem Jahr 2000 aus. Produziert wird füssiger und gasförmiger Sauerstoff und Stickstoff und flüssiges Argon. Zwei Kompressoren (MAC=main air compressor und BAC= booster air compressor, Kreislaufkompressor), Kühler, Molsiebe, diverse Wärmetauscher, zwei Rektifikationskolonnen, es gibt noch ein Drosselventil, doch zusätzlich übernimmt eine Expansionsturbine die Kälteerzeugung, die wirksamer ist als eine einfache Entspannung. Besonders tief kühlt die Turbine herunter, wenn sie belastet ist, d.h. z.B. eine Pumpe antreibt. Das ist ganz im Sinne Carl von Lindes, dessen Motto lautete: Wie können wir es besser machen?

Bild 8. Eine der größten Linde-Luftzerlegungsanlagen der Welt in Mexico, die mit 5 Strängen 63 000 t/Tag Stickstoff liefert, der zur Erhöhung der Ölförderung unter hohem Druck in ein Ölfeld gepresst wird (gas reinjection), im Vordergrund Wärmetauscher, mit Umgebungsluft mittels Ventilatoren betrieben.

Bild 9. So sieht z.B. ein Maschinensatz innerhalb einer modernen Luftzerlegungsanlage aus: Eine Kondensations-Dampfturbine treibt mit dem einen Wellenende einen einwelligen, 4-stufigen Turbo-Haupt-Luftverdichter, mit dem anderen Wellenende einen mehrwelligen 5-stufigen Turbo-Kreislaufverdichter mit integriertem Getriebe. Der Hauptverdichter hat drei, der Kreislaufverdichter vier Zwischenkühler. Beide Verdichter erzielen durch eine ausgeklügelte Aero-Thermodynamik Spitzenwirkungsgrade. Einer der bekanntesten Hersteller: MAN Diesel & Turbo, bekannt für deutsche Ingenieurskunst im Maschinenbau, einer der Weltmarktführer für diese Maschinenanlagen.

Bild 10. Die Maschinen der LZA im 3D-Bild.

Bild 11. Der Kreislauf-Verdichter einer Luftzerlegungs-Anlage: Ein mehrwelliger Verdichter für Luft mit integriertem Getriebe. Es sind die vier Wellen-Richtungen von vier Verdichterstufen zu sehen. Die Wellen werden angetrieben durch vier Ritzel (Zahnräder mit kleinem Durchmesser), die am Umfang des großen Getriebe-Zahnrades angeordnet sind. Dieses wird von einem Elektromotor meist mit einer Drehzahl von 1500 oder 1800 1/Min angetrieben. Die Ritzelwellen haben sehr viel höhere Drehzahlen. Links ist die erste Stufe zu sehen, die Luft wird axial angesaugt (senkrecht in die Bildebene hinein) und verlässt diese Stufe tangential durch das trompetenförmige Rohrstück (einen sog. Diffusor).

Linde - Mensch, Wissenschaftler, Forscher, Ingenieur, Industriekapitän. Was für ein Leben entfaltet sich da vor unseren Augen? Der fränkische Pfarrerssohn, der nicht den Wunsch seines Vaters erfüllt, auch Pfarrer zu werden, der trotzdem seiner evangelischen Kirche immer treu verbunden war, der nie einen Gegensatz zwischen Naturwissenschaft und Religion erkennen konnte. Der aufmüpfige Student, der vom Polytechnikum fliegt und keine Abschlussprüfung machen darf. Der sich dennoch durchbeißt, in Berlin und München Dampflokomotiven konstruiert. Der immer der Maxime folgt, bei seinen Maschinen das Maximum an Leistung bei einem Minimum an Aufwand herauszuholen. Der als Professor ganz tief in die physikalischen Grundlagen der Wärmekraft- und Kältemaschinen hineinblickt, dort für unmöglich gehaltene Zukunftspotenziale entdeckt. Der sein Heureka ausrufen kann, als er das noch heute gültige Prinzip aller Kältemaschinen erfindet: Verdichte ein Gas, kühle es bis zur Verflüssigung, indem du seine Wärme an die Umgebung überträgst, entspanne die Flüssigkeit und zwinge sie zur Verdampfung, indem du ihr Wärme zuführst und dadurch im Kühlraum Kälte erzeugst; halte diesen immerwährenden Kreislauf in Gang, indem du einen Kompressor über einen Motor mit elektrischem Strom versorgst. Der Forscher und Ingenieur, der damit den unstillbaren Hunger der Menschen nach Kälte befriedigen kann. Kälte, die, direkt aus der Natur kommend, so flüchtig war, nicht festgehalten werden konnte, ganz anders als die Wärme. Die Idee und ihre praktische Umsetzung erwiesen sich als so Erfolg versprechend, dass er seinen Professorenposten aufgab und seine eigene "Gesellschaft für Lindes Eismaschinen" gründete. Er machte alle, die darauf angewiesen waren, unabhängig von Natureis aus Teichen und aus Norwegen und ließ sie milde Winter mit Gelassenheit tragen. Die Firma florierte, er wurde ein wohlhabender Mann.

Bild 12. Turbokaltwassersatz für das Kältemittel R12, Baujahr 1974. Motor rot, Turbokompressor blau, Umfüllbehälter blau, Verflüssiger und Verdampfer gelb. Der Verflüssiger (Rundquerschnitt mit Ein- und Austrittsflansch), wird von "Kühlwasser" aus der Leitung durchströmt. Der Verdampfer (ganz unten) erzeugt das "Kaltwasser". Dieser kompakte Maschinen-Apparatesatz dient zur Klimatisierung großer Büro-Gebäude,  Fabriken und Schiffe. Heute wird i.A. das Kältemittel R134a verwendet.

Nach diesem verdichte-verflüssige-entspanne-verdampfe-Prinzip à la Linde laufen heute alle Kältemaschinen (zuallererst freuten sich die bayrischen Bierbrauer darüber): Haushaltskühlschränke, Kühlregale in Supermärkten, Wärmepumpen zur Gebäudeheizung, Industrie-Kälteanlagen, Kfz-Klimaanlagen und die Kaltwassersätze, die als Herz einer Klimaanlage in großen Gebäuden kaltes Wasser erzeugen und damit die Umluft kühlen.

Dann sein zweiter Streich: Die Erfindung der Luftverflüssigung mithilfe einer lange gering geachteten Erscheinung, des Joule-Thomson-Effekts. Druckabsenkung um ein bar senkt die Luft-Temperatur um 1/4 Grad. Wie kann man diesen Effekt verstärken? Linde konnte, und zwar mit Druckerhöhung und ständiger Wiederholung in einem Kreislauf kam er auf minus 195°C, und da war die Luft flüssig. Er brauchte dazu keinen Kälteträger, die Luft machte das allein - mit einem Kompressor, einem Wärmetauscher und einem Drosselventil. Jetzt konnte er sie in ihre Bestandteile zerlegen durch fraktionierte Destillation...und öffnete ein Füllhorn von nützlichen Anwendungen von der Medizin bis zur Raumfahrt und ganz nebenbei bot er Fritz Haber mit dem so gewonnenen Stickstoff die Möglichkeit, mit künstlicher Düngung die Hälfte der Menschheit vor dem Hungertod zu bewahren.

Seine Verdienste waren unübersehbar, als Wissenschaftler, Erfinder, Firmengründer, der wesentlichen Anteil an der Industrialisierung Deutschlands hatte. Der bayrische Prinzregent zeichnete ihn 1897 mit dem Verdienstorden der Bayerischen Krone aus - ob Carl Linde von seinen Mitmenschen jetzt verlangte, ihn mit dem ihm zustehenden Titel "Carl Ritter von Linde" anzureden, ist nicht überliefert und eher unwahrscheinlich. Dass er ihn benutzte, wenn er öffentliche Vorhaben durchsetzten wollte, ist dagegen eher anzunehmen.

Er war kein nur auf seinen eigenen Vorteil bedachter Kapitalist und verbissen in splendid isolation arbeitender Firmenboss, der nur die Mehrung seines Gewinns im Auge hatte und dafür 16 Stunden am Tag schuftete. Nein, er pflegte ein intensives Familienleben mit seinen sechs Kindern und deren zahlreichen Familienmitgliedern. Er machte ausgedehnte Fahrradtouren und Bergwanderungen und schweißtreibende Gipfelbesteigungen, verliebte sich in die Berchtesgadener Bergwelt, kaufte spontan Grundstücke, bebaute sie mit Gästehäusern, legte einen der schönsten Wanderwege in den Alpen an. Das Nazi-Verbrecherkartell, allen voran Martin Bormann, verwehrte Richard Linde den Zugang zu den Grundstücken und zwang ihn mit erpresserischen Methoden zu verkaufen - für einen Appel und ein Ei.

Dem evangelischen Christen blieb in seiner "zweiten Heimat" nicht verborgen, dass vor mehr als 250 Jahren die Protestanten unter schlimmsten Bedingungen aus Berchtesgaden zur Zwangsemigration getrieben wurden, mit der Folge, dass sie bis in die 1890er Jahre hinein keine Kirche besaßen. Carl von Linde half; er war Organisator und Sponsor - 1899 wurde das Gotteshaus eingeweiht.

Den Natur- und Ingenieurwissenschaften in Deutschland die Geltung und gesellschaftliche Akzeptanz zu verschaffen, weil sie Grundlagen der Volkswirtschaft sind, dafür setzte er sich ein in leitender Funktion beim Verein Deutscher Ingenieure, beim Deutschen Kälteverein, in der Akademie der Wissenschaften und als Gründungsmitglied des Deutschen Museums.

Wo bleibt die öffentliche Ehrung? Aufmüpfiger Pfarrerssohn, Studentenprotestler, Maschinenbauingenieur ohne Diplom, Lokomotivenkonstrukteur, Professor, Thermodynamiker, Kühlmaschinenerfinder, Luftverflüssiger, Firmengründer, Ritterkreuzträger, Naturbursche, Bergsteiger, Hotelbesitzer, Familienvater, Kirchenförderer, Kältepionier, Talenteschmied, Museumsgründer und ein Unternehmen, das heute zu den Weltmarktführern gehört - das Märchen vom langweiligen Ingenieurberuf, hat er es nicht ad absurdum geführt? Liebe Deutsche Post, wäre da nicht längst eine ehrenvolle Briefmarke fällig?

 

Bildnachweis.

Bild1: Aus: The Linde Group / Unternehmensgeschichte. Bild 2: Aus Wikipedia, Urheber Marcus Vetter, CC-BY-SA 3.0. Bild 3: Aus der Linde-Chronik. Bild 4, 5, 6: Eigene Darstellungen.

Bild 7, 8: Linde-engineering.com/internet.global.lindeengineering.global/de/images/Kryogene Luftzerlegung. Bild 9: Eigene Zeichnung. Bild 10 u. 11: Mit freundlicher Genehmigung der MAN Diesel & Turbo SE, 10/2012. Bild 12: Foto Babcock-Borsig Berlin.

Was kann man mit Kälte alles machen! Ohne Kälte läuft heute gar nichts mehr. Unser Kältepionier ist der Erfinder der künstlichen Kälte. Aber was heißt "künstliche" Kälte? Anstatt das Natureis aus Teichen einen ganzen Sommer lang in tiefen Kellern aufzubewahren oder gar die Nordpolkälte in isolierten Rohrleitungen in warme Länder zu leiten, wandte er "nur" die Naturgesetze folgerichtig an und wurde so zum Pionier der Kältetechnik. Er kehrte die Theorie der Wärmekraftmaschinen um und kam so zur Theorie der Kältemaschinen. Nicht Wärme zuführen und Arbeit gewinnen, sondern Arbeit zuführen und Wärme entziehen (=Kälte erzeugen).

Ohne Kälte keine Kühlschränke, keine Kühlhäuser, keine Klimaanlagen (der Süden der USA könnte als Wohn- und Industriezone nicht genutzt werden), keine Sauerstoff- und Stickstoffgewinnung, keine Teilchenphysik, ohne Tieftemperaturtechnik läuft nichts bei der Quantenforschung (der Quantencomputer läuft nur nahe am absoluten Nullpunkt), der LHC, der größte Teilchenbeschleuniger funktioniert nur bei Tiefsttemperaturen.

Carl von Linde (*1842 Berndorf, Kr. Kulmbach, †1934 München) schreibt in seinen Lebenserinnerungen über den denkwürdigen Tag im Mai 1895: Mit freudiger Spannung sahen wir die Temperatur nach dem von Thomson und Joule angegebenen gesetzmäßigen Verlaufe sinken, auch nachdem die Grenzen weit überschritten waren, innerhalb welcher jene Forscher gearbeitet hatten. Die Rede ist von der Luftverflüssigung, die ihm die Zerlegung in Sauerstoff und Stickstoff ermöglichen und ganz neue Perspektiven in der physikalischen Forschung eröffnen sollte. Allerdings ging die Abkühlung nur sehr langsam vonstatten, und über Nacht ging ein Teil der gewonnenen Kälte wegen unzureichender Isolierung der Versuchsapparate wieder verloren.

Das war der erste Versuch, die Luft zu verflüssigen - mit Hilfe des Joule-Thomson-Effekts.Damit war das Tor aufgestoßen für eine Fülle von Anwendungen in der Physik, Chemie, mechanischen Fertigung, Medizin, Raumfahrt....

Bild 2. So gelang Carl von Linde die Verflüssigung der Luft: 1) Das gesamte System wird mit Druckluft von 20 bar aufgefüllt, 2) der Kompressor verdichtet die Luft auf 200 bar, 3) im Wasserkühler wird auf die Ansaugtemperatur zurückgekühlt, 4) im Gegenstrom-Wärmetauscher (zwei ineinandergesteckte Rohre, spiralig aufgerollt) wird sehr stark gekühlt, 5) im Drosselventil wird isenthalp (bei konstanter Enthalpie) entspannt von 200 auf 20 bar, dabei kommt es durch den Joule-Thomson-Effekt zur Abkühlung (zu Anfang noch nicht zur Verflüssigung), 6) die kältere Luft wird durch den Wärmetauscher geführt und kühlt im Gegenstrom die Luft zum Drosselventil, 7) durch die Entspannung entsteht jetzt noch kältere Luft, die die Luft weiter abkühlt vor der Drossel und am Verdichtereintritt, 8) die Luft hinter der Drossel wird stetig kälter bis bei der isenthalpen Entspannung das Gebiet des Flüssigkeits-Gasgemisches bei -190°C erreicht wird, 9) flüssige Luft von 20 bar und -190°C kann jetzt abgefüllt werden, während die -190°C kalte gasförmige Luft zum Kompressor zurück geführt wird, ergänzt durch neue Druckluft aus der Flasche.

Bild 3. So sieht der thermodynamische Ablauf der Luftverflüssigung im log p-h-Diagramm aus. 1 nach 2: Verdichtung im Kompressor von 20 auf 200 bar, die Luft erhitzt sich von 20 auf 65°C. 2 nach 3: Rückkühlung im Wasserkühler auf Umgebungstemperatur. 3 nach 1´: Durch isenthalpe Entspannung wird nach der Drossel -25°C erreicht, 1´ nach 2´: Die Verdichtungslinie ist jetzt von A nach B verschoben, die Verdichtungsendtemperatur niedriger als 65°C. Nach jedem Kreislauf reduziert die Drosselung und der Gegenstrom-Wärmetauscher die Temperatur vor der Drossel weiter, die Verdichtungslinie rutscht nach C und so weiter, so lange bis beim Drosseln das Gas-/Flüssigkeitsgebiet erreicht wird. Bei 20 bar und -190°C hat die flüssige Luft den Zustand 5´´ und die gasförmige Luft den Zustand 5´.

Die Luftverflüssigung gelingt durch den geheimnisvollen, seit 1852 bekannten Joule-Thomson-Effekt. Den kann man gut beobachten bzw. fühlen, wenn man das Ventil aus dem Fahrradschlauch herauszieht: Der in den Luftstrom gehaltene Finger zeigt deutlich eine Temperatur unter der Umgebungstemperatur an. Die Ursache liegt in der Wechselwirkung der Gasteilchen. Nach der Entspannung wird der Teilchenabstand größer, weil eine bestimmte Gasmenge einen größeren Raum einnimmt. Die sich anziehenden Teilchen müssen jetzt durch Mehrarbeit auf die größeren Abstände gezwungen werden. Die Energie dazu kommt aus der Bewegungsenergie der Gasteilchen, das Gas kühlt ab, die kinetische Energie sinkt.

Bild 4. Eine der ersten Anlagen zur Luftverflüssigung von 1899 (im Deutschen Museum München). Rechts der Kompressor, in der Mitte der Vorkühler, links der Verflüssiger mit dem Gegenstrom-Wärmetauscher und Drosselventil.

Der schwierige Weg zur künstlichen Kälte. Der große englische Philosoph und Wissenschaftler Francis Bacon schrieb in seiner Naturgeschichte "Sylva Sylvarum" schon im Jahr 1669: Wärme erhält man viel leichter als Kälte. Ein Feuer kann entzündet und leicht aufrechterhalten werden. Der Kälte muss man nachlaufen, auf den Höhen der Berge, in Erdhöhlen, tiefen Kellern, oder man muss auf sie warten, bis sie da ist, auch dann lässt sie sich nicht halten. Er hatte erkannt, dass der Kälte eine ebenso große Bedeutung wie der Wärme zukommt. Bei Bacon blieb es bei der Feststellung, Linde hat uns gelehrt, wie man durch folgerichtige Anwendung der Naturgesetze zur künstlichen Tieftemperatur-Kälte gelangt. Er hatte den wissenschaftlich arbeitenden Verstand, wie man diesen unnatürlichen Vorgang, unter die Umgebungstemperatur herunterzugehen, bewerkstelligen kann. Kältetechnik ist kein Gebiet der Versuchskünstler, hier musste die physikalische Forschung der praktischen Verwirklichung den Weg weisen. In Carl Linde war beides, Theorie und Praxis, in einer Person vereinigt.

Sein Weg verlief in fünf logisch aufeinander folgenden Etappen: Am Anfang war die wissenschaftliche Forschung in der Thermodynamik. Die daraus entspringenden Ideen der Anwendung dieser Erkenntnisse bedurften erfinderischer Gaben, um sie in die Tat umzusetzen. Diese drei Voraussetzungen sind notwendig, aber hinreichend wird die Sache erst dann, wenn die Fähigkeit zu wirtschaftlichem Denken und die Kunst der Menschenführung hinzukommen. Die Vereinigung aller dieser Eigenschaften garantierte Carl Linde den weltweiten Erfolg auf dem Gebiet der künstlichen Kälte. So wuchs aus dem scheinbar unbedeutenden und bisher kaum zur Kenntnis genommenen Joule-Thomson-Effekt die mächtige Industrie der Gasverflüssigung und Zerlegung von Gasgemischen - das Lebenswerk Lindes.

Von der Wärme in die Kälte. Was ist Wärme, was ist Kälte? Die Physilker haben eine willkürliche Grenze bei der Temperatur des gefrierenden Wassers von 0 °C gesetzt, was ja durchaus dem "Empfinden" entspricht. Aber das ist genau genommen eine Temperaturgrenze, die unsere Celsius-Temperaturskala in "Kälte- und Wärmegrade" aufteilt. Eigentlich gibt es gar keine Kältegrade. Der absolute Nullpunkt der Temperatur liegt bei 0 °K (Grad Kelvin), und der liegt, in Celsius ausgedrückt, bei -273,15 °C. Oberhalb von 0 °K beginnen schon die Wärmegrade, so dass -272,15 °K schon 1 Grad Wärme ist.

Wie entsteht Kälte im täglichen Leben? Zwei Beispiele mögen es verdeutlichen. Eine Weinflasche wird in einen Behälter mit Eistückchen gestellt. Das Eis muss schmelzen, da seine Umgebung wärmer ist als 0 °C. Die zum Schmelzen erforderliche Wärme entzieht es dem Inhalt der Weinflasche. Der Wein, der vorher 20 °C hatte, gibt Wärme an das Eis ab und wird selbst kälter. Oder wir umwickeln die Weinflasche mit einem feuchten Tuch. Obwohl der Wein und das Tuch dieselbe Temperatur haben, verdunstet (verdampft) das Wasser im Tuch und entzieht dem Wein die zum Verdunsten erforderliche Wärme, der Wein wird kälter (das war die alte Methode, als es noch keine Kühlschränke gab). Auch dem Raum im Kühlschrank wird Wärme entzogen. Es ist also nicht so, dass Kälte (es gibt ja gar keine Kälte!) in den Kühlraum transportiert wird, sondern ihm wird durch Verdampfen des umlaufenden Kältemittels Wärme entzogen, wodurch der Inhalt gekühlt wird.

Bild 5. So funktioniert die Kälteerzeugung nach dem System Linde: Die Thermodynamik im Druck-Enthalpie-Diagramm. Das umlaufende Kältemittel war Methyläther, später Ammoniak, Schwefeldioxid oder Kohlendioxid. 1 nach 2 Verdichtung, 2 nach 3 Verflüssigung (Wärmeabgabe in die Umgebung), 3 nach 4 Drosselung (Drucksenkung), 4 nach 1 Verdampfung (Wärmeentzug im Kühlraum). Genau so arbeitet noch heute ein moderner Kühlschrank, allerdings mit anderen Kältemitteln.

Bild 6. Das Schaltschema der Linde-Kältemaschine. Kälte ist die Abwesenheit von Wärme, und die wird erreicht durch vier Komponenten: Kompressor, Verflüssiger, Drossel, Verdampfer. Vor und hinter dem Drosselventil ist das Kältemittel flüssig, daher tritt hier kein Joule-Thomson-Effekt auf (den gibt es nur bei Gasen). In den Rohrschlangen des Verdampfers, die im gekühlten Raum liegen, muss es verdampfen, weil die Umgebung hier wärmer ist. Dadurch wird dem Kühlgut Wärme entzogen. Verdampfungswärme plus mechanische Arbeit des Kompressors = in die Umgebung abgeführte Wärme.

Die ersten Pioniere künstlicher Kälte waren William Cullen in 1748, Alexander Twinning in 1834 und Ferdinand Carré in 1859. Diese Kühlverfahren waren noch recht vorsintflutlich und nicht effizient, weil sie jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrten. Carl Linde stellte fest, dass keine Methode mehr als ein Fünftel der naturgesetztlichen Höchstleistung lieferte. Er war es, der es sich auf die Fahne geschrieben hatte, das Verhältnis von Kühlleistung zum Energieaufwand zu maximieren. Sein Verfahren der stetigen Verdampfung, Verdichtung, Verflüssigung in einem Kreisprozess, der damit Wärme aus einem Raum entnahm und unter Einspeisung von mechanischer Energie in einen anderen Raum ablieferte, ergab zum ersten Mal die Möglichkeit, künstliche Kälte industrietauglich und ökonomisch herzustellen.

Vom Natureis zum Kunsteis. Wie kühlten früher die Menschen ihre Lebensmittel und Getränke? Mit Natureis. Schon Kaiser Nero ließ sich Schnee aus den Alpen nach Rom transportieren, und die orientalischen Sultane ließen sich Natureis aus dem Norden bringen. Ab 1805 begannen die Amerikaner einen schwunghaften Handel mit Natureis aus den nördlichen Bundesstaaten. Sie lieferten es in den Süden, bauten in New Orleans ein Eislagerhaus, dehnten ihre Lieferungen in die Karibik und bis nach Rio de Janeiro aus. In Maine, bekannt durch strenge Winter, gab es noch um 1880 50 Eishäuser und am Hudson River 135. In Europa war der norwegische Eishandel berühmt, sie lieferten das Eis auf Schiffen durch den Suezkanal bis nach Südafrika und Ostindien. Schlimm wurde es, wenn die Winter milde waren. So kam es, dass langsam aber sicher das Kunsteis das Natureis verdrängte.

Von der Theorie zur Praxis. Am Anfang ging´s ums Bier. Die Theorie war klar, das System funktionierte auf dem Papier. Wie setzte nun Linde seine Erkenntnisse in die Praxis um? Er machte sich als erstes daran, Kühlräume für Lebensmittel und Getränke zu realisieren. Das sollte nicht mehr mit eingelagerten Eisblöcken geschehen, sondern mit seiner neu konzipierten Kältemaschine. Und da kamen ihm die bayrischen Bierbrauer entgegen, allen voran Gabriel Sedlmayr, der Chef der Münchner Spatenbrauerei. Es war also der Bierdurst der Bayern, der der neuzeitlichen Kältetechnik zum Durchbruch verhalf. Sedlmayr erlaubte Linde, 1873 in seiner Brauerei die allererste Versuchsmaschine aufzustellen, obwohl ihm klargemacht wurde, dass er mit einem längeren Versuchsstadium rechnen müsse, so wie es bei jedem Prototyp der Fall ist. Das Gerät wurde in der Augsburger Maschinenfabrik (jetzt MAN) hergestellt. Systematisch ging Linde daran, Schritt für Schritt seine Pläne in die Tat umzusetzen. Die Verflüssigung des Kältemittels Methyläther gelang mit Wasserdurchfluss. Die dem Verdampferraum entzogene Wärme benutzte er zur Kühlung von Sole, das ist eine Wasser-Salz-Lösung, die er in ein im großen Kühlraum installiertes Rohrsystem pumpte, das die Kühlraumluft auf die für die Bierkühlung notwendige Temperatur absenkte. Die erwärmte Sole verließ den Kühlraum, um dann im Verdampfer wieder heruntergekühlt zu werden. En Hoch auf die bayrischen Bierbrauer, die zum Motor des Fortschritts in der Kältetechnik wurden!

Bild 7. Kühlraumtechnologie made by Linde, schematisch. Das Kältemittel entzieht der Sole im Verdampfer Wärme. Die kalte Sole strömt durch die Rohre und kühlt dadurch die Luft im Kühlraum, dessen Wände gut isoliert sind. Die Kältemittelverflüssigung wird mit Wasser erreicht, das durch den Kondensator fließt.

Bild 8. 1877 erhielt Carl Linde vom Kaiserlichen Patentamt Berlin das Patent auf seine "Kälteerzeugungsmaschine".

Es war nur natürlich, dass erst wenige Bierbrauer auf Lindes künstliche Kälte umsteigen wollten. Einige waren sogar strikt dagegen: Wir vertrauen unser lagerndes Bier doch nicht ihrer Maschine an, deren Versagen für uns eine Katastrophe bedeuten würde! Sie blieben beim Natureis, aber nur bis zum nächsten milden Winter. Dann kamen sie wieder zu ihm: Kannst du uns nicht künstliches Eis herstellen? Und er konnte.

Es gab schon eine sehr aufwändige Methode der Herstellung von Kunsteis - in Blechkästen mit Gefrierzellen, die einen Zellenwagen, einen Kran und sehr viel Handarbeit erforderte; eine wirtschaftliche Produktion größerer Mengen war nicht möglich. Die Eisblöcke waren trüb, undurchsichtig und bröckelig infolge der eingeschlossenen Luft. Restaurants verlangten nach Klareis als kühlende Beigabe zu Getränken. Linde baute eine erste Apparatur, die erstmalig Klareis nahezu vollautomatisch erzeugte.

Bild 9. Lindes Klareisapparat von 1877 - einfach, genial, aus Holz. Diese Geräte arbeiteten viele Jahre zufriedenstellend. Vereinfachte Schema-Darstellung.

Der Verdampfer der Kältemaschine befindet sich in einer mit kalter Sole gefüllten Trommel, die sich in einem darunter liegenden halbrunden, mit Brunnenwasser gefüllten Gefäß dreht. Nach außen offene Taschen sind radial in die Trommel eingebaut. Bei der langsamen Drehung tauchen die Taschen abwechselnd in das Brunnenwasser ein, wodurch sich in den Taschen langsam eine Eisschicht aufbaut. Luftbläschen, werden beim Heraustreten aus dem Wasser weggeschwemmt, so dass sauberes Klareis entsteht.

Linde erfand bald danach ein einfacheres, wirtschaftlicheres Verfahren zur Klareiserzeugung. Das war ein Rüttelwerk, bei dem lange Stahllamellen in neben- und hintereinander angeordnete Eiszellen in einem viereckigen Bottich eintauchen und durch Rütteln die Luftblasen zum Hochsteigen und Ausscheiden zwingen. Carl Linde ruhte sich also überhaupt nicht auf einmal errungenen Lorbeeren aus.

Ab 1879 war Linde nun sein eigener Fabrikherr in der Firma "Lindes Eismaschinen" in Wiesbaden. Als der Winter 1883/84 so mild war, dass kein Natureis geerntet werden konnte, brach eine wahre Auftragsflut über die junge Firma herein. Er hatte aber schon in weiser Voraussicht vorgesorgt, hatte von verschiedenen Maschinengrößen und Rohrleitungen einen beträchtlichen Vorrat angelegt und konnte so Hunderte von Kilometern Solerohre in den Labyrinthen der Brauereien verlegen. Die durstige Menschheit war wieder einmal gerettet. Bis zum Ende der 1880er Jahre rüstete die Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen 445 Brauereien mit 747 Kältemaschinen aus. Dank ganzjährig gesicherter Kühlung konnten die Brauereien nun auch im Sommer untergäriges Bier brauen und somit ihre Wirtschaftlichkeit deutlich steigern.

Lindes Kältemaschinen - und viele, viele Anwendungen. Die erste eigene Eisfabrik baute Linde in Elberfeld-Barmen für zwei Brauereien, die sich verpflichtet hatten, größere Mengen des künstlich erzeugten Eises abzunehmen. Bis 1881 eröffnete die Linde-Gesellschaft weitere Eiswerke in Paris, Stuttgart, München und Straßburg. Jede stellte täglich bis zu 50 t Eis her – und zwar zum ausgesprochen wettbewerbsfähigen Preis von 70 Pfennig je 100 Kilogramm. Nach 1896 baute die Firma Eiswerke und Kühlhäuser in Nürnberg (1896), Leipzig (1910), Königsberg (1914) und Magdeburg (1937). Mit dem gesetzlich initiierten Aufbau von kommunalen Schlachthöfen während des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts entstand auch zunehmender Bedarf an Kühlhäusern für die Lagerung von Fleisch und anderen Lebensmitteln – ein weiterer Absatzimpuls für Kältemaschinen. Die erste Fleischkühlanlage entstand 1882 in Bremen, wobei Linde als Berater eingeschaltet wurde. Ein Jahr später rüstete er das städtische Schlachthaus in Wiesbaden aus und löste dabei die komplexe Aufgabe, nicht nur die Kälte zu erzeugen, sondern gleichzeitig die Luft zu trocknen und zu reinigen. Als dann zu Beginn der 1890er Jahre infolge geänderter Gesetzgebung fast alle größeren Gemeinden in Deutschland ihre Schlachthöfe mit Kühlräumen ausstatteten und Kühlhäuser bauten, entwickelte sich dieser Bereich neben den Brauereien rasch zum zweitgrößten Markt für Kälteanlagen. Die Arbeitsweise der Gefrierräume ist grundsätzlich überall dieselbe: Man treibt mittels Ventilatoren einen kräftigen, durch Sole gekühlten Luftstrom hindurch. Der aus den Räumen zurück fließenden, erwärmten Sole wird im Verdampfer wieder die Wärme entzogen, und sie kann nun wiederum die umlaufende Luft zurück kühlen.

Die Linde´sche Kältetechnik wurde nun auch für die Milchkühlung verwendet. Kältemaschinen wurden nun auch in Eisenbahnen, Lastkraftwagen und Schiffe eingebaut; so konnten die Waren während des längeren Transports frisch gehalten werden. Für diverse Industriezweige erlangte die Kältetechnik eine außerordentliche Bedeutung: In der Gummifabrikation, in Färbereien, in der Tabakindustrie, Lederverarbeitung, Schokoladenherstellung, Herstellung von Fotofilmen. In der chemischen Industrie dienen Kältemaschinen zur Gaskühlung und Gastrocknung. Zuckerfabriken, Baumwollspinnereien, Seifen- und Parfümerie-Industrien sind auf Kühlanlagen angewiesen.

Die Kältetechnik ermöglichte jetzt auch das Anlegen von Schächten in sumpfiger Erde. Man treibt mehrere kreisförmig angeordnete Rohre, die je aus zwei ineinandergeschobenen Rohren bestehen in den schlammigen Untergrund, führt durch das engere Rohr kalte Sole ein und lässt sie im Ringquerschnitt zwischen den Rohren wieder aufsteigen. Dadurch gefriert der Sumpf in der Umgebung bis die Eissäulen zusammenwachsen und einen großen Eisschacht bilden, aus dem das feuchte Erdreich entfernt werden kann. Der Schacht kann jetzt ausgemauert und danach der Kältemaschinenbetrieb eingestellt werden. So können Schächte von mehreren hundert Metern Tiefe ausgehoben oder U-Bahn-Tunnel angelegt oder Gebäudefundamente erstellt werden.

Es lag natürlich auf der Hand, die neue Technik für die allgemeine Klimatisierung von Wohn- und Arbeitsräumen zu nutzen. Es zeichnete sich ab, dass die neue Kältetechnik in den Warmgebieten der Erde ähnlich wirken könne wie die Heiztechnik in den Kaltgebieten. Es kam auch so. Linde wunderte sich jedoch, dass in Europa zu seiner Zeit keine Anstalten gemacht wurden, Klimaanlagen z.B. in Krankenhäusern oder Fabriken einzuführen. Die Ursache mag neben der Kostspieligkeit darin gelegen haben, dass die unbedingte Notwendigkeit nicht eingesehen wurde.

Winterkälte künstlich erzeugen - damit ließen sich nun auch Eisbahnen bauen, die auch im Sommer für den Eissport geöffnet wären. Die erste Eisfläche wurde tatsächlich schon 1882 in Frankfurt/M. durch Lindes Gesellschaft aufgebaut, 1896 folgte die zweite in Bayern. Ein enges Rohrsystem wird über einer Isolierschicht gegenüber dem Boden verlegt. Entweder wird die tiefgekühlte Sole durch die Rohre geleitet oder man bringt das Kältemittel in den Windungen direkt zum Verdampfen, damit es der Umgebung die Wärme entzieht. Dann besprüht man die Rohre mit Wasser, bis sie schließlich ganz in Eis eingebettet sind und eine vollkommen glatte Oberfläche bilden. Eine wunderbare Sache zum schwungvollen Eislaufen! Die Wärmeabstrahlung muss durch weiteren Wärmeentzug ausgeglichen werden.

Lindes Arbeitsmethode. In großer Klugheit dachte Linde niemals daran, die Maschinen und Wärmetauscher in den eigenen Werkstätten herzustellen. Seine Firma war (und ist) ein Ingenieurbüro, das sämtliche Anlagen entwarf, berechnete und konstruierte und die Einzelteile an Maschinenfabriken als Auftrag vergab, z.B. an Winterthur (später Sulzer) und Augsburg (später MAN). Dabei kamen nur Firmen infrage, die eine gleichmäßige Qualität der Geräte sicherstellten. Den Aufbau der Anlage, den Probelauf und die Inbetriebsetzung führte dann die Firma Linde durch. In technischer und wirtschaftlicher Hinsicht hatte das Unternehmen auf diese Weise großen Erfolg. Sein eherner Grundsatz war die genaue Vertrags- und Garantieerfüllung in absoluter Zuverlässigkeit, die keiner großen Reklame bedurfte, sondern durch die gelieferte Qualität ein Selbstläufer wurde.

Lindes große Erfindung: Flüssige Luft. Noch im 17. Jahrhundert glaubten die Menschen, dass nichts in der Luft sei. Daher die Bezeichnung "Gas" vom Griechischen "Chaos", d.h. der leere Raum. Erst allmählich begriff man, dass dieses "Gas" Materie ist, die verschiedene Aggregatzustände annehmen kann und dass der gasförmige Zustand nichts Unabänderliches ist. Es gelang einigen Forschern, wie Cailletet, Pictet und Olzsewski Luft zu verflüssigen mit zwei verschiedenen Tricks, sehr hohe Drücke oder stufenweise Hintereinanderschaltung von verschiedenen Kälteträgern. Sie erzeugten nur kleinste Mengen und völlig unrationell. Hier hatte nun Linde eine grundlegend andere Idee: Luft selbst als Kälteträger benutzen ohne andere Kältemittel einzuschalten. Bisher hatte er mit seinen Kältemaschinen verhältnismäßig geringe Kältegrade erreicht, die für Getränke- und Lebensmittelkühlung ausreichten. Aber rund minus 190°C ?

Das ging mit der bisherigen Methode nicht. Er schaute sich den geheimnisvollen Joule-Thomson-Effekt noch mal genauer an. Wenn man den Druck eines Gases um 1 bar absenkt, kommt es zu einer Abkühlung um 1/4 °C. das ist so wenig, dass die Wissenschaftler bisher an dieser Beobachtung achtlos vorüber gegangen waren. Aber kann man diese Abkühlung vergrößern? "Yes, we can", fand Linde heraus. Wenn der Kompressor die Luft von 1 bar auf 5 bar verdichtet und im Drosselventil von 5 bar auf 1 bar entspannt wird, kommt es zu einer Abkühlung von 1 °C. Wenn von 5 auf 25 bar verdichtet und anschließend von 25 auf 5 bar entspannt wird, beträgt die Abkühlung 5°C, weil die Druckabsenkung 20 bar beträgt. Verdichtet man von 25 auf 125 bar und entspannt dann wieder auf 25 bar, beträgt die Abkühlung schon 25°C, nämlich 1/4 °C pro bar Druckabsenkung. In allen Fällen macht der Kompressor aber dieselbe spezifische Arbeit erforderlich, weil er immer dasselbe Druckverhältnis erbringen muss. Senkt man die Anfangstemperatur, kommt es zu einer weiteren Entspannungsabkühlung.

Bild 10. Der Gegenstrom-Wärmetauscher: Ein 100m langes Rohr umgibt ein zweites Rohr kleineren Durchmessers. Er brachte die Luftverflüssigung zustande.

Das müsste doch der richtige Weg sein! Man müsste also die erste Abkühlung dazu nutzen, erstmal die vom Kompressor angesaugte Luft abzukühlen. Dazu erfand er einen Wärmetauscher, der im Gegenstrom arbeitet, bestehend aus zwei ineinandergeschachtelten Rohren, in dem die dem Kompressor zugeführte Luft bei jedem Umlauf weiter abgesenkt wurde und damit die Endtemperatur hinter dem Drosselventil. Dieses Doppelrohr war, spiralig aufgewickelt, 100 m lang! Auf diese Weise schaukelte sich die Luft zu immer tieferen Temperaturen hinab bis die Verfüssigung bei ca. -190°C erreicht war. Die weitere Kältewirkung führte jetzt zu einem kontinuierlichen Strom einer schönen, bläulich gefärbten Flüssigkeit, die sich mit einer stündlichen Ausbeute von 3 Litern in einen Blecheimer ergoss, wie er selbst schreibt. Zum ersten Mal war in solcher Größenordnung Luft mit solch einfachen Hilfsmitteln verflüssigt worden. Spätere Maschinen waren dann natürlich sehr viel leistungsfähiger. Linde blieb nicht auf dem einmal Erreichten stehen.

Bild 11. Gegenstand seines neuen Patentes von 1895: "Verfahren zur Verflüssigung atmosphärischer Luft oder anderer Gase".

Der unbedeutende Joule-Thomson-Effekt erschien in seiner Steigerung den Fachleuten so unwahrscheinlich, dass sie erst nach der Vollziehung daran glaubten. Linde führte die Versuche dem Kaiser und dem Reichskanzler in der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg vor und erhielt spontan einen Orden. Die Öffentlichkeit nahm wenig Notiz von den Luftverflüssigungsversuchen, das Gebiet der Kältetechnik war zu uninterressant. Was war nun die Nutzanwendung? Linde schrieb dazu: Es ist die Aufgabe des Naturwissenschaftlers, ohne Rücksicht auf Nutzanwendungen zu arbeiten. Der Ingenieur hat die Aufgabe, möglichst vielseitige Nutzanwendungen der Forschungsergebnisse auf den Weg zu bringen. Als wilde Spekulationen ins Kraut schossen, stellte er bescheiden klar, dass für ihn nur drei Anwendungen gelten: 1) Alle Labors können nun mit kleinen Luftverflüssigungsanlagen im Gebiet von minus 200°C experimentieren. 2) Die Zerlegung der verflüssigten Gasgemische bei der Wiederverdampfung in ihre Bestandteile. 3) Die Herstellung von Sprengstoff durch Mischung flüssiger Luft mit oxidierbaren Stoffen.

Er wurde von Prinzregent Luitpold von Bayern 1897 mit dem Verdienstorden der Bayerischen Krone ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den persönlichen Adelsstand erhoben. Er durfte sich jetzt Carl Ritter von Linde nennen.

Die Physiker und Chemiker haben also jetzt ein völlig neues Medium, mit dem sie bisher ungeahnte Grundlagenforschung betreiben können. Was aber hat die Luftverflüssigung für die Volkswirtschaft gebracht? Die besondere Bedeutung liegt in der Gewinnung von Sauerstoff und Stickstoff durch die Wiederverdampfung der neuen Flüssigkeit. Erst verflüssigen und dann wiederverdampfen? Ja, erst durch die Zerlegung in ihre Hauptbestandteile Sauerstoff und Stickstoff, die durch Verdampfen ermöglicht wird, ist die Luft zu einem überaus wertvollen Rohstoff geworden.

 

Bild 12. Die Zusammensetzung der Luft: Drei Hauptelemente O2, N2, Ar machen 99,96% aus, der Rest sind 20 Spurengase.

Bild 13. Schöne Briefmarken der archaischen Elemente, so wie die alten Griechen, unsere kulturellen Ahnen, sich die Welt vorstellten.

Luft ist das Gasgemisch der Erdatmosphäre und eines der archaischen Elemente der Vier-Elemente-Lehre der alten Griechen: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Die Ingenieurkunst des Carl von Linde hat uns Schätze aus der Atmosphäre erschlossen, ohne die die rasant gestiegene Weltbevölkerung heute nicht mehr auskommen könnte. Der Stickstoff aus der Luft, der Wasserstoff aus dem Wasser - beide Elemente in der Ammoniaksynthese des Fritz Haber vereint, hat als Kunstdünger das Überleben der Menschheit gesichert. Und der Sauerstoff für viele Fertigungsverfahren und für den Raketenantrieb ist unerlässlich.

Bild 14. Das Prinzip der fraktionierten Destillation am Beispiel eines flüssigen Wasser-Alkohol-Gemischs. Die Erwärmung des Gemischs bis zum Siedepunkt des Alkohols von 78°C treibt den jetzt dampfförmigen Alkohol aus, und er kann durch Kühlung mit Wasser im Gegenstrom wieder verflüssigt werden. Das Wasser würde erst bei weiterer Erwärmung auf 100°C verdampfen.

Bild 15. Die Luftzerlegeung im großindustriellen Maßstab. Die flüssige Luft wird mit einer Temperatur von 20°K (-253°C) in die Rektifikationskolonne (hintereinander geschaltete Destillationsstufen) geleitet. Von oben nach unten werden getrennt: Ne (bei 28°K), N2 (77°K), Ar (87°K), O2 (90°K), Kr (120°K), Xe (165°K), CO2 (196°K).

Die fraktionierte Destillation. Um großindustriellen Nutzen zu bringen, wird die verflüssigte Luft bis zum Siedepunkt eines Bestandteils (einer "Fraktion") wieder erhitzt. Stickstoff siedet bei -196°C, Sauerstoff bei -183°C. Wird nun flüssige Luft von -200°C erwärmt bis -196°C, kommt es zur Verdampfung des Stickstoffs allein, der dampfförmig abgeführt und wenn gewünscht wieder verflüssigt werden kann. Der Sauerstoff bleibt übrig. Das Verfahren ist sehr viel ausgefeilter als bei der einfachen Wasser-Alkohol-Trennung. Die Rektifikation in einer großen Kolonne ist ein thermisches Trennverfahren durch Hintereinanderschaltung vieler Destillationsschritte. Die Vorteile der Rektifikation: Kontinuierlicher Betrieb, höherer Trenneffekt, günstigere Energieausbeute im Vergleich zur Destillation.

Linde hat mit der Luftverflüssigung und Zerlegung in ihre Bestandteile ein Tor für unzählige Anwendungen aufgestoßen. Und das mit einem Rohstoff, der nichts kostet, der unbegrenzt zur Verfügung steht, in den "nur" die entsprechende Energie hineingesteckt werden muss, um das Verfahren in Gang zu bringen. Hierbei wird schon deutlich, dass es auf die Kosten dieser Energie ankommt, dass die eingesetzten Wärmetauscher und Kompressoren Geräte sein müssen, die die höchstmöglichen Wirkungsgrade erzielen, d.h. je Einheit der aufgewandten Energie ein Höchstmaß an Masseneinheit erzeugten Sauerstoffs oder Stickstoffs erbringen müssen. Diese Zielstellung war bei Linde in besten Händen. Wir erinnern uns, dass er schon als junger Mann während seiner Tätigkeit bei der Lokomotivfirma Krauß diesem Grundsatz folgte: Das Bestmögliche aus der Leistung im Verhältnis zum Aufwand herauszuholen, das nennt man auch Effizienz oder Wirkungsgrad.

Wozu dienen nun die Linde´schen "Schätze der Atmosphäre"? Der Sauerstoff. Er wird für industrielle Fertigungsverfahren, Verbrennungs-, Oxidations- und Heizprozesse, in der Medizin, in der  Luft- und Raumfahrt und in der Lebensmitteltechnik verwendet.

Reiner Sauerstoff oder sauerstoffangereicherte Luft dient bei der Herstellung von Roheisen und Stahl, sowie bei der Kupfer-Raffination zum Erreichen hoher Temperaturen und zum Frischen des Rohstahls, d. h. zum Entfernen unerwünschter Beimengungen hauptsächlich von Kohlenstoff. In chemischen Prozessen wird Sauerstoff zur Oxidation von verschiedenen Grundstoffen, z.B. von Ethylen und bei der Oxidation von Schweröl und Kohle verwendet. Benötigt wird Sauerstoff außerdem zur Erzeugung von Wasserstoff- und Synthesegas und zur Herstellung von Schwefel- und Salpetersäure. Weitere durch Oxidation mit Sauerstoff erzeugte wichtige Produkte sind Acetylen, Essigsäure und Chlor. Verschiedene Brenngase, z.B. Azetylen erzielen erst durch Mischen mit Sauerstoff ausreichend heiße und rußfreie Flammen zum Schweißen und Hartlöten oder Erschmelzen und Formbarmachen von Glas. Beim autogenen Schweißen werden die zu verbindenden Flächen durch örtliche Erhitzung zum Schmelzen gebracht und abschmelzendes Drahtmaterial zwischen die Flächen gegossen. Beim Brennschneiden von Eisen und Stahl  verbrennt das Eisen unter Sauerstoffeinwirkung so vehement, dass die benachbarten Teile von bis zu 60 cm Materialstärke sofort durch einen sauberen, scharfen Schnitt getrennt werden. Nach Aufheizen und Zünden erfolgt auch das Schneiden von Beton mit einer Sauerstofflanze. Sauerstoff dient auch als Oxidationsmittel in Brennstoffzellen und in der Halbleitertechnik. In der Raketentechnik wird flüssiger Sauerstoff als Oxidationsmittel verwendet, mit Wasserstoff in der Brennkammer vereinigt, verbrannt, und erzeugt durch Ausstoß unter hoher Geschwindigkeit den Raketenvortrieb. In der Umwelttechnik werden Abwässer durch Einleitung von Sauerstoff schneller durch Bakterien von organischen Schadstoffen und Giften befreit. Sauerstoff ist als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und wird - neben Stickstoff und Kohlendioxid als Treibgas, Packgas, Gas zum Aufschlagen von Sahne  verwendet. Bei Verletzungen der Lunge und bei Herzkrankheiten kann der Sauerstoffmangel in den Schlagadern und im Gewebe zu Schädigungen lebenswichtiger Organe führen. Daher wird Patienten in der Notfallmedizin häufig zusätzlicher Sauerstoff verabreicht. Bei künstlich beatmeten Patienten wird der Sauerstoff im Beatmungsgerät zugemischt. Patienten mit chronischem Sauerstoffmangel im Blut erhalten eine langfristige und tägliche Zufuhr von Sauerstoff, wodurch sich die Lebensqualität und die Überlebensdauer verbessert (Sauerstoff-Langzeittherapie). Die Atemmasken, die im Notfall über den Köpfen der Flugpassagiere herausfallen, werden mit Sauerstoffgas gespeist. Es regt zum Nachdenken an, dass der Sauerstoff durch tiefste Temperaturen aus der Luft gewonnen wird, und andererseits dazu dient, höchste Temperaturen zu erzeugen. Ist das nicht eine ausgleichende Gerechtigkeit in der Naturwissenschaft?

Der Stickstoff. Die Ammoniaksynthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren ist die wichtigste Verwendung von Stickstoff und die Grundlage für künstlich hergestellten Stickstoffdünger, der für die Ernährung der Hälfte der Weltbevölkerung unerlässlich ist. Fritz Haber bekam dafür 1919 den Nobelpreis für Chemie. Heute werden 100 Millionen Tonnen Stickstoffdünger nach seinem Verfahren hergestellt. 1 Teil Stickstoff aus der Luft und 3 Teile Wasserstoff aus Methan ergeben 2 Teile Ammoniak; das Ganze in einem Reaktor bei 450°C und 300 bar Druck.

Sprengstoffe sind meistens Nitro-Verbindungen, d.h. NO2-Gruppen sind mit einem Kohlenstoffatom eines organischen Restes verbunden. Die Sauerstoffatome der Nitro-Verbindung können bei ausreichender Anregung mit den Kohlenstoff im selben Molekül exotherm (d.h. unter Wärmeabgabe) reagieren und somit aus dem Feststoff oder der Flüssigkeit, z.B. Nitroglycerin plötzlich ein Gas hoher Temperatur entstehen lassen, das sich mit großer Gewalt ausdehnt. Lindes entwickelter Sprengstoff "Oxyliquit" wirkte ähnlich wie Dynamit und wurde versuchsweise beim Bau des Simplontunnels 1899 verwendet, später auch im Bergbau. Stickstoff wird auch zur Füllung von Flugzeugreifen großer Flugzeuge verwendet. Der Stickstoff verhindert, dass Flugzeugreifen durch die große Hitzeentwicklung beim Aufsetzen während der Landung in Brand geraten können. Flüssiger Stickstoff wird als Kälteträger in der Kryotechnik eingesetzt. Da er verdampft, entzieht er dabei dem Kühlgut seine Verdampfungswärme und hält die Verdampfungstemperatur konstant bis er verdampft ist. Flüssiger Stickstoff wird auch dazu verwendet, bei sog. Hochtemperatursupraleitern den supraleitenden Zustand zu erzeugen. Bei diesem Zustand hat das Material unterhalb der sog. Sprungtemperatur keinen elektrischen Widerstand mehr und führt zu enormen Einsparungen an elektrischer Energie. Die höchste derzeitige Sprungtemperatur weist ein Kupferoxid-Material auf, sie beträgt 138°K = -135°C. Supraleitende Spulen und Kabel werden beim LHC des CERN in Genf verwendet. Flüssiger Stickstoff wird auch zur Lagerung biologischer und medizinischer Proben eingesetzt. Wie bereits oben beschrieben, wird flüssiger Stickstoff zur Bodenvereisung eingesetzt. Das ist ein Tiefbauverfahren, bei dem das Erdreich durch künstliches Gefrieren des Bodenwassers wasserundurchlässig gemacht wird. Der entstehende Frostkörper verleiht der Baugrube Stabilität und schützt sie vor Wasserzutritt bis diese Funktionen vom Bauwerk selbst übernommen werden können. So wird z.B. die Baugrube des eingestürzten Kölner historischen Archivs mit flüssigem Stickstoff vereist, der in einem großen Tank an der Baustelle aufbewahrt wird. Im Maschinenbau wird flüssiger Stickstoff dazu benutzt, Wellen mit Radscheiben zu verbinden. Dazu wird die Scheibe auf die tiefgekühlte (im Durchmesser geschrumpfte) Welle aufgeschoben; bei Temperaturausgleich entsteht dann ein Presssitz von vorherberechneter Stärke.

Das Edelgas Argon. 2 Milliarden Kubikmeter Argon, die pro Jahr ausschließlich durch Luftverflüssigung gewonnenen werden, benutzt man zum größten Teil als Schutzgas, weil es nur sehr schwer mit anderen Elementen reagiert: Beim Schweißen von hochlegierten Stählen, Titan, Wolfram und Aluminium und bei der Produktion von bestimmten Stahllegierungen, Titan und hochreinem Silizium. In elektronischen und elektrischen Anlagen wird es wegen seiner erstickenden Wirkung als Löschmittel eingesetzt, weiterhin als Schutzgas in der Gaschromatografie, in Gasentladungslampen und in Argon-Ionenlasern.

Lindes Beitrag zu unserer Lebensgrundlage. Die Verwendung von Medien, die in einem ständigen Kreislauf von Verflüssigung und Verdampfung Kälte schaffen und die Verwendung ausschließlich der Luft als eigenes Tieftemperatur-Kältemittel, das sich in seine Bestandteile aufspaltet - das sind seine beiden großartigen Erfindungen. Carl von Linde hat mit seinen systematischen Grundlagen für Kühlmaschinen und der Erschließung der "Schätze der Atmosphäre" ein unermessliches Neuland aufgetan. Als der wissenschaftlichen Forschung verpflichteter Professor hat er gleichzeitig als Ingenieur in der praktischen Anwendung der Kältetechnik viele Meilensteine gesetzt. Damit hat er einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung des technologisch-industriellen Grundstocks unserer Volkswirtschaft geleistet, von dem wir alle heute noch profitieren. So wie wir in unseren geografischen Breiten nicht ohne Wärme existieren können, so ist es ebenso unvorstellbar, ohne die von ihm erfundene künstliche Kälte zu leben. Ein Leben ohne die aus der Luft gewonnenen wichtigsten Gase Sauerstoff und Stickstoff? Das Überleben der Menschheit ist untrennbar mit beiden, von Lindes unermüdlichem Forschergeist "geschaffenen" Elementen verbunden. Die natürliche Kälte des Winters, des Eises aus dem Norden oder aus großen Höhen ist flüchtig, kann nicht gehalten werden wie etwa die Unterhaltung eines Feuers. Lindes künstliche Kälte - er hat der Natur mit ihren eigenen Naturgesetzen ein Schnippchen geschlagen.

Carl von Linde der Unternehmer. Linde war ein Ideenschmied und wurde sehr erfolgreich als Wissenschaftler, Hochschullehrer, Ingenieur und Unternehmer, der zahlreiche Werke gründete: 1879 Wiesbaden, 1895 British Refrigeration Company, London, 1902 Höllriegelskreuth bei München, 1907 Linde Airproducts Company Cleveland, Ohio; der auch viele Firmen übernahm: 1920 Maschinenfabrik Sürth, 1922 Heylandt Berlin, 1926 Kühlmöbelfabrik Mainz, 1929 Güldner Motorengesellschaft Aschaffenburg.

Linde, der Familienvater. Aus der 53-jährigen Ehe mit Helene Grimm gingen die Kinder Maria, Franziska, Friedrich, Anna, Richard und Elisabeth hervor. Zwei Töchter heirateten evangelische Pfarrer, die zwei Söhne und der Schwiegersohn Rudolf Wucherer übernahmen die Nachfolge in der Geschäftsführung des Unternehmens. Der Familienverband war stark und lebte, wenn immer möglich im engeren Umkreis. Nicht nur der lutherische Glaube, sondern auch die Musik spielte im Leben der Linde-Familie eine wichtige Rolle. So spielte Richard mit seinen fünf Kindern Kammermusik fast wie ein professionelles Ensemble. Carl Linde liebte das Reisen mit seiner Frau nach Holland, England und besonders nach Italien, das ihn immer wieder durch seine Kulturschätze anzog.

Linde, der Naturfreund. Seit seiner Hochzeitsreise 1866 war er von der Schönheit der Berchtesgadener Alpen so begeistert, dass er dort immer wieder seine Ferien verbrachte. Er war ein leidenschaftlicher Bergwanderer und Alpinist. 1885, als er schon ein gut situierter Fabrikherr war, entdeckte er auf dem Obersalzberg eine idyllisch gelegene Anhöhe mit Blick auf den Untersberg. Kurz entschlossen erwarb er das "Baumgartlehen", ganz in der Nähe des heutigen Dokumentationszentrums, und ließ es von dem Berliner Franz Schwechten, dem Architekten der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, mit einer Villa bebauen, in der er sich im Keller ein Versuchslabor einrichtete. Die Energie bezog er von einem Turbinen-Generatorsatz, angetrieben vom Wasser eines von ihm angelegten Teiches oberhalb der Villa.

Bild 16 und 17. Traumhafte Aussichten vom Carl-von-Lindeweg, ein Muss für jeden  Berchtesgaden-Besucher. Angelegt von Linde im Jahr 1895.

20 Jahre später ließ er noch auf dem unweit davon gelegenen Antenberglehen das Hotel "Antenberg" mit 50 Betten bauen; es hatte schon Telefon und elektrisches Licht, berühmte Prominente gaben sich dort ein Stelldichein. 1905 ließ er noch einen herrlichen Wanderweg für seine Gäste zum Hochlenzerlehen, das er auch erworben hatte, anlegen. Dieser insgesamt 6 km lange, in 1000m Höhe verlaufende Carl-von-Linde-Weg ist heute noch ein "Muss" für jeden Besucher des Obersalzberges. Man kann sich dort in schönster Natur von den Eindrücken erholen, die man in der Dokumentation über die monströsen Verbrechen des Nazi-Verbrecherkartells auf dem Obersalzberg gewonnen hat. Die Nazis hatten das Gelände nach 1933 zum zweiten Regierungssitz und Sperrgebiet ausgebaut und alle alten Bewohner unter Androhung von Gewalt von ihrem Jahrhunderte alten Besitz vertrieben. Auch Carls Sohn Richard bekam 1936 keine Fahrerlaubnis mehr zu seinem Grundstück und musste an die Nazis zwangsverkaufen.

Linde, der Christ. Der Pfarrerssohn war zeit seines Lebens in seinem Glauben fest verankert und ein treuer Anhänger der evangelischen Kirche. In Berchtesgaden, das fast zu einer zweiten Heimat für ihn geworden war, musste er nun die dunkelsten Seiten des Katholizismus erkennen, der in Salzburg und Berchtesgaden mit Beginn der Gegenreformation besonders grausam gegen die Protestanten gewütet hatte. Trotz eingeleiteter Strafmaßnahmen und Durchführung von "Glaubensprüfungen" hatte sich die Lehre Luthers in dem Gebiet stark ausgebreitet. In eigenmächtiger Umkehrung des Liebesgebotes Christi ging die katholische Kirche ab 1570 hart gegen die "Ketzer" vor. Evangelische Gottesdienste konnten nur im Geheimen und in kleinen Gruppen abgehalten werden. 1731 zwang man 20 000 Salzburger Protestanten zur Auswanderung. Die Hexenjagd ging auch in Berchtesgaden weiter, 2000 Bürger ließen sich nicht einschüchtern, bekannten sich zum evangelischen Glauben, verlangten vom Fürstpropst Cajetan Anton von Notthaft freie Religionsausübung, die ihnen verwehrt wurde. Bis zur erzwungenen Auswanderung 1733 nach Preußen und Hannover wurden sie enteignet, enterbt, mit Arbeitsverbot belegt, vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. In Berchtesgaden war aber der Protestantismus noch lange nicht ausgemerzt. Um heimliche illegale Auswanderung zu verhindern wurden sogar die Gebirgspässe gesperrt. Erst 1788 meldete ein pfarramtlicher Bericht: Irrglaube ausgerottet.

Bild 18. Die erste evangelische Kirche in Berchtesgaden, eingeweiht 1899, gefördert von Carl von Linde. Zeugnis dafür, dass die Intoleranz der Katholiken überwunden ist.

Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es aufgrund dieser unheilvollen Geschichte in Berchtesgaden keine evangelische Kirche. Hier hakte nun Carl von Lindes Aktivität ein. Mit dem wachsenden Tourismus wurde der Bau einer evangelischen Kirche unausweichlich. Maßgeblich unterstützt von Carl von Linde wurde 1891 der Protestantische Kirchenbauverein gegründet. Zu ihrem Vorsitzenden wählten die 34 Gründungsmitglieder Carl von Linde. Er verhandelte mit dem Architekten, prüfte Kostenangebote, besprach Einzelheiten mit den Handwerkern und warb um Sponsoren, um die 100 000 Mark aufzubringen. Er selbst stiftete 30 000 Mark. 1899 fand die Einweihungsfeier der evangelischen  Christuskirche unter Anwesenheit des Kronprinzen Friedrich Wilhelm statt. Ein Deckengemählde erinnert noch an die grauenvolle Intoleranz der katholischen Kirche gegenüber Andersgläubigen. Heute ist das Verhältnis zwischen den beiden Konfessionen gut bis freundschaftlich.

Linde, der Förderer der Wissenschaft und Technik. Er war in den Leitungsgremien zahlreicher Institutionen tätig, um dem Ansehen der Naturwissenschaften in Deutschland Geltung zu verschaffen, sie standen ja lange im Schatten der viel höher geachteten Geisteswissenschaften. So war er im Vorstand des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), des Deutschen Kältevereins (DKV), Gründer des Instituts für technische Physik an der TH München, Mitglied in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, im Kuratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und im Vorstand des Deutschen Museums München. Der Plan Oskar von Millers, hier die historische Entwicklung der Natur- und Technikwissenschaften darzustellen und der Nachwelt dauernd zu erhalten, löste sogleich eine riesige Begeisterung aus und lag auch genau in der Absicht Lindes, der sich mit einem namhaften Betrag an der Stiftung beteiligte. Als Student und junger Ingenieur wurde er von Franz Reuleaux und Albert Borsig gefördert, als gemachter Mann fördert er nun seinerseits junge Talente, darunter Rudolf Diesel, dem der ganz große Wurf gelang, eine neuartige Verbrennungskraftmaschine zu entwickeln, die bis heute den höchsten thermischen Wirkungsgrad aller Wärmekraftmaschinen aufweist. Diesel war lange Jahre als Eismaschineningenieur für Lindes Gesellschaft tätig. Linde fällte ein günstiges Urteil über Diesels neue Erfindung und ebnete ihm so den Weg, seine Maschine industriereif zu machen bei der Maschinenfabrik Augsburg und bei Friedrich Krupp.

Bild 19. Ehrung für den großen Erfinder, der ein Naturfreund war: Gedenkstein am Carl-von-Linde-Weg in Berchtesgaden.

Dank seines gesunden, naturverbundenen Lebensstils mit Wandern, Bergsteigen und Radfahren erreichte er ein hohes Lebensalter von 92 Jahren. Er starb 1934 und wurde auf dem Waldfriedhof in München beigesetzt. Seine Fähigkeiten und Eigenschaften sind bis heute ein Modell für Industrieführer, die ihr Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen wollen. Seine Neugier als Erfinder, sein Durchhaltevermögen bei der Umsetzung seiner Ideen in die Praxis, sein Talent, auf die Erfordernisse der Kunden einzugehen und ihren Wunsch nach Qualität und Zuverlässigkeit zu erfüllen sind alles zeitlose Garanten für Erfolg. Sein oberstes Prinzip: Wie können wir es besser machen?

Bei gasido/München können die Industriegase in Flaschen online bezogen werden.

 

 

Bild 20. Neben dem Gedenkstein eine Bank nach langer Wanderung: Stein und Bank spendiert von der Linde AG.

Rudolf Plank, Präsident des Deutschen Kältevereins schrieb: Linde repräsentierte eine seltene Verbindung von tiefer wissenschaftlicher Kenntnis, technischem Sachverstand und  hochentwickeltem Realitätssinn, die ihm eine wundervolle Harmonie zwischen Theorie und Praxis in der Frühphase der Kältetechnik erlaubte. Er war seiner Zeit voraus, erkannte aber die Grenzen und hatte Lösungen parat, wenn die Aufgabe in die Praxis umgesetzt werden konnte.

 

Was wurde aus Lindes Erfindungen?

 

Bildnachweis

Bild 1: Eigene Zeichnung, Foto von 1872, Urheberrecht abgelaufen, gemeinfrei. Bild 2, 3, 5, 6, 7: Eigene Zeichnungen. Bild 4: Eigenes Foto am 1./2.8.2011 im Deutschen Museum München, Gestattungsvertrag für Bildaufnahmen vom 12.7.2011. Bild 8, 11: Schutzrechte abgelaufen. Bild 9, 10: Aus G. Büscher "Festes Wasser, flüssige Luft", Wilhelm Limpert-Verlag, Berlin, 1942, Schutzrechte abgelaufen. Bild 12: Aus Wikipedia, ergänzt, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 13: Public domain. Bild 14: Fotos im Carl Bosch Museum Heidelberg, Sonderausstellung an der TU Berlin "Historischer Streifzug durch das chemische Labor", 6.9.2012. Bild 15: Urheber Mordechai1, CC-BY-SA Unported 3.0, aus Wikipedia. Bild 16, 17: Eigene Fotos Juli 2012. Bild 18: Aus der Homepage der Evang.-Lutherischen Kirchengemeinde Berchtesgaden. Bild 19, 20: Eigene Fotos Juli 2012.

 

Carl von Linde - Jugend und Werdegang

Er flog vom Polytechnikum weil er an einem Studentenprotest teilgenommen hatte

Pfarrerssohn will Ingenieur werden. Carl wurde 1842 als drittes von neun Kindern in ein evangelisches Pfarrhaus hineingeboren, im oberfränkischen Berndorf im Kreis Kulmbach. Wie kam es nun, dass er als Pfarrerssohn Ingenieur wurde? Sein Vater hatte eine Leidenschaft, die Physik. Seine Freizeit verbrachte er beim Experimentieren und Basteln von Apparaten. Hier wuchs Carls starke Neigung zur Technik, und so war schon absehbar, dass er mal nicht den für ihn vorgesehenen Beruf eines Theologen ergreifen sollte. Die große Familie war nicht auf Rosen gebettet, sie musste sich einschränken, es herrschte Mangel am Nötigsten, oft gab es trockenes Brot zu essen, die Kinder wurden oft bespottet, weil sie von der Mutter selbstgeschneiderte Kleidung trugen. Die Armut war aber kein Hindernis für diese Kinder, tüchtig zu lernen und ihre Fähigkeiten zu entfalten. In seinen Erinnerungen hebt Carl hervor, dass trotz der Einfachheit der Lebensführung die Eltern alle Anstrengungen machten, um den Kindern alles Erreichbare zu bieten, was zur Entwicklung ihrer Fähigkeiten dienen konnte.

Sein Vater bekam eine Pfarrstelle in Kempten im Allgäu, Carl wurde Schüler am humanistischen Gymnasium. Er war alles andere als ein Musterschüler, er bekam eine große Abneigung gegen das Lernen grammatischer Regeln in den alten Sprachen, während er eine Vorliebe für das Französische entwickelte ... und ganz besonders für die naturwissenschaftlichen Fächer. Er  besuchte häufig die dortige Baumwollspinnerei und war von den Produktionsabläufen fasziniert. Dampfmaschinen und Turbinen übten mit ihren mächtigen Naturkräften einen derartigen Zauber auf ihn aus, dass er von diesen Kräften mehr wissen wollte und lernen wollte, wie man sie lenken und beherrschen kann. Der Wunsch, Ingenieurwissenschaften zu studieren, war nun gar nicht mehr abzuwenden, und der Wunsch des Vaters, dass sein Sohn Pfarrer würde, war damit endgültig passé. Aber der Vater war einsichtig und setzte Carls Berufswunsch keinerlei Widerstand entgegen. Er hatte nur eine Bedingung: Streng dich an, dass du das Maschinenbaustudium in drei Jahren schaffst!

Bild 1. Gottfried Sempers Polytechnikum in Zürich, Carl Lindes vorbildliche Alma Mater. Hier ließ ihn die angewandte Thermodynamik Feuer fangen, um dann später in Kälte verwandelt zu werden. Ein Gemälde von 1865.

Auf dem Polytechnikum in Zürich. Nach dem Abitur begann Carl 1861 mit dem Studium am Polytechnikum Zürich. Auch diese Schule hatte er sich in den Kopf gesetzt. Die Aufnahmeprüfung gelang nicht direkt, sondern er bekam die Auflage, erst einen Vorkurs zu absolvieren, weil es an einigen Vorkenntnissen haperte. Er kniete sich mit Eifer ins Studium, die Probezeit wurde gemeistert, hatte er doch ausgezeichnete und engagierte Professoren, wie Franz Reuleaux und Gustav Zeuner im Maschinenbau und Rudolf Clausius in der Thermodynamik.

Bild 2 und 3. Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik, beispielhaft gezeigt für die Zustandsänderungen in einem Kompressor, z.B. für eine Kälteanlage. Energien werden ineinander umgewandelt: Arbeit in Wärme, Enthalpie und kinetische Energie; nichts geht verloren.

Besonders vom letzteren Fach fühlte er sich mehr und mehr gefesselt, weil es ihm erklärte, wie die verschiedenen Energieformen auf geheimnisvolle Weise ineinander umgewandelt werden können. Keine Energie geht verloren, aber nutzbare Energie wird auf der Erde laufend in nicht mehr frei zur Verfügung stehende Energie umgewandelt. Von der wissenschaftlichen Thermodynamik Clausius´ führte ihn Zeuner zur Theorie der Wärmekraftmaschinen, und diese angewandte Wärmelehre sollte das Grundthema seines Lebens werden.

Bild 4. Sein akademischer Lehrer und Förderer, Maschinenbau-Professor Franz Reuleaux in Zürich. Bild 5. Professor Rudolf Clausius entfachte in ihm das Feuer für die Wissenschaft. Er war der Entdecker des 2.Hauptsatzes der Thermodynamik und Schöpfer des Begriffes der Enthropie. In seiner berühmten Arbeit von 1850 Über die bewegende Kraft der Wärme und die Gesetze, welche sich daraus für die Wärmelehre ableiten lassen, formulierte er erstmals die beiden Hauptsätze vollständig.

Carl Linde war aber beileibe kein Student, der mit Scheuklappen durchs Studium hastete und auf schnellstem Weg ein Fachidiot werden wollte. Er hatte Freude an einem "Studium generale", hörte begeistert Vorlesungen über Goethes Faust und Shakespeares Hamlet, lernte Gottfried Keller persönlich kennen, hatte großen Spaß an Kunstgeschichte und Architektur und machte auch die Bekanntschaft des großen Baumeisters Gottfried Semper, nach dessen Plänen das neue Hauptgebäude des Polytechnikums Zürich 1864 fertiggestellt wurde. Es strahlte das neue eidgenössische Selbstbewusstsein der Schweizer aus und unterstrich auf beeindruckende Weise die zunehmende Bedeutung der Technikwissenschaften.

Der Rauswurf wirft ihn nicht aus der Bahn. 1864 kam der große Rückschlag in Carl Lindes Ausbildung: Er wurde zwangsexmatrikuliert wegen der Teilnahme an einem Studentenprotest, der sich gegen den Direktor richtete. Als sehr harte Disziplinarmaßnahme wurde ihm der Hochschulabschluss und damit das Ingenieurdiplom verwehrt. Anstelle des Diploms bekam er zwei empfehlende Zeugnisse von Zeuner und Reuleaux mit auf den weiteren Berufsweg. Frustriert aufgeben, auf den Ingenieurberuf verzichten? Kam für Carl Linde nicht in Frage. Aber da saß er nun erst einmal nach drei Jahren fleißigen Studiums auf einer vorbildlichen Lehrstätte. Reuleaux hatte ihm noch dringend eine Werkstättenpraxis ans Herz gelegt und als unerlässlich bezeichnet. Er kam erst mal in der Mechanikwerkstatt der Baumwollspinnerei Kempten unter. Seine wunderbaren Höhenflüge in der Thermodynamik waren beendet, und Schraubstock und Drehbank waren jetzt zwölf Stunden am Tag seine Arbeitsmittel. Er wurde mit der Massenherstellung von Spinnstuhleinzelteilen beschäftigt. Keine Frage, dass da keine große Freude aufkam. Er wollte doch kennenlernen, wie Maschinen aus Einzelteilen zusammen gesetzt werden. Also musste er hier weg. Er wollte als nächstes eine Stelle in einem Zeichenbüro einer Maschinenfabrik bekommen. Aus München und Augsburg kam er niedergeschmettert nach Hause. Er war noch nicht mal am Portier vorbeigekommen.

Bild 6. Albert Borsig, Chef der Lokomotivfabrik in Berlin, verschaffte ihm seinen ersten beruflichen Ankerplatz. Von diesem Sprungbrett aus ging es für Carl Linde weiter.

Erste Berufstätigkeit bei Borsig in Berlin. Jetzt hieß seine Losung: Auf nach Berlin, in die aufstrebende Gewerbe- und Industriestadt! Da gibt es viele Maschinenfabriken im "Feuerland" am Oranienburger Tor. Er klopfte bei größeren und kleineren Maschinenfabriken an ... ohne Erfolg. Da erhielt er einen Brief von Professor Reuleaux, der inzwischen nach Berlin als Direktor der Gewerbeakademie übergesiedelt war. In der Borsigschen Lokomotivfabrik sei ein Ingenieur ausgeschieden und Linde möge sich schleunigst um die frei gewordene Stelle bewerben. Er schickte sofort seine Zeugnisse aus Zürich und den Brief Reuleaux´ ein und wurde von Albert Borsig, dem Sohn des 1854 gestorbenen Firmengründers empfangen. Er war bereit, Linde als Werkstattvolontär mit Anwartschaft auf eine Stelle im Zeichenbüro einzustellen. Nach einigem Zögern (schon wieder an den Schraubstock?) schlug Carl ein. Strengen Sie sich an, wenn Sie sich so anlassen, wie ich es mir vorstellen kann, so dauert es kein halbes Jahr, und Sie können eine Familie gründen, ohne Ihrem Vater weiter auf der Tasche zu liegen. Dieser Satz Borsigs war für Linde ein Schlüsselsatz. Er wollte doch endlich Helene Grimm, Tochter eines Generalstaatsanwalts aus Berlin heiraten, aber er musste es sich auch leisten können. Daher biss er die Zähne zusammen, stand wieder zehn Stunden am Schraubstock bei Borsig und bearbeitete Sicherheitsventile für Lokomotiven, um sich die Stellung im Zeichenbüro mit höherem Gehalt zu verdienen. Er hatte seinen ersten beruflichen Ankerpunkt gefunden und war glücklich, dass er nicht weit von seiner Angebeteten arbeitete.

Eines Tages hieß es: Linde ins Comptoir! Er meldete sich beim Chefingenieur und erfuhr, dass morgen eine Lokomotive nach Magdeburg überführt werden und er dabeisein soll. Er war stolz, dass er diese Vergünstigung erfuhr. Er machte sich so gründlich mit der Fahrtechnik der Lok vertraut, dass er auch auf die nächste Ablieferungstour mitgenommen wurde. Als dann Eilzugmaschinen nach Hamburg zu fahren waren, stand Carl viermal selbst am Steuer, eine besondere Gunst für einen Volontär! Dann wurde er 1865 in das Zeichenbüro übernommen mit einem monatlichen Gehalt von 16 Talern: Er fühlte sich als absoluter Krösus, und die Aussicht, nach sechs Jahren Wartezeit zu heiraten und eine Familie zu haben, rückte in greifbare Nähe. Es bestand aller Grund zur Freude, doch Carl wurde unzufrieden. Was kam jetzt? Sich bei Borsig zum Oberingenieur hochdienen? Das ging sehr langsam, und die Gehälter stiegen noch langsamer. Mochte die Fabrik auch eines der bedeutendsten Unternehmen des Maschinenbaus sein, ihm half jetzt nur eine Veränderung. Seine Unruhe und Ungeduld drängten ihn auf einen neuen Weg. Sein Vater hatte davon Kenntnis erhalten, dass der Maschinenmeister Krauß in München eine neue Lokomotivfabrik gründen wolle. Und, man höre und staune, Carl Linde ging gleich richtig hoch heran und bewarb sich bei Krauß als Vorstand für das technische Büro. Ganz schön selbstbewusst der 23-jährige junge Mann! Er musste offensichtlich auf Krauß großen Eindruck gemacht haben; denn er erhielt nach einiger Zeit ein Telegramm von Krauß: Fabrikgründung vorgenommen, erwarte Sie baldmöglichst. Mit diesem Telegramm in der Hand konnte er nun Helenes Eltern um ihr Ja-Wort bitten.

Bild 7. Der Kältepionier Linde als Lokomotiv-Konstrukteur. Die erste Krauß-Lok von 1867.

Bei Krauß in München konstruiert er wieder Lokomotiven. Krauß und Linde hatten eine starke Geistesverwandtschaft im Ingenieurschaffen, dessen Grundsätze genau so im Lokomotiv- wie beim Kälteanlagenbau gelten: Das Bestmögliche aus der Leistung im Verhältnis zum Aufwand herauszuholen. Das nennt man auch Effizienz oder Wirkungsgrad. So stürzte sich Linde 1866 in den Bau von Lokomotiven. Die Devise hieß, Gewichtsreduzierung bei gesteigertem Aktionsradius durch Weglassung aller Totgewichte, wodurch die Übertragung des Drehmoments auf die Schiene durch Erhöhung der Adhäsion entscheidend verbessert wurde. Sparsamster Materialeinsatz bei naturgesetzlich höchsterreichbarer Leistung. Genau das gleiche Prinzip wandte er später auf dem Gebiet der Kältetechnik an. Krauß hatte schon einen Auftrag von der Oldenburgischen Eisenbahn auf zwei Lokomotiven erhalten, und Linde machte sich nun an die Anfertigung der Konstruktionszeichnungen für Tausende von Lokomotiveinzelteilen, immer unter der Devise "Gewichtsverminderung" bei allen Bestandteilen. So hatte er sich Ingenieurarbeit vorgestellt: Aus papierenen Entwürfen ein Gebilde aus Stahl herzustellen, eine davonfahrende, Arbeit leistende Maschine. 1867 stand sie fix und fertig da in der Werkstatt und wurde zur Weltausstellung nach Paris geschickt. Sie wirkte unscheinbar gegen die Monster von Maffei, Eßlingen und Karlsruhe; aber, da sie die gleiche Leistung brachte wie ihre Nachbarinnen, erregte sie Aufmerksamkeit und bekam prompt die goldenen Medaille. Unter dem Namen "Landwührden" tat sie bis 1900 ihren Dienst und steht jetzt im Deutschen Museum als Denkmal deutscher Technik.

Als Professor in München findet er zur Kältetechnik. Schon strebte Carl Linde seine nächste Lebensstufe an. Er bewarb sich für das neu zu gründende Polytechnikum München als Hochschullehrer. Der zuständige Referent für das technische Schulwesen war nicht wenig erstaunt über den Mut des 25-jährigen. Aber es klappte wieder! Linde hielt zunächst eine Vortragsreihe über Lokomotivbau, dann 1868, nach Ernennung zum außerordentlichen Pofessor, Vorlesungen über mechanische Wärmelehre. Jetzt war er auf dem Gebiet angelangt, das ihn für den Rest seines Lebens beschäftigen und herausfordern sollte, die Kältetechnik. Er war der Meinung, dass die Fachwelt bisher nicht den Versuch gemacht hatte, die Ergebnisse der Wärmelehre für die Kältetechnik nutzbar zu machen. Er verfasste 1870 zwei Aufsätze: Wärmeentziehung bei niedrigen Temperaturen durch mechanische Mittel und: Verbesserte Eis- und Kühlmaschine. Sein Einkommen als Professor war niedriger als bei Krauß, so dass er zum Ausgleich umfangreiche Nebentätigkeiten übernommen hatte. So kam es zu einem Zusammenbruch (heute würde man "burnout" sagen), der ihn zwang, ein Sommersemester lang Urlaub in Berchtesgaden zu verbringen. Arbeitsruhe, frische Bergluft und die wunderbare Natur auf dem Obersalzberg waren gute Heilmittel, und so konnte er seine Tätigkeit am Polytechnikum in München aufs neue aufnehmen.

1872 wurde ihm die Ernennungsurkunde zum ordentlichen Professor zugestellt; so war nun für ihn die Zeit abgeschlossen, in der er unter der Sorge um das tägliche Brot gelitten hatte. Er gliederte jetzt seinem Lehrgebiet "Wärmekraftmaschinen" die Theorie der Kältemaschinen ein. Es sollte aber nicht bei der Theorie bleiben. Er konnte eine lange gehegte Idee durchsetzen: Den angehenden Maschineningenieuren die Möglichkeit geben, dem theoretischen Unterricht die praktischen Übungen hinzuzufügen. Und so erhielt das Polytechnikum als erstes in Deutschland ein Maschinen-Laboratorium, in dem die Arbeitsvorgänge durch unmittelbare Anschauung lebendig gemacht werden konnten.

Er gründet seine eigene Firma: Lindes Eismaschinen. Er war jetzt schon so weit in die Entwicklung der Kältetechnik eingedrungen, dass in ihm immer mehr die Idee reifte, eine Firma zu gründen, die sich mit dem Entwurf und der Lieferung von Kälteanlagen befassen sollte. Er trug den Gedanken monatelang mit sich herum, da die neue Aufgabe ja den Verlust seiner akademischen Tätigkeit bedeuten würde. Aber auf der anderen Seite wusste er, dass er in der Kältetechnik in einzigartiger Weise die physikalischen Grundlagen mit seinem praktischen Wissen als Maschinenbauer verband. Damals gab es nur wenig Menschen, die auf beiden Gebieten zu Hause waren. 1878 reichte er schweren Herzens das Gesuch ein, aus dem Staatsdienst entlassen zu werden. Ein Versuch des Rektors, ihn zur Rücknahme des Gesuchs zu bewegen blieb erfolglos. Im März 1879 siedelte Carl Linde mit seiner Familie nach Wiesbaden um, an den Sitz der "Gesellschaft für Lindes Eismaschinen", bei deren Gründung er sich verpflichtet hatte, die Geschäftsführung für zehn Jahre zu übernehmen.

Jugend und Werdegang mündeten nun ein in seine große Zeit als Unternehmer, der die Kühltechnik revolutionierte und die Luftverflüssigung erfand. Im Beitrag "Die ganze Geschichte" erfahren wir, wie der mit allen theoretischen und praktischen Wassern gewaschene Maschinenbau-Ingenieur und Firmenchef unser aller Leben durch seine Innovationskraft veränderte.

 

Die Luftverflüssigung - die ganze Geschichte

 

Bildnachweis

Bilder 1, 4, 5: Aus Wikipedia, gemeinfrei, Urheberschutz abgelaufen. Bild 2, 3: Eigene Zeichningen. Bild 6: Aus "Berlin macht Dampf", Werksveröffentlichung, MAN Turbomaschinen, Berlin, 2003. Urheberschutz abgelaufen. Bild 7: Deutsches Museum, Urheberschutz abgelaufen.

 

 

Carl von Linde (*1842 Berndorf, Kr. Kulmbach, †1934 München), der Maschinenbau-Professor  am Polytechnikum München, schuf die wissenschaftlichen Grundlagen der modernen Kältetechnik. In der Augsburger Maschinenfabrik (jetzt MAN)  konnte er 1871 die erste von ihm entwickelte Kälte-Maschine herstellen lassen. 1879 gab er seine Lehrtätigkeit auf und gründete seine eigene Firma "Lindes Eismaschinen" in Wiesbaden, deren  Kälteanlagen reißenden Absatz fanden, weil für die schnell wachsende Industrie die damals bekannten Kühlmethoden, hauptsächlich mit Natureis, nicht mehr ausreichten.  Auf der Grundlage des Joule-Thomson-Effekts gelang ihm 1895 erstmalig die Luftverflüssigung. Die in einem Verdichter auf hohen Druck gebrachte Luft wird in einem Ventil entspannt und kühlt dabei ab. Der Vorgang wird mehrmals wiederholt und erzeugt so tiefe Temperaturen, so dass die Luft  bei  -195°C verflüssigt wird. Damit war der Weg frei für Tieftemperaturuntersuchungen in der Physik und für die Auftrennung der Luft in ihre Bestandteile Sauerstoff, Stickstoff und Argon.

Die Vorbehalte der Industrie gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt und Linde machte sehr gute Geschäfte. Es entstanden die ersten Kühlhäuser für Lebensmittel. Doch auch in Molkereien und bei der Verflüssigung von Chlor und Kohlensäure war sein Verfahren gefragt. Und jetzt wurden auch die ersten Kunsteisbahnen gebaut. Von 1892 bis 1910 nahm er seine Professur wieder auf. Im Süden Münchens, in Höllriegelskreuth, ließ Linde 1903 eine Fabrik bauen, die noch heute der größte Standort des Linde-Konzerns ist.

 

Lindes Jugend und Werdegang

Die Luftverflüssigung - die ganze Geschichte

Was wurde aus Lindes Erfindungen?