Bild 1. Werner Heisenberg mit 32 Jahren, als er den Nobelpreis 1932 bekam. Da war er Professor in Leipzig.

Werner Heisenberg (*1901 Würzburg, †1976 München).: „Wer verstehen will, was die Welt im Innersten zusammen hält, muss etwas über ihre kleinsten Teilchen wissen.“ Bei dieser Reise in das tiefste Innere der Materie stoßen die Forscher auf Geheimnisvolles, Unbegreifliches, Schockierendes, Unlogisches… Diese Expedition ist spannender als der Vorstoß in die Tiefe der Ozeane. Einstein sagte über das Entdeckte: die Welt kann nicht so verrückt sein. Doch heute wissen wir: sie ist so verrückt! Aber die Welt der kleinsten Teilchen ist faszinierend und voller Überraschungen und eine Herausforderung für unsere Erkenntnisfähigkeit. Obwohl alle Aspekte der Quantenmechanik mathematisch exakt beschrieben sind, übersteigt sie unser Vorstellungsvermögen, weil unser Gehirn Jahrmillionen lang nur damit beschäftigt war, unser Überleben auf der Erde zu sichern.

Max Planck und Albert Einstein sind die Gründerväter der Quantentheorie. Es begann im Jahre 1900, als Max Planck das richtige mathematische Gesetz der Wärmestrahlung eines schwarzen Körpers ableitete, wonach das Licht sowohl eine elektromagnetische Welle ist als auch ein Strom von „Energiepäckchen“ der Größe: Energie eines Quants = Plancksches Wirkungsquantum (eine Naturkonstante) multipliziert mit der Frequenz der Lichtwelle.

Bild 2. 1900: Max Planck legte den Grundstein für die moderne Quantenphysik. Dafür gab es den Nobelpreis.  Bild 3. 1905: Albert Einstein wies nach, dass Licht aus Quanten besteht. Dafür gab es den Nobelpreis.

Bild 4. Mephisto zu Faust nach Abschluss des Paktes: Wir sehn die kleine, dann die große Welt... In der Quantenphysik von Heisenberg geht es um die kleinsten Bauteile der Materie; Größe: ein Milliardstel Meter = 1 Nanometer (nm) und darunter. In der Relativitätstheorie von Einstein sprechen wir von Objekten, die eine Milliarde Meter = 1 Gigameter (Gm) groß sind und darüber. In unserer täglichen Welt (auch als Mesokosmos = mittlere Welt bezeichnet), die von Newton beschrieben wurde, liegen wir dazwischen und nehmen Objekte etwa über einem Tausendstel Meter = 1 Millimeter (mm) wahr.

Bild 5. Das Licht ist eine elektromagnetische Strahlung ODER ein Strom von Quanten, hier Photonen genannt. Das hängt davon ab, was wir mit dem Licht machen. Das ist schon verrückt, oder? Bild 6. Licht ist Welle UND Teilchen - Einstein beweist das im Jahr 1905.

Diese Teilchen nannte man später Quanten oder Photonen. Wie das denn? Eine Welle, d.h. eine periodische Fluktuation einer physikalischen Größe ist doch etwas völlig anderes als ein (kompaktes) Teilchen! Ja, das stimmt. Trotzdem müssen wir den dualen Charakter aller Quanten, gleichzeitig Welle und Teilchen zu sein, hinnehmen. Sie sind beides, und sie offenbaren uns die eine oder andere Seite, je nachdem, welches Experiment wir mit ihnen anstellen. Albert Einstein gelang 1905 der Nachweis des Teilchencharakters des Lichts durch eine geniale Interpretation der Messergebnisse beim Auftreffen von Licht auf eine Metallfläche und damit der Beweis des Planckschen Strahlungsgesetzes. Für beide geistigen Hochleistungen gab es Nobelpreise. Planck und Einstein wurden damit zu „Erfindern“ der Quantenmechanik, die später weitere Väter bekam: allen voran Werner Heisenberg, die Österreicher Erwin Schrödinger, Wolfgang Pauli und der Däne Niels Bohr.

Bild 7. Das Experiment mit dem Doppelspalt bringt den Beweis: Elektronen sind sowohl Teilchen als auch Wellen. Alle Quanten haben diesen Doppelcharakter.

Bild 8 (links). Quantenobjekte sind sowohl-als-auch-Objekte. Deckt man den unteren Teil ab, erscheinen 3 Rohre. Deckt man den oberen Teil ab, erscheinen 2 Kästen. Das Gebilde ist gleichzeitig Rohre und Kästen. Quantenobjekte sind gleichzeitig Teilchen und Welle!  Bild 9 (rechts). Der "nichtklassische Skifahrer" symbolisiert, dass Quantenobjekte beim Doppelspaltversuch gleichzeitig sowohl durch den einen als auch durch den anderen Spalt fliegen. Wie ist sowas überhaupt möglich? Die Antwort gibt die "Aufenthalts-Wahrscheinlichkeits-Welle".

Die Quantenwelt ist an Verrücktheit nicht zu überbieten. Die geheimnisvolle Welt der Quantenobjekte ist verwirrend und eine große Herausforderung für unseren Verstand. Im Einzelspaltversuch sind Quantenobkekte Teilchen; sie werden zu Wellen, wenn man einen zweiten Spalt öffnet. Und es kommt noch mysteriöser: Schießt man nacheinander nur je ein Elektron (ja, das kann man heute machen) auf den Doppelspalt, müsste die Geschossverteilung auf dem Bildschirm erscheinen, denn jedes Teilchen kann nur durch einen Spalt fliegen. Dem ist aber nicht so! Je mehr einzelne Elektronen auf den Schirm treffen, desto deutlicher wird das Wellenmuster! Es ist schon bei 3000 nacheinander abgefeuerten Elektronen sichtbar und bei 20000 klar zu erkennen.Beim Doppelspalt fliegt jedes Elektron anders als beim Einzelspalt. Es scheint geisterhaft gleichzeitig durch zwei Spalte zu fliegen! Als Masse behaftetes Element oder als Welle? Wie soll man das deuten? Quantenobjekte können nicht dingfest gemacht werden, sie sind überall und nirgends, ihr Ort kann nur durch eine "Aufenthalts-Wahrscheinlichkeits-Welle" (A-W-W, erfunden von Erwin Schrödinger) angenähert werden. Die A-W-W jedes Elektrons fließt durch beide Spalte, beide Teilwellen überlagern sich nach Durchströmen der Spalte positiv oder negativ und lassen dadurch ein hell-dunkles klassisches Wellenmuster entstehen. Es bleibt offen, durch welchen Spalt ein bestimmtes Elektron geschlüpft ist.

Einstein stand mit dieser Quantenmechanik auf Kriegsfuß, er bezeichnete die A-W-W spöttisch als Gespensterfeld.

Heisenberg steuerte 1927 mit seiner Unschärferelation das Entscheidende zum Charakter der Quantenobjekte bei: Das Produkt aus der Ungenauigkeit des Ortes und der Ungenauigkeit des Impulses eines Teilchens ist konstant, und zwar proportional dem Planckschen Wirkungsquantum h. h ist eine Naturkonstante der Größe 6,626 x 10-34 Js. Der Ort wird mit x, die Ungenauigkeit mit delta x bezeichnet. Der Impuls ist das Produkt der Masse eines Körpers m und dessen Geschwindigkeit v, die Ungenauigkeit des Impulses wird mit delta(mv) bezeichnet. Heisenberg bekam dafür den Nobelpreis.

Seine Leipziger Studenten machten dem frisch gebackenen Nobel-Preisträger dieses Gedicht (nach dem bekannten Song der damaligen Zeit: Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren...):

Ich hab mein Kopf bei Heisenberg verloren,

Als in der Quanten dunklen Nacht

Versenkt ich war bis über beide Ohren.

Ich hätt' mich beinah' umgebracht.

Ein Lichtquant ist zu mir gekommen

Und hat mir alles klargemacht.

Die Kunde habe ich vernommen:

Jetzt hat man Dir den Nobelpreis gebracht.

Ist der Ort eines Quantenobjekts x bekannt, d.h. delta(x) klein, ist seine Geschwindigkeit v nach Größe und Richtung ungenau, d.h. delta(mv) groß. Ist der Impuls bekannt, d.h. delta(mv) klein, ist der Ort schwer feststellbar, d.h. delta(x) groß. In die klassische Physik übertragen: eine auf dem Tisch rollende Billardkugel hat zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bekannten Ort und eine bekannte Geschwindigkeit und deren Richtung, woraus sich x und v im nächsten Augenblick bestimmen lassen. In der Quantenphysik jedoch ist dieser Kausalzusammenhang zwischen Ursache und Wirkung aufgehoben. Quantenobjekte sind nicht zu orten, sind an allen Orten gleichzeitig und nirgends. Sie haben keinen bestimmten Aufenthaltsort bzw. keine bestimmte Richtung und Geschwindigkeit.

Bild 10. Das ist kein Herd mit Gasflammen, sondern ein Ring (Quanten-Corral) von 75 Eisenatomen auf einer Kupferoberfläche, sichtbar gemacht mit einem Rastertunnel-Mikroskop der 4. Generation. Auch mit dem besten verfügbaren Messinstrument kann man ein einzelnes Atom nicht lokalisieren; es hält sich irgendwo in der blauen Wahrscheinlichkeits-Pyramide auf; an der Grundfläche ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dort befindet groß, an der Spitze klein. Diese Heisenbergsche Unschärfe wird auf diesem Bild sehr deutlich.

Die Unsicherheit der Bestimmung eines der beiden hat nichts mit der bei allen physikalischen Messungen vorhandenen Messungenauigkeit zu tun, die von der Art der Messgeräte abhängt und immer da ist, auch wenn man noch so genaue Geräte verwendet. Die quantenmechanische Unschärfe ist ein von Heisenberg entdecktes Naturgesetz. Der Ort des Quantenobjekts kann nur durch eine von Schrödinger beschriebene Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitswelle mathematisch angenähert werden. Im Falle einer „Messung“, d.h. Beobachtung, kommt es zum Zusammenbruch der Wellenfunktion, der Überlagerungszustand Welle/Teilchen ist beendet, ein klassisches Teilchen erscheint. Das ist die 1927 von Heisenberg und Bohr ausgearbeitete „Kopenhagener Deutung“.

Bild 11. EPR-Teilchen, verschränkt in einem Bariumborat-Kristall: das eine wird gekitzelt...da lacht das andere. Angriff auf den gesunden Menschenverstand...  Da hilft nur Glauben.

Wer war Werner Heisenberg? Er war der Sohn des Byzantinisten August Heisenberg, besuchte das Maximiliansgymnasium in München und hatte ein besonderes Interesse an Mathematik, so wie sie ihm zur Beschreibung der Gesetzmäßigkeiten in der modernen Physik notwendig erschien. Sein Physik-Studium in München schloss er schon nach drei Jahren ab, machte seine Doktorarbeit auf dem Gebiet der Strömungslehre, wurde 1924 Assistent von Max Born in Göttingen und arbeitete mit Niels Bohr in Kopenhagen. 1927, mit nur 26 Jahren wurde er zum Professor für theoretische Physik in Leipzig berufen. An seinem Institut gab sich die internationale Physiker-Elite die Klinke in die Hand.

Bevor er seine neue Stellung in Leipzig antrat, ging er für ein Jahr in die USA, um dort über die neue Quantenmechanik Vorträge zu halten. Die Amerikaner gehörten nicht zur ersten Generation dieser neuen Physik. Heisenberg schreibt in seinen Erinnerungen Der Teil und das Ganze, dass sie die neue Betrachtungsweise ohne Schwierigkeiten akzeptierten, ohne sie so heftig und leidenschaftlich wie in Europa zu diskutieren. Sie sahen die Tatsache, dass ein Elektron einmal als Welle, einmal als Partikel erscheint, als eine Erweiterung der Newtonschen Physik an und sprachen von "Wellikel" (englisch also "wavicle"), und die Quantenmechanik war für sie lediglich eine mathemathische Beschreibung des Wellikels.

Von 1942 bis 45 leitete Heisenberg das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem und lehrte an der Berliner Universität. Im Dritten Reich sah er sich starken Angriffen von Seiten der "deutschen Physiker", besonders von Johannes Stark, ausgesetzt, die behaupteten,  Quantenmechanik und Relativitätstheorie seien "jüdischen" Geistes und daher falsch und strikt abzulehnen. Stark bezeichnete Heisenberg als "Weißen Juden in der Wissenschaft". Heisenberg war ansonsten nicht politisch engagiert und hatte mit den Nazis nichts am Hut.

Im privaten Leben war Heisenberg ein großer Naturfreund, in seiner Jugend Pfadfinder, hatte Freude am Bergsteigen, Skilaufen, Radfahren, Segeln. Er liebte Wettbewerbe, sowohl im Sport als auch bei der Lösung mathematischer Aufgaben, und er war auch musisch begabt, spielte sehr gut Klavier. Er war seit 1936 verheiratet und hatte mit seiner Frau Elisabeth, geb. Schumacher sieben Kinder. 1933 verbrachte er mit Niels Bohr und Carl Friedrich von Weizsäcker ein paar sportlich und geistig ergiebige Wochen beim Skilaufen und Diskutieren in einer Skihütte in den Bayrischzeller Bergen   bevor die große Katastrophe über Deutschland hereinbrach.

1945 wurde er mit den anderen führenden Atomphysikern Nazi-Deutschlands in Farm Hall in England interniert und erlebte im Radio die Schreckensmeldung der amerikanischen Atombombenabwürfe in Japan. Nach dem Krieg fühlte er sich Bundeskanzler Konrad Adenauer verbunden, setzte sich für die Kernforschung ein, war jedoch strikt gegen eine militärische Nutzung der Kernenergie. Er gehörte zu den 18 Unterzeichnern des Göttinger Manifests, das eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr ablehnte. 12 Jahre war er Direktor des Max-Planck-Instituts in Göttingen, danach nochmals 12 Jahre in gleicher Funktion in München. Als die 1968er Studenten auch sein Institut in München besetzten, reagierte er gereizt und ablehnend und verglich das mit der nationalsozialistischen Studentenbewegung.

Verschränkte Quantenteilchen - unser Verstand ist am Ende. Es kommt noch verrückter: Die Verschränkung von Quanten ist bis heute der Frontalangriff auf unseren gesunden Menschenverstand. Sie geht auf ein Gedankenexperiment von Einstein, Podolsky und Rosen (EPR) im Jahr 1935 zurück, mit dem sie eigentlich die Widersinnigkeit der Verschränkung beweisen wollten. Einstein damals: Gott würfelt nicht!  Worum geht es? In einer Apparatur mit halbdurchlässigen Spiegeln wird über einen nichtlinearen optischen Bariumborat-Kristall aus einem Photon ein "verschränktes" Photonenpaar EPR mit um 90° verdrehten Polarisationsebenen erzeugt und separat mit Lichtgeschwindigkeit in den Raum geschickt. Wird nun am Photon A die Polarisationsebene z.B. zu alpha = 0° gemessen, zeigt Photon B augenblicklich (ohne jede Verzögerung) alpha = 90° an und umgekehrt, auch wenn der Abstand der Teilchen inzwischen Lichtjahre beträgt! Die Teilchen sind körperlich getrennt und nicht durch Informationsübertragung verbunden, sondern lediglich durch die gemeinsame Aufenthalts-Wellenfunktion beschrieben. Das Geheimnis der Verschränkung von EPR-Teilchen: noch in makroskopischer Entfernung benehmen sie sich wie siamesische Zwillinge, quasi mit einem simultan agierenden Gehirn. Quantenphysiker Jeff Kimble vom California Institute of Technology: Verschränkung ist, wenn das eine Teilchen gekitzelt wird und das andere lacht. Und ER würfelt doch! Nobelpreisträger Richard Feynman: Ich kann mit Sicherheit sagen, niemand hat die Quantenmechanik verstanden.

Bild 12. Verschränktheit - übertragen ins tägliche Leben: Zwei gleiche Münzen rotieren auf je einem Tisch. Münze A fällt zufällig auf „Max Planck“. Wären es verschränkte „Quanten-münzen“, fiele Münze B sofort auf „Adler“; B kann nicht unabhängig von A umfallen. Die Verschränkung bleibt bestehen, auch wenn die Tische Lichtjahre voneinander entfernt sind!

Das unfassbare Phänomen der Verschränkung hat das bis dahin feste Gebäude der Physik ins Wanken gebracht, und das war ja geprägt durch das scheinbar unumstößliche Prinzip von "Ursache und Wirkung", tue irgend etwas mit einem Körper, einem Strahl, einer Welle, einem Strom, und es wird sich eine vorausberechnete Wirkung einstellen. Danach blieb auch ein Teilchen ein Teilchen, eine Welle eine Welle, und eine geisterhafte "Überlagerung" beider schien undenkbar. Nach der Entdeckung der verschiedenen Merkwürdigkeiten der Quantenmechanik ist heute nichts mehr wie es mal war. Die Verschränkung ist heute anerkannt, aber man versuchte bisher vergeblich hinter das Geheimnis der augenblicklichen Reaktion des zweiten Teilchens zu kommen, wenn am ersten eine Messung vorgenommen wurde. Augenblicklich heißt augenblicklich und nicht erst nach Aussendung eines Lichtstrahls von Teilchen A und Ankunft des Strahls bei B. Also gibt es doch eine Informationsübertragung, die schneller ist als das Licht? Nein, bei diesen Quantenzwillingen handelt es sich nicht um Informationsübertragung, denn die maximal mögliche Geschwindigkeit ist die Lichtgeschwindigkeit, und die ist endlich, zwar mit 300 000 km/s unverstellbar groß, aber doch nicht unendlich groß. Die Quantenzwillinge sind "lediglich" an die gemeinsame Wellenfunktion gekettet.In der Natur existieren also Beziehungen zwischen Systemen, die unabhängig von Raum und Zeit sind (das sind die spukhaften Fernwirkungen, mit denen Einstein zeit seines Lebens unzufrieden war; er konnte sich nicht mit dem Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantentheorie abfinden).

John Bell gelang 1964 der theoretische Nachweis, dass A u. B miteinander verschränkt sein können. 1982 wies Alain Aspect auch im Experiment die Fernwirkung nach.

Trotz ihres auffälligen Benehmens sind die Quanten Grundlage vieler nützlicher Erfindungen. Bis etwa 1970 haderten die Väter der Quantenmechanik und hatten damit zu tun, die schwere Kost zu verdauen. Dann jedoch begann die Morgenröte des positiven Pragmatismus, neues Leben zog in die verrückte Quantenwelt ein, jetzt begann sie unser aller Leben zu verändern. Die neue Generation von Experimentatoren spielt mit Quanten wie mit Bällen eines genialen Irren und haut die klassische Physik lustvoll in Stücke. Sie kümmern sich nicht mehr um die Ungereimtheiten der Quantenphysik, sie fragen nur, was können wir mit ihr in der Praxis anfangen? Und siehe da, ein wahres Füllhorn tat sich auf! Mit Halbleiter-Elektronik, Mikroprozessoren, Laser, Nanotechnologie fingen sie an; z.B. auch der neue superfest-elastische TWIP-Stahl (Twinning Induced Placidity) basiert auf Quanten-Prinzipien. Aber jetzt geht es erst richtig los: Quanteninformatik, Quanten-Kryptografie, Quanten-Teleportation, Quanten-Computer... Der gravierende Unterschied zur klassischen Information (Information ist Mitteilung, Nachricht, Auskunft über etwas oder jemanden) mit dem digitalen Bit als Träger ist die von einem Quantenobjekt getragene Informationseinheit Qubit (sprich kjubit).

Bild 13. Mit Qubits: Geheimes zwischen Bob und Alice. "Bob" und "Alice" sind sinnverwandte Wörter (Synonyme) für Sender und Empfänger einer Nachricht; verwendet auf dem Gebiet der Verschlüsselung geheimen Informations-Austauschs (Kryptografie).

Quanten-Kryptografie. Zum Austausch geheimer Nachrichten zwischen Bob und Alice wird ein vereinbarter Schlüssel mit Qubits verteilt, Bob schickt einzelne polarisierte Photonen; Messungen der Spionin Eve verändern den Polarisations-Zustand und werden von Alice und Bob bemerkt; die Verschlüsselung ist nicht zu knacken. Das geht in sehr grober Vereinfachung wie folgt: Alice benutzt zwei in Polarisation verschränkte Photonen A+B aus einer EPR-Quelle. Sie lässt ein drittes Photon T (das Photon, das sie zu Bob teleportieren will) mit A interagieren, dann ändert sich B bei Bob. B hat jetzt den Quantenzustand von T, d.h. die Polarisationsrichtung. T verlor sie unwiderruflich. B ist perfekt zu T ohne geisterhaften Materietransport geworden.

Bild 14. Die Prozedur der Teleportation.

Teleportation. Die bekannte Anweisung von Captain Kirk an seinen Bordingenieur „Beam me up Scotty“ in der TV-Serie Star Trek (deutsch: Raumschiff Enterprise) meint den körperlichen Transfer eines Menschen auf einen anderen Himmelskörper. Soweit werden wir nie kommen. Aber einzelne Quanten sind schon mehrmals erfolgreich von einem zum anderen Ort gebeamt, d.h. teleportiert worden.

Quanten-Teleportation ist die Übertragung eines Quantenzustandes, z.B. der Polarisationsrichtung des Lichts, über beliebig große Entfernungen. Ein anfängliches Photon T trägt eine Polarisation, die übertragen werden soll. Es wird mit einem von zwei verschränkten Photonen A einer Messung unterzogen, so dass das zweite des verschränkten Photonenpaares B die Polarisation des anfänglichen Photons annimmt und perfekt zu T wird. Das letztere kann von dem anfänglichen Photon beliebig weit weg sein. Quantenteleportation wird der wichtigste Baustein eines Quantencomputers sein.

Bild 15. Quanten im Abwasserkanal: Professor Zeilinger von der Uni Wien beamt 2004 Photonen durch einen Kanal vom Prater auf die Donauinsel. Alice im Vergnügungspark, Bob auf der Insel.

Bild 16. Mr. Beam Superstar Zeilinger. Er bewies, dass Einsteins spukhafte Fernwirkung tatsächlich existiert: verschränkte Lichtquanten kommunizieren miteinander ohne Zeitverzögerung, egal wie weit sie voneinander entfernt sind.

Hier sind die Meilensteine der Teleportation: 1982: Alain Aspect, Uni Paris, erzeugt im Experiment polarisiert verschränkte EPR-Photonen. 1997: Anton Zeilinger, Uni Innsbruck, erste experimentelle Teleportation verschränkter Photonen, Abstand A-B 50 cm. 2004: Zeilinger, jetzt Uni Wien, beamt Photonen über Glasfaser im Abwasserkanal vom Prater auf die Donauinsel, Abstand 630 m. 2005: Zeilinger teleportiert Photonen durch die Atmosphäre von der Kuffner-Sternwarte zum Milleniumstower, Abstand 7,8 km. Zeilinger, jetzt „Mr. Beam Superstar“ genannt, erzeugt vier verschränkte Photonen ("Quantencluster"). 2005 wurde er von der englischen Wochenzeitung New Statesman zu einem der "10 people who could change the world" gewählt.

Quantencomputer (QC). mit Hilfe der Quanten-Teleportation lassen sich völlig neuartige Computer auf der Basis Qubit statt Bit konstruieren. Ein herkömmliches Bit trägt die Information 0 oder 1, d.h. „tu entweder dies oder das!“ (das ist wie eine „Solostimme“). Ein Qubit im Überlagerungszustand trägt die Information 0 und 1 gleichzeitig, z.B. Polarisationsrichtung, d.h. „tu sowohl dies als auch das!“ (das ist wie eine „Symphonie“). Mehrfach verschränkte EPR-Teilchen ermöglichen Prozesse auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig. 2 Qubits nehmen alle gleichzeitig die Zustände 00, 01, 10 und 11 an.

Bild 17. Die unermesslichen Möglichkeiten des Quantencomputers - reale, absehbare Zukunft.

Der QC speichert die Information in Elementarteilchen, d.h. im Innern der Materie, nicht auf der Oberfläche. Er kann durch parallel arbeitende Algorithmen die Berechnungszeit unermesslich verkürzen. Es gibt jedoch noch schwer wiegende Probleme bei der praktischen Umsetzung des theoretischen Konzepts, wie z.B. Störung der Verschränkung durch die Umgebung, Kollaps der Überlagerung durch Auslesung, Betriebstemperatur vermutlich nur nahe am absoluten Nullpunkt… Daher wird der QC kaum vor 2015...2020 (?) einsatzfähig sein.

Verknüpfung mit der Relativitätstheorie? Die Quantenmechanik wird auch bei der Verknüpfung mit der Relativitätstheorie, der „Quantengravitation“, dem heiligen Gral der modernen Physik, eine tragende Rolle spielen. Urknall und schwarzes Loch: gigantische Massen auf kleinstem Raum: hier versagen beide Theorien für sich allein, das ist dann ein Fall für eine Kombination beider Säulen, allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik. In dieser TOE, theory of everything, verschmilzt das ganz Große mit dem ganz Kleinen, das Gigameter (109 m) mit dem Nanometer (10-9 m), die Galaxien mit den Quanten. Es gibt keine Trennung mehr zwischen Kosmologie und Teilchenphysik, es gibt nur noch Astroteilchenphysik. Wer, wie die Forscher am Large Hadron Collider beim CERN in Genf, wissen will, was die Welt im Innersten zusammen hält, findet die Antworten, wenn er sich mit dem Anbeginn des Universums befasst; denn die Teilchen und die sie bindenden Kräfte entstanden unter den extremen Bedingungen, wie sie in den Sekunden-Bruchteilen nach dem Urknall herrschten.

Bild 18. Ehrung in der Ruhmeshalle des Deutschen Museums für Werner Heisenberg.   Bild 19. ...und auf Helgoland, wo ihm 1925 der Durchbruch in der Formulierung der Quantenmechanik gelang.

Bild 20. 1927: Werner Heisenberg brachte die Unschärfe in die Quantenmechanik und erklärte damit viele Ungereimtheiten. Dafür gab es den Nobelpreis... und 2001 eine schöne Sonderbriemarke der Deutschen Post zu seinem 100. Geburtstag.

Ehrungen für Werner Heisenberg. 1932 Nobelpreis für Physik, 1933 Max-Planck-Medaille, 1943 Kopernikus-Preis der Uni Königsberg, 1964 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband, 1973 Romano-Guardini-Preis, Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste, Bayerischer Verdienstorden, Niels-Bohr-Medaille, Ehrendoktor zahlreicher Universitäten.

Was haben die Quantenphysiker herausgefunden? Die kleinsten Teilchen wollten die Quantenphysiker erkunden, allen voran Werner Heisenberg, sozusagen „the heart of the matter“. Sie stießen auf Atome, Quarks, Elektronen, Photonen. Sie fanden, dass im Mikrokosmos nichts absolut ist, sondern „unscharf“, während in der Relativitätstheorie alles relativ ist. Quantenobjekte sind scheu, schemenhaft, geisterhaft, überall und nirgends, sie halten sich in einem Überlagerungszustand in einer Aufenthaltswahrscheinlichkeitswelle auf, sind Weder-Noch-Objekte, unfassbar in ihrer Doppelbedeutung. Sie führen ein Doppelleben: Materie-Teilchen sind Wellen, Lichtwellen sind Teilchen. Wenn man sie beobachtet, bricht ihre Doppelnatur in sich zusammen. Der objektive Zufall ersetzt Ursache / Wirkung, wie wir sie aus dem täglichen Leben und aus der klassischen Physik kennen. Fassungs- und verständnislos stehen wir vor dem Geheimnis der Verschränkung: EPR-Teilchen handeln noch in Lichtjahren Entfernung wie siamesische Zwillinge, quasi mit „einem simultan agierenden Gehirn“.

Albert Einstein: Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicherlich nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.

 

Nachtrag

Jérôme Ferrari hat Werner Heisenbergs Leben in seinem Roman "Das Prinzip" literarisch beschrieben. Er las daraus vor am 5.5.2015 in der Buchhandlung Wist in Potsdam. Hier meine persönliche Zusammenfassung.

Jérôme Ferrari: DAS PRINZIP (erschienen 2015).

Es begann 1989, als der 1968 geborene französische Autor und Goncourt-Preisträger an der Uni seine letzte mündliche Prüfung in „Physik und Philosophie“ ablegen muss. Die Dozentin konfrontiert ihn mit Werner Heisenbergs Unschärferelation und ihren philosophischen Implikationen. Ferrari glänzt durch absolute Ahnungslosigkeit, weil er nie einen Fuß in ihr Seminar gesetzt hatte (er bedauert es jetzt, weil er sieht, dass sie schön ist und merkt, dass ihn erotische Gedanken durchzucken). Sie lässt ihn durchs Examen rasseln, demütigt ihn, aber seine Neugier ist erwacht: Wer war Heisenberg, was hat er entdeckt?

Aus der langen Liste deutscher Namen entpuppt sich Heisenberg als der, dem es vergönnt war, Gott über die Schulter zu schauen, in einer schlaflosen Nacht 1925 auf Helgoland, nach der nichts mehr so sein sollte wie vorher in der Physik. Unter dem Sternenhimmel das einsame Genie, das der Weltformel nahegekommen ist.

Jetzt wird der Name Heisenberg das Objekt seiner Begierde, und Ferrari führt mit Heisenberg einen (fiktiven) Dialog in direkter Rede, der in dem 130-Seiten-Büchlein kulminiert: Ihnen hat man also das Prinzip der Unschärferelation zu  verdanken, welches besagt, dass man nicht zugleich die Position und die Geschwindigkeit eines Elementarteilchens kennen kann. Stellt man den Ort eines Teilchens fest, weiß man nichts über die Geschwindigkeit, misst man seine Geschwindigkeit, kennt man seinen Ort nicht. Wissen Sie, Herr Heisenberg, dass Sie damit den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung aufgehoben und die Gesetze der klassischen Physik aus den Angeln gehoben haben? Dass die Grundbausteine unserer Materie eitle Trugbilder sind, niemals feststellbar, überall und nirgends? Das schöne klassische Atommodell – Elektronen umkreisen den Kern in der Mitte auf sauberen Bahnen – eine Illusion? Das Atom hat sich aufgelöst, in eine Aufenthaltswahrscheinlichkeitswolke verwandelt. Die ganze Welt entgleitet uns, gerät außer Kontrolle, wir bewegen uns auf schwammigem Boden. Sie haben ein Feuer entzündet, das sich zum Flächenbrand auswuchs, das Allerheiligste verwüstete, indem Sie uns den objektiven Seinsgrund entzogen.

Die Reaktion der Nazi-„Wissenschaftler“ lässt nicht auf sich warten: Sie, als „weißer Jude“ beschimpft und Einstein werden einer widerlichen, typisch jüdischen Physik bezichtigt, die dem gesunden Menschenverstand widerspreche, nur unbegründete theoretische Vermutungen mit nebulöser Mathematik ausspreche, die mit ihrer jüdischen Korruption die „Deutsche Physik“ verpeste, damit sich die arglose Gutmütigkeit der Arier darin verirre, alles eine Verschwörung des Weltjudentums. Sie bleiben trotzdem in Deutschland, um im Einvernehmen mit Planck „Inseln des Bestands“ zu sichern, um nach der Katastrophe schneller aufbauen zu können, was jetzt schon zerstört ist.

Statt in den Krieg steckt man Sie in das Heereswaffenamt, um Otto Hahns Entdeckung der Atomkernspaltung als mögliche Waffe zu untersuchen – den Nuklearreaktor zur Erzeugung von Energie, und dabei so viel jüdische Physik wie nötig zu verwenden (!). Wie gingen Sie damit um? Der reinen Wissenschaft dienen, Waffenentwicklung ausbremsen, verzögern? Aber Sie wissen doch, dass Sie eine, den Ausgang des Krieges entscheidende Bombe konstruieren sollen und dass Ihre nach USA emigrierten Kollegen das auch wissen? Auch hier geht es um Elementarteilchen, nicht lokalisierbar, doch miteinander in Wechselwirkung, riesige Energien freigebend.

Am 6. August 1945 war der Schneeballeffekt bewiesen, dass jeder Urankernbeschuss durch Neutronen neue Neutronen gebiert, die wiederum Urankerne spalten und damit eine ungeheure, bisher nicht gekannte, multiple Energie entfachen, die die Menschen in Hiroshima in Schattenbilder an Häuserwänden verwandeln. Diese Schockwelle erreicht Sie, Herr Heisenberg und neun weitere deutsche Atomwissenschaftler in der Internierung in Farmhall/England. Ungläubigkeit, Schrecken, Erleichterung, Neugier, Enttäuschung – und Gekränktheit, dass es den Amis gelungen ist, schamlos eine deutsche Erfindung auszubeuten. Die Mikrofonwanzen zeichnen alles auf: Warum heulen sie? Weil die Amis besser waren? Oder sind es Freudentränen, weil sie die Bombe nicht gebaut haben? Die Bombe – das Schicksal der Physik, ihre Entwürdigung, ihr Triumph und ihr Ruin. Auch Robert Oppenheimer, der Vater der Bombe hat Recht: Die Physiker haben die Sünde erfahren.

Das Unschärfeprinzip, le principe d´incertitude – eine ungewöhnliche, sehr gute literarische Verarbeitung des schwierigsten Kapitels der Physik, der Quantenmechanik, mit reinem Genuss zu lesen und zu verstehen. Komplizierte Fragen der Naturwissenschaft durch Literatur begreiflich gemacht. Wunderbare Sprache, gute Übersetzung. Eine Geschichte Heisenbergs, des tragischen Helden in Deutschlands dunkelster Zeit, Nobelpreisträgers, Atomforschers, Gegners der Atombewaffnung, des Antipoden Einsteins. Faszinierend, wie Ferrari das „Prinzip“ auf andere Bereiche des Lebens und des Wesens unseres Daseins ausdehnt. Ich stellte ihm nach seiner Lesung  am 5. Mai 2015 in Potsdam die Frage, warum er als Physiker zur Schriftstellerei gewechselt ist. Antwort: Ich bin nicht Physiker, habe lediglich Philosophie und Wissenschaftsgeschichte studiert, die Geschichte Heisenbergs, der Gott über die Schulter geschaut hat, zog mich in ihren Bann.

Moi, j´en suis enchanté.                                                                                                                                                                                                                             K.L.

 

Bildnachweis.

Bild 1: CC-Lizenz, Bundesarchiv Bild 183-R57262/CC-BY-SA. Bild 2, 3, 6: Public domain. Bild 4, 5, 7: Eigener Entwurf. Bild 8, 9: Aus J. Audretsch "Verschränkte Welt", Wiley-VCH, 2002. Bild 10, 18: Eigene Fotos am 1./2.8.2011 im Deutschen Museum München, Gestattungsvertrag für Bildaufnahmen vom 12.7.2011. Bild 11: Eigene Zeichnung. Bild 12: Public domain. Bild 13: Wiki creative commons attribution share alike3.0,CC-BY SA. Bild 14: Eigene Zeichnung. Bild 15: Doc. Lic. under CC-by-sa. Bild 16: CC-BY SA Lizenz Quelle Zeilinger, Urheber Jaqueline Godany. Bild 17: Eigener Entwurf. Bild 19: CC-BY SA Lizenz Timo Kamph. Bild 20: Public domain.

Die Quantenmechanik - Kurzinfo

Die Quantenmechanik hat viele Väter und ist mit Nobelpreisträgern nur so gepflastert: Planck, Einstein, Heisenberg, Bohr, Pauli, Schrödinger.... Und ihre Erforschung ist noch nicht abgeschlossen. Werner Heisenberg: „Wer verstehen will, was die Welt im Innersten zusammen hält, muss etwas über ihre kleinsten Teilchen wissen.“ Bei dieser Reise in das tiefste Innere der Materie stoßen die Forscher auf Geheimnisvolles, Unlogisches…Die Welt der kleinsten Teilchen ist faszinierend und eine Herausforderung für unsere Erkenntnisfähigkeit. Obwohl alle Aspekte der Quantenmechanik mathematisch beschrieben sind, übersteigt sie unser Vorstellungsvermögen, weil unser Gehirn Jahrmillionen lang nur damit beschäftigt war, unser Überleben auf der Erde zu sichern.

Die Quantenphysik beschreibt Verhaltensweisen der Quantenobjekte, d.h. der Elektronen, Protonen, Neutronen, Atome, Moleküle, Photonen, die allesamt in der Nanowelt beheimatet sind. Der Maßstab im Mikrokosmos ist ein Milliardstel Meter, mathematisch 10-9 m oder 1 nm (Nanometer).

Werner Heisenberg (*1901 Würzburg, †1976 München) hat mit seiner Unschärferelation einen sehr großen Beitrag geliefert. Danach sind Quanten nicht zu orten, sie sind an allen Orten gleichzeitig und nirgends. Der Kausalzusammenhang zwischen Ursache und Wirkung ist aufgehoben. Quanten haben einen dualen Charakter, d.h. sie sind gleichzeitig Welle und Teilchen! Es kommt noch verrückter: verschränkte, auseinander fliegende Quanten sind körperlich getrennt, reagieren aber absolut gemeinsam: wenn das eine gekitzelt wird, lacht das andere. Mit der Nanotechnologie fingen sie an; aber jetzt geht es erst richtig los: Quanteninformatik, Quanten-Kryptografie, Quanten-Teleportation, Quanten-Computer...Adé, du liebe klassische Physik!

 

Die Quantenmechanik - die ganze Geschichte

 

Was wurde aus Max Plancks Quantentheorie?

Planck öffnete mit seiner Entdeckung der Quanten ein wahres Füllhorn modernster Erfindungen.

Was Hat Planck entdeckt? Max Plank, der Gründervater der Quantentheorie, hat im Jahr 1900, ohne dass er es beabsichtigte, entdeckt, dass das Licht nicht nur eine kontinuierliche Welle ist, sondern aus winzigen Partikeln besteht, die, von einer Quelle ausgesandt, z.B. auf eine Metallfläche prasseln. Man nannte die Lichtteilchen später Photonen oder auch Quanten. Dass es Teilchen sein müssen, ergab die Analyse des fotoelektrischen Effekts, mit der Einstein die Wissenschaftler aufhorchen ließ. Der Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts war geboren. Nun ja, könnte man meinen, eine neue Einzelerkenntnis, die Physik war ja immer gut für Überraschungen. Aber es blieb nicht bei einem einzelnen Aha-Erlebnis. Planck hatte in ein Wespennest gestochen. Man entdeckte, oft erst Jahrzehnte später, dass das Reich der Quanten ein Universum für sich ist.

Licht hat also nicht nur Welleneigenschaften, sondern besteht auch aus Teilchen. Aber, und das war schon die nächste Überraschung, jede Materie, d.h. Elektronen, Protonen, Atome, Moleküle besitzen nicht nur Teilcheneigenschaften, sondern können auch als Materiewelle beschrieben werden, das ist eine der wichtigsten Errungenschaften der nichtklassischen Physik. Die Bezeichnung „Quanten" wird für Elementarteilchen benutzt, wenn ihr Teilchen- und nicht ihr Wellenverhalten im Vordergrund steht. Kleinste Energieeinheiten, die sowohl Wellen- als auch Teilchencharakter haben, sind auch „Quanten“. Alle Quanten haben diesen Doppelcharakter.

In der Quantenphysik geht es um Elementarteilchen (Moleküle, Atome, Elektronen, Nukleonen, Quarks, Photonen) der Größe ein Milliardstel Meter = 1 Nanometer (nm) und darunter. Daher merken wir in unserer normalen „Makro“-Welt nicht viel von Quanten. Aber sie sind allgegenwärtig. Besucher der Website können diesen Text nur lesen, weil Abermilliarden von Lichtquanten (Photonen) in diesem Moment in ihr Auge gelangen.

Die verrückte Welt der Quanten. Wenn man aber unsere Makrowelt verlässt und, etwa wie ein Tauchboot in die tiefsten Tiefen der Meere, in die Mikrowelt eintaucht, erlebt man ungeahnte Überraschungen, die so bizarr sind, dass man an seinem gesunden Menschenverstand zweifelt. Albert Einstein schrieb im Jahr 1951: Die ganzen 50 Jahre bewusster Grübelei haben mich der Antwort auf die Frage ‚Was sind Lichtquanten‘ nicht näher gebracht. Heute glaubt zwar jeder Lump, er wisse es, aber er täuscht sich. Nobelpreisträger Richard Feynman: Ich kann mit Sicherheit sagen, niemand hat die Quantenmechanik verstanden. Werner Heisenberg: Wer verstehen will, was die Welt im Innersten zusammen hält, muss etwas über ihre kleinsten Teilchen wissen. Bei dieser Reise in das tiefste Innere der Materie stoßen die Forscher auf Geheimnisvolles, Unbegreifliches, Schockierendes, Unlogisches… Diese Expedition ist spannender als der Vorstoß in die Tiefe der Ozeane. Einstein sagte über das Entdeckte: Die Welt kann nicht so verrückt sein. Doch heute wissen wir: sie ist so verrückt! Aber die Welt der kleinsten Teilchen ist faszinierend und voller Überraschungen und eine Herausforderung für unsere Erkenntnisfähigkeit. Obwohl heute alle Aspekte der Quantenmechanik mathematisch exakt beschrieben sind, übersteigt sie unser Vorstellungsvermögen, weil unser Gehirn Jahrmillionen lang nur damit beschäftigt war, unser Überleben auf der Erde zu sichern.

Die Grundlagenforschung galt zunächst den Eigenschaften der Quantenobjekte und ergab so Widersprüchliches, dass die Wissenschaftler lange glaubten, auf Messfehler hereingefallen zu sein. Hier eine Zusammenfassung der Unbegreiflichkeiten.

Das Wesen der Quantenobjekte. Nach den masselosen Photonen wandte man sich den massebehafteten Elektronen zu, schickte sie durch einen Spalt und durch zwei Spalte, und fand heraus: Auch sie sind Quantenobjekte mit einem eindeutigen Teilchen-Welle-Dualismus. Und sie bergen noch mehr Geheimnisse: Man kann nicht feststellen, durch welchen Spalt ein einzelnes Elektron geflogen ist, es fliegt gleichzeitig durch beide Spalte. Beim Doppelspaltexperiment ist ein Wellenmuster auf dem Schirm zu sehen. Wenn man sie jedoch kurz hinter dem Spalt beobachtet (mit Licht, Laser, Röntgenstrahl), kommt es zu einem typischen Einschlagmuster von Teilchen. Es kam noch ärger: Auch ein Einzelelektron, bei dem man an ein Körperchen denkt, verhält sich wie eine Welle, wenn es geisterhaft durch beide Spalte fliegt. Siehe hierzu auch den Beitrag über die <Quantenmechanik> mit noch mehr Einzelheiten.

Bild 1. Experimente mit Pistolenkugeln, mit Licht und mit Elektronen. Diese erweisen sich als Teilchen, wenn sie durch einen Spalt geschickt werden, sie sind aber Wellen, wenn man sie durch zwei Spalte schickt.

Bild 2. Das völlig Unbegreifliche: Auch dann, wenn im zeitlichen Abstand einzelne Elektronen durch einen Doppelspalt geschickt werden, erweisen sie sich eindeutig als Wellen.

Bild 3. Bizarrer Charakter, skurriles Verhalten, die Quantenobjekte widersprechen jeglicher normalen Anschauung.

Wie soll man die Doppelspaltexperimente mit Quantenobjekten verstehen? Die Kopenhagener Deutung, die Werner Heisenberg und Niels Bohr im Jahre 1927 ausarbeiteten, sagt folgendes: Ein von einer Quelle emittiertes Quantenobjekt breitet sich wie eine Kugelwelle aus. Diese ist nicht real wie eine Wasserwelle, sondern sie ist eine „Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitswelle“, AWW. Das Objekt ist an allen Orten der Welle gleichzeitig und nirgends. Wenn das Elektron im Zustand der Welle ist, kann es nicht exakt lokalisiert werden. Es befindet sich innerhalb der Kugelwelle mit einer großen Wahrscheinlichkeit hier und mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit dort. Wo es ist, darüber kann keine Aussage gemacht werden. Wenn es eindeutig lokalisiert wäre, hätten wir ein Teilchen vor uns, das nicht die Fähigkeit zur Welleninterferenz und zur Bildung von Überlagerungsmustern hätte. Im Falle einer „Messung“ (Beobachtung, Markierung, Auftreffen auf Schirm) kommt es zu einem Kollaps der Wellenfunktion, der den Überlagerungszustand beendet und ein klassisches Teilchen erscheinen lässt. Quanten können also nicht dingfest gemacht werden, ihr Ort kann nur durch eine „Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitswelle“ AWW angenähert werden.

1926 fand der Österreicher Erwin Schrödinger die quantenmechanische Wellenfunktion Ψ, die mit echten Wellen nur eine formale Ähnlichkeit hat. Elektronen bleiben im Doppelspaltversuch Teilchen, aber Ψ teilt ihnen den wahrscheinlichen Auftreffpunkt zu, je nachdem, welchen Spalt sie durchflogen haben (Einstein bezeichnete die AWW spöttisch als „Gespensterfeld“). Die AWW jedes Elektrons fließt durch beide Spalte, beide Teilwellen interferieren konstruktiv oder destruktiv miteinander, wie bei echten Wellen. Dadurch entsteht das hell-dunkle klassische Wellenmuster. Die tatsächliche wellenförmige Lokalisierung vieler Elektronen entspricht der Wahrscheinlichkeitsberechnung gemäß der Wellenfunktion Ψ. Es bleibt offen, durch welchen Spalt ein bestimmtes Elektron geschlüpft ist. Die Kugelwelle stellt ein einziges Elektron dar, das, wenn es auf dem Projektionsschirm am Ort x detektiert wird, augenblicklich in den Teilchen-Zustand übergeht und den Punkt x markiert. Die übrige Welle, in der das Teilchen im Moment des Aufpralls nicht war, hört augenblicklich auf zu existieren, sie „kollabiert“.

 

Bild 4. Österreich ehrt den berühmten Quantenphysiker Erwin Schrödinger mit einem Tausend-Schilling-Schein. Ein würdevolles Portrait und das Symbol Ψ der Schrödinger-Gleichung sind dargestellt. Er erhielt den Nobelpreis und war Professor in Jena, Stuttgart, Breslau, Zürich, Berlin, Oxford, Dublin und Wien.

 Das ist die berühmte Schrödinger-Gleichung:

Ψ ist die orts- und zeitabhängige Funktion der Kugelwelle mit dem Radius r vom Kugelmittelpunkt und der Zeit t. Sie erlaubt die Berechnung des wahrscheinlichen Aufenthaltsortes des Quantenobjekts innerhalb der Kugelwelle. Mit ihr kann man auch die wahrscheinlichen Aufenthaltsräume der Elektronen im Atom bestimmen, womit ein neues wellenmechanisches Atommodell entwickelt werden konnte, das eine bedeutende Weiterentwicklung des alten Bohr´schen Atommodells darstellte. Auf die einzelnen Therme der Gleichung und ihre Handhabung kann hier nicht eingegangen werden. Eine sehr gut verständliche Ableitung und Beschreibung findet sich in dem Buch von S. Arroyo Camejo: Skurrile Quantenwelt, Springer, 2006.

Es wurden auch Doppelspaltversuche mit größeren  Elementarteilchen, wie Nukleonen und großen Molekülen, den Fullerenen durchgeführt. Diese bestehen aus 60, 70 und mehr kugelförmig angeordneten Kohlenstoffatomen und sind eine weitere Modifikation neben Ruß, Graphit und Diamant. Auch bei ihnen wurde ein Teilchen-Welle-Dualismus nachgewiesen.

Bild 5. Ein Fulleren-Molekül, auch Fußballmolekül oder buckyball genannt – befindet sich, trotz seiner Größe, auch in einer Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitswelle beim Durchströmen eines Doppelspalts.

Die Unschärferelation. In der klassischen Physik hat eine auf dem Tisch rollende Billardkugel zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bekannten Ort x und eine bekannte Geschwindigkeit v und deren Richtung, woraus sich x und v im nächsten Zeitpunkt bestimmen lassen. In der Quantenphysik jedoch ist es ganz anders, ist dieser Kausalzusammenhang zwischen Ursache und Wirkung aufgehoben.

Der geniale Quantenphysiker Werner Heisenberg steuerte 1927 mit seiner Unschärferelation das Entscheidende zum Charakter der Quantenobjekte bei: Das Produkt aus der Ungenauigkeit (Unschärfe) des Ortes und der Ungenauigkeit (Unschärfe) des Impulses eines Teilchens ist konstant, und zwar proportional dem Planckschen Wirkungsquantum h. Der Ort wird mit x, die Ungenauigkeit mit Δx bezeichnet. Der Impuls ist das Produkt der Masse eines Körpers m und dessen Geschwindigkeit v, die Ungenauigkeit des Impulses wird mit Δ(mv) bezeichnet.

      h = 6,626·10-34 Js…Plancksches Wirkungsquantum = konstant

Das Teilchen hält sich irgendwo innerhalb des Ortsbereichs Δx auf und sein Impuls, also bei gegebener Masse, seine Geschwindigkeit, innerhalb des Bereichs Δ(mv). Will man nun die Bahn eines Teilchens berechnen, müsste man versuchen, Δx und Δ(mv) möglichst klein werden zu lassen. Wenn sie zu Null würden, wären wir in der klassischen Physik, und die Bahnberechnung wäre genau möglich. In der Welt der Elementarteilchen jedoch können laut obiger Ungleichung Δx und Δ(mv) niemals Null sein. Man kann den Ort eingrenzen, d.h. Δx möglichst klein machen, dann ist aber Δ(mv) groß, d.h. die Geschwindigkeit nach Größe und Richtung völlig ungenau. Oder man kann die Geschwindigkeit eingrenzen, d.h. Δ(mv) möglichst klein machen, dann ist aber Δx groß, d.h. die Ortsbestimmung völlig ungenau. Das liegt daran, dass das Produkt aus beiden immer konstant sein muss, wenn also das eine groß ist, muss das andere klein sein.

Die Unschärferelation stellt keine Messunsicherheit der Instrumente dar. Sie kann nicht aus der Welt geschafft werden, wenn man genauere Geräte verwendet, sondern ist ein Naturgesetz, eine grundlegende Eigenschaft der Materie. Sie schränkt unsere Kenntnis über den Aufenthaltsort, die Geschwindigkeit und damit die Bahnen der Mikroteilchen ein. Der Ort des Quantenobjekts kann nur durch die von Schrödinger beschriebene Aufenthalts-Wahrscheinlichkeitswelle mathematisch angenähert werden.

Bild 6. Zwei verschränkte Photonen mit um 90° verdrehten Polarisationsebenen werden in einem nichtlinearen optischen BBO-Kristall (ß-Bariumborat) aus einem Photon erzeugt.

Verschränkte Quantenteilchen - unser Verstand ist am Ende. Es kommt noch verrückter: Die Verschränkung von Quanten ist bis heute der Frontalangriff auf unseren gesunden Menschenverstand. Sie geht auf ein Gedankenexperiment von Einstein, Podolsky und Rosen (EPR) im Jahr 1935 zurück, mit dem sie eigentlich die Widersinnigkeit der Verschränkung beweisen wollten. Einstein damals: Gott würfelt nicht!  Worum geht es? In einer Apparatur mit halbdurchlässigen Spiegeln wird über einen nichtlinearen optischen Bariumborat-Kristall aus einem Photon ein "verschränktes" Photonenpaar EPR mit um 90° verdrehten Polarisationsebenen erzeugt und separat mit Lichtgeschwindigkeit in den Raum geschickt. Wird nun am Photon A die Polarisationsebene z.B. zu α = 0° gemessen, zeigt Photon B augenblicklich (ohne jede Verzögerung) α = 90° an und umgekehrt, auch wenn der Abstand der Teilchen inzwischen Lichtjahre beträgt! Die Teilchen sind körperlich getrennt und nicht durch Informationsübertragung verbunden, sondern lediglich durch die gemeinsame Aufenthalts-Wellenfunktion beschrieben. Das Geheimnis der Verschränkung von EPR-Teilchen: Noch in makroskopischer Entfernung benehmen sie sich wie siamesische Zwillinge, quasi mit einem simultan agierenden Gehirn. Quantenphysiker Jeff Kimble vom California Institute of Technology: Verschränkung ist, wenn das eine Teilchen gekitzelt wird und das andere lacht. Und ER würfelt doch!

Bild 7.Verschränkung - übertragen ins tägliche Leben: Zwei gleiche Münzen rotieren aufrechtstehend auf je einem Tisch. Münze A fällt zufällig auf „Max Planck“. Wären es verschränkte „Quantenmünzen“, fiele Münze B sofort auf „Adler“; B kann nicht unabhängig von A umfallen. Die Verschränkung bleibt bestehen, auch wenn die Tische Lichtjahre voneinander entfernt sind!

Das unfassbare Phänomen der Verschränkung hat das bis dahin feste Gebäude der Physik ins Wanken gebracht, und das war ja geprägt durch das scheinbar unumstößliche Prinzip von "Ursache und Wirkung", tue irgend etwas mit einem Körper, einem Strahl, einer Welle, einem Strom, und es wird sich eine vorausberechnete Wirkung einstellen. Danach blieb auch ein Teilchen ein Teilchen, eine Welle eine Welle, und eine geisterhafte "Überlagerung" beider schien undenkbar. Nach der Entdeckung der verschiedenen Merkwürdigkeiten der Quantenmechanik ist heute nichts mehr wie es mal war. Die Verschränkung ist heute anerkannt, aber man versuchte bisher vergeblich hinter das Geheimnis der augenblicklichen Reaktion des zweiten Teilchens zu kommen, wenn am ersten eine Messung vorgenommen wurde. Augenblicklich heißt augenblicklich und nicht erst nach Aussendung eines Lichtstrahls von Teilchen A und Ankunft des Strahls bei B. Also gibt es doch eine Informationsübertragung, die schneller ist als das Licht? Nein, bei diesen Quantenzwillingen handelt es sich nicht um Informationsübertragung, denn die maximal mögliche Geschwindigkeit ist die Lichtgeschwindigkeit, und die ist endlich, zwar mit 300 000 km/s unverstellbar groß, aber doch nicht unendlich groß. Die Quantenzwillinge sind "lediglich" an die gemeinsame Wellenfunktion gekettet. In der Natur existieren also Beziehungen zwischen Systemen, die unabhängig von Raum und Zeit sind (das sind die spukhaften Fernwirkungen, mit denen Einstein zeit seines Lebens unzufrieden war; er konnte sich nicht mit dem Wahrscheinlichkeitscharakter der Quantentheorie abfinden). John Bell gelang 1964 der theoretische Nachweis, dass A und B miteinander verschränkt sein können. 1982 wies Alain Aspect auch im Experiment die Fernwirkung nach.

Quanten - Grundlage vieler nützlicher Erfindungen. Die beschriebenen Ergebnisse der Grundlagenforschung mit diesen verrückt agierenden Quanten ließen die Wissenschaftler erstmal ratlos zurück. Bis etwa 1970 haderten sie und hatten damit zu tun, die schwere Kost zu verdauen. Dann jedoch begann die Morgenröte des positiven Pragmatismus, neues Leben zog in die verrückte Quantenwelt ein, jetzt begann sie unser aller Leben zu verändern. Eine neue, junge Generation von Experimentatoren spielt mit Quanten wie mit Bällen eines genialen Irren und haut die klassische Physik lustvoll in Stücke. Sie kümmern sich nicht mehr um die Ungereimtheiten der Quantenphysik, sie fragen nur, was können wir mit ihr in der Praxis anfangen? Und siehe da, ein wahres Füllhorn tat sich auf! Mit Halbleiter-Elektronik, Mikroprozessoren, Laser, Nanotechnologie fingen sie an; z.B. auch der neue superfest-elastische TWIP-Stahl (Twinning Induced Placidity) basiert auf Quanten-Prinzipien. Aber jetzt geht es erst richtig los: Quanteninformatik, Quanten-Kryptografie, Quanten-Teleportation, Quanten-Computer... Der gravierende Unterschied zur klassischen Information (Information ist Mitteilung, Nachricht, Auskunft über etwas oder jemanden) mit dem digitalen Bit als Träger ist die von einem Quantenobjekt getragene Informationseinheit Qubit (sprich kjubit).

Die modernen Anwendungen der Quantenmechanik. Uns ist wahrscheinlich nicht klar, wie stark unser alltägliches Leben inzwischen von Max Plancks Quantenrevolution beherrscht wird: Laserstrahl,  CD-oder MP3-Player, Halbleiter- und Mikroelektronik, Nanotechnologie, medizinische Geräte, Computer, Elektronenmikroskope in ihren verschiedenen Varianten Rastertunnel, Rasterkraft, Rasterionen, CCD- und CMOS-Sensoren in den Digitalkameras, LED-Lichttechnik (Kfz, Ampelanlagen, Taschenlampen), Flüssigkristallbildschirme, usw., usw.

Hinzu kommen große Projekte, an denen noch gearbeitet wird. Die Quantenkryptografie, also die Nachrichtenverschlüsselung, benutzt zwei in Polarisation verschränkte Photonen aus einer EPR-Quelle. Die Verschlüsselung ist, anders als bei der „Enigma“, nicht mehr zu knacken. Die Quanten-Teleportation ist das instantane Übersenden der in einem Quantenzustand enthaltenen Information an einen beliebig weit entfernten Empfänger unter Ausnutzung von Verschränkung. In einem Photon kann die Information in Form der Polarisationsrichtung enthalten sein. Der Quantencomputer bietet eine reale, absehbare Zukunft. Er trägt im Qubit die Information 0 und 1 gleichzeitig, z.B. die Polarisationsrichtung, d.h. tu sowohl dies als auch das! Mehrfach verschränkte EPR-Teilchen ermöglichen Prozesse auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig. Zwei Qubits nehmen alle im quantenmechanischen Überlagerungszustand gleichzeitig die Zustände 00, 01, 10 und 11 an. Ein herkömmlicher Rechner kann bei 10 Bits 20 Rechenoperationen jeweils nacheinander verarbeiten, ein Quantencomputer kann bei 10 untereinander verschränkten Qubits 1024 Rechenoperationen gleichzeitig verarbeiten. Wissenschaftler sagen, dass der Quantencomputer nicht vor 2020 einsatzfähig sein wird, weil es noch sehr schwer wiegende Probleme zu lösen gibt, z.B. Wechselwirkung mit der Umgebung, Kollaps der Überlagerung durch Auslesung, die Betriebstemperatur…Wenn er einmal fertig sein wird, kann die Berechnungszeit unermesslich verkürzt werden. Siehe hierzu auch im Beitrag über die <Quantenmechanik> noch mehr Einzelheiten.

Die Planck-Einheiten bilden ein natürliches Einheitensystem. Sie werden aus drei Naturkonstanten hergeleitet, nämlich der Gravitationskonstanten G, der Lichtgeschwindigkeit c und dem Planck´schen Wirkungsquantum h und markieren Grenzen der Anwendbarkeit der bekannten Naturgesetze. In der Natur sind keine physikalischen Strukturen möglich, die kleiner als die Planck-Länge sind. Die kleinstmögliche Zeit ist die Planck-Zeit, die das Licht benötigt, um die Strecke einer Planck-Länge zu durchqueren. Sie stellt den kleinsten, physikalisch sinnvollen Zeitabschnitt dar. Die Planck-Masse ist die kleinstmögliche existierende Masse. Die unvorstellbar kleinen Planck-Einheiten sagen aus, dass der Raum, die Zeit und die Masse „körnig“ sind, ein Attribut, das bei dem Versuch der Entwicklung einer Quantengravitation, der Vereinigung der Quantenmechanik und Relativitätstheorie, eine große Rolle spielt.

Bild 8. Am Anfang war der Planck. Dann kamen bedeutende Physiker aus Deutschland, Dänemark, Österreich, Frankreich, die das Revolutionäre der Quantentheorie erkannten und so zur Gründergeneration der nichtklassischen Physik wurden. Was sie herausfanden, sprengte den Rahmen des bisher Bekannten. Ihre Grundlagenforschung bereitete ein weites Feld für zahlreiche Erfindungen der gegenwärtigen Zeit, die uns einen Großteil unseres heutigen Bruttosozialprodukts bescheren. Und die Erfindungen und Entwicklungen gehen ungebremst weiter…

Was haben die Quantenphysiker herausgefunden? Die kleinsten Teilchen wollten die Quantenphysiker erkunden, sozusagen „the heart of the matter“. Sie stießen auf Atome, Quarks, Elektronen, Photonen. Sie fanden, dass im Mikrokosmos nichts absolut ist, sondern „unscharf“, während in der Relativitätstheorie alles relativ ist. Quantenobjekte sind scheu, schemenhaft, geisterhaft, überall und nirgends, sie halten sich in einem Überlagerungszustand in einer Aufenthaltswahrscheinlichkeitswelle auf, sind Weder-Noch-Objekte, unfassbar in ihrer Doppelbedeutung. Sie führen ein Doppelleben: Materie-Teilchen sind Wellen, Lichtwellen sind Teilchen. Wenn man sie beobachtet, bricht ihre Doppelnatur in sich zusammen. Der objektive Zufall ersetzt Ursache/Wirkung, wie wir sie aus dem täglichen Leben und aus der klassischen Physik kennen. Fassungs- und verständnislos stehen wir vor dem Geheimnis der Verschränkung: EPR-Teilchen handeln noch in Lichtjahren Entfernung wie siamesische Zwillinge, quasi mit „einem simultan agierenden Gehirn“.

Albert Einstein: Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicherlich nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.

The heart of the matter besteht aus unvorstellbar kleinen, aber Elementen endlicher Größe. Die Strecken, Flächen, Volumina, die Masse, die Dichte, nichts ist kontinuierlich, sondern alles ist "körnig", "verquantelt", sogar die Zeit vergeht nicht gleichmäßig, sondern rückt in kleinsten Intervallen vor.

Die Suche nach dem Heiligen Gral der Physik: die Quantengravitation. Die zwei Säulen der modernen Physik haben uns ermöglicht, den letzten Naturgeheimnissen nahezukommen. Die Quantenmechanik beschreibt widerspruchsfrei den Mikrokosmos (ohne dass wir ihn verstehen), die allgemeine Relativitätstheorie beschreibt den Makrokosmos präzise (ohne dass unser Verstand ihm folgen kann). Aber im Urknall und im schwarzen Loch brechen beide Theoriengebäude haltlos in sich zusammen. Die Quantengravitation, an der weltweit seit Jahrzehnten geforscht wird, versucht für diese Fälle eine Vereinigung beider. Eine Universaltheorie, die Weltformel, die TOE, the theory of everything hat die Quantisierung der allgemeinen Relativitätstheorie zum Ziel. Die Hoffnungen ruhen einmal auf der Schleifen-Quantengravitation und zum anderen auf der Stringtheorie, die beide von ihren jeweiligen Befürwortern für aussichtsreiche Modelle gehalten werden.

Ob die Hoffnungen jemals erfüllt werden? Und wenn die Theorie der Quantengravitation jemals stehen sollte, wie wird es um ihre experimentelle Nachprüfbarkeit stehen?

Bild 9. Die Quantengravitation, der Heilige Gral der Physik, die letzte Lücke, die im stolzen Gebäude der Physik geschlossen werden muss.

 

Bildnachweis

Bild 1: eigene Skizze. Bild 2: Aus: Prof. J. Audretsch: „Verschränkte Welt“. Bild 3: aus thp.uni-koeln mit eigenen Ergänzungen. Bild 4: Wikipedia, gemeinfrei. Bild 5: Wikipedia, Urheber Sponk, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 6: eigene Skizze. Bild 7: gemeinfrei. Bild 8: alle Wikipedia, Heisenberg Urheber Bundesarchiv_Bild183-R57262, gemeinfrei; Dirac Urheber  Nobel Foundation, gemeinfrei; Pauli Urheber Bettina Katzenstein, CC-BY-SA Unported 3.0; übrige gemeinfrei, Schutz abgelaufen. Bild 9: eigene Skizzen und Schleifenquantengravitation Spektr. D. Wiss. 06/2007; Stringtheorie M. Kulyk/SPL/Agentur Focus.

 

Was sagte doch der gelehrte Münchener Physikprofessor Philipp von Jolly 1874 zu dem 16-jährigen Abiturienten? Junger Mann, Sie wollen Physik studieren? Die Physik ist eine hochentwickelte, voll ausgereifte Wissenschaft, die nach der Entdeckung des Prinzips der Erhaltung der Energie ihre endgültige stabile Form angenommen hat. Das klang eher abweisend, nicht gerade zukunftszugewandt, der gesamte Acker ist schon bestellt, grundlegend Neues ist in der Physik nicht mehr zu entdecken. Man kann keine Pioniertaten mehr erwarten. Nicht sehr ermutigend für einen jungen Mann. Es hat sich wohl noch nie ein Hochschulprofessor so geirrt!

Bild 1 und 2. Max Planck 1874 als Abiturient, als ihm die Physik fast verleidet wurde – und 1901 als Professor der theoretischen Physik an der Berliner Uni – da hob er gerade die Physik aus den Angeln und schrieb mit der Begründung der Quantentheorie Wissenschafts-Geschichte. Mal ehrlich: Würde man von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?

Der junge Mann war Max Planck (*1858 Kiel, †1947 Göttingen), der zwischen einem Studium der Musik und Theologie einerseits und den Naturwissenschaften andererseits noch schwankte. Gottseidank machte die quasi negative Aussage des Professors auf ihn keinen nachhaltigen Eindruck - und entschied er sich für die Mathematik und Physik!

Da war er nun in Berlin angekommen, im Himmel der Wissenschaften, an der Friedrich-Wilhelms-Universität, ordentlicher Professor der Theoretischen Physik, Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Der 42-Jährige hatte sich im Jahr 1900 der Wärmestrahlungstheorie als neuem Forschungsgebiet zugewandt – da stieß er auf Unglaubliches, unerklärliche Phänomene, die als Ultraviolettkatastrophe bezeichnet wurden.

Bild 3. Einfache Idee – gewaltiger Versuchsaufbau. Der schwarze Körper war für Planck keine schwarze Magie mehr. Er analysierte die Messungen akribisch und fand ein ganz neues Gesetz und begründete damit eine ganz neue Physik.

Planck löst das Rätsel der Ultraviolettkatastrophe. Er analysierte die Messungen von Lummer und Pringsheim und stellte zunächst einmal fest, dass die klassische Strahlungsformel von Rayleigh und Jeans für die Strahlung eines schwarzen Körpers bei kleinen Wellenlängen überhaupt nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Danach hätte die Strahlungsleistung bei immer kleineren Wellenlängen immer größere Werte annehmen müssen, sogar Werte, die weit über der eingespeisten Energie liegen. Es kann doch nicht mehr herauskommen als hineingegangen war! Die Ultraviolettkatastrophe musste behoben werden! Dazu stellte er eine völlig neue Strahlungsformel auf, die er selbst als „Kunstgriff“ bezeichnete, als empirische Korrektur der bekannten Strahlungsgleichung und auch als „glücklich erratene Interpolationsformel“. Er fand die Lösung erst, als er sich zu einem Akt der Verzweiflung gedrängt sah und eine neue Konstante einführte, die er mit h (für „hilf“) bezeichnete. Er griff auf seine eigenen Arbeiten über die Entropie zurück, sowie auf Ludwig Boltzmanns Gasstatistik, und die Formel musste das gültige Wien´sche Verschiebungsgesetz λ∙T=const beinhalten. Um die Proportionalität zwischen der Energie E und der Frequenz  herzustellen, setzte er E = hν, so dass er schließlich das endgültige Planck´sche Strahlungsgesetz erhielt:

Es enthält neben den variablen Größen Temperatur T und Frequenz ν drei fundamentale Naturkonstanten: die Boltzmann-Konstante kB, die Lichtgeschwindigkeit c und die ganz neue Konstante h, die später als das Planck´sche Wirkungsquantum bezeichnet wurde.

Die neue Formel – viel mehr als Kurveninterpolation. Planck war sehr befriedigt, dass er mit seinem mathematischen Modell mit der neuen Konstanten h die experimentell gefundene Spektralverteilung der Schwarzkörperstrahlung jetzt theoretisch sehr genau berechnen konnte. Aber er war sich noch nicht darüber im Klaren, dass er einen ganz großen Wurf gemacht hatte; er hatte nicht weniger als eine grundlegende Eigenschaft, die Quantennatur jeglicher elektromagnetischen Strahlung entdeckt. Die neue Formel war eine fundamentale Neuerung, nämlich die revolutionäre Quantenhypothese.

Bild 4. Die Planck´sche Strahlungsformel und die Ultraviolett-Katastrophe. Nach der Theorie von Rayleigh und Jeans müsste die Strahlungsleistung eines Schwarzkörpers bei kleinen Wellenlängen immer größer werden. Die Experimente ergaben ein ganz anderes Bild: bei kleinen Wellenlängen kleine Strahlung, dann Anstieg bei der jeweiligen Temperatur bis zu einem Maximum, danach wieder Abfall gemäß der alten Theorie.

Ausgehend von der verbesserten empirischen Strahlungsformel kam Planck innerhalb weniger Monate zu einem epochemachenden Ergebnis, es war die Geburtsstunde der Quantenphysik: Er musste sich selbst gegen seine eigene Überzeugung eingestehen, dass die Energieabgabe nicht kontinuierlich erfolgt, sondern nur in ganzzahligen Vielfachen von kleinsten „h“-Einheiten. Demnach wurde die Wärmeenergie von den Wänden des Hohlraums diskontinuierlich in Form von winzigen „Energiepäckchen“ der Größe E = h∙ν aufgenommen und abgegeben. Die Energie dieser „Quanten“ genannten Päckchen ist also proportional zur Frequenz der elektromagnetischen Strahlen, und, da die Lichtgeschwindigkeit gleich Frequenz mal Wellenlänge ist, ist die Päckchen-Energie umgekehrt proportional zur Wellenlänge: E = h∙c/λ.

Welle oder Teilchen? Obwohl hier von Frequenz und Wellenlänge die Rede ist, Begriffen, die der Wellennatur zueigen sind, mussten die Physiker nach einem gewissen Atemholen anerkennen, dass elektromagnetische Strahlung auch quantisiert sein kann wie im Falle des schwarzen Strahlers, d.h. aus einem Strom von Teilchen der Energieeinheit h∙ν besteht, den Lichtquanten oder Photonen. Quantenobjekte sind sowohl Teilchen und Wellen zugleich; aber man kann sie nicht richtig einem von beiden zuordnen, sie sind weder klassische Teilchen, noch klassische Wellen. Sie entziehen sich in ihrem Verhalten extrem unserem Vorstellungsvermögen in der „klassischen Welt“. Nach unserer Erfahrung gibt es doch nur ein entweder oder, aber in die Welt der kleinsten Teilchen reicht unsere Erfahrung nicht hinein, Quanten haben in bestimmten Experimenten Wellencharakter und in gewissen anderen Experimenten Teilchencharakter, wobei diese Wörter aus unserer Makrowelt stammen, die den Charakter der Quantenphänomene nur unzureichend beschreiben. Diese Winzlinge sind völlig anders, totaliter aliter, sie sind eben „Quantenobjekte“.

1900 – die Geburt der Quantentheorie. Planck hatte also die Ultraviolettkatastrophe abgewendet, hatte durch Kunstgriffe ein formal korrektes mathematisches Modell der Schwarzkörperstrahlung erstellt und musste dann zugeben, dass die Strahlung nicht kontinuierlich aus dem schwarzen Körper herauskommt, sondern in kleinen Energiepaketen, das ergab die tiefere Interpretation seiner Interpolationsformel eindeutig.

Am 14. Dezember 1900 stellte er auf der Sitzung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Berlin unter dem Vorsitz von Emil Warburg sein neues Strahlungsgesetz vor. Es gibt darüber nur ein mageres Protokoll über verstorbene und neu aufgenommene Mitglieder und zwei Zeilen zu M. Planck: Zur Theorie des Gesetzes der Energievertheilung im Normalspektrum. Aus dem Protokoll geht nicht hervor, welche Reaktion Plancks Vortrag bei den Anwesenden hervorruft. Es hätte doch ein enthusiastischer Aufschrei erfolgen müssen; denn an diesem denkwürdigen Tag ist die Quantentheorie geboren worden. Na ja, auch die Crème de la Crème der deutschen Physiker musste diese Neuigkeit erst mal sacken lassen und brauchte ein paar Jahre zur Verdauung, um sie als Revolution zu erkennen und anzuerkennen, dass es ab jetzt eine „nichtklassische Physik“ gab, die alles Dagewesene in den Schatten stellen sollte.

Planck glaubte, dass das lange gesuchte Strahlungsgesetz der Schlussstein der klassischen Physik sei; er wollte lange nicht wahrhaben, dass er in Wirklichkeit ein völlig neues Weltbild begründet hatte. Die Einsicht dämmerte ihm erst, als andere Forscher, wie z.B. Albert Einstein, mit ihren Erkenntnissen deutlich machten, dass dieser Schlussstein in Wahrheit das Gebäude der alten Physik zum Einsturz brachte.

Planck in der Reihe der großen Revolutionäre der Neuzeit. Es ging Max Planck nicht viel anders als Christoph Kolumbus, der endlich den lange vermuteten Seeweg nach Indien gefunden zu haben glaubte und dabei einen ganz neuen Kontinent entdeckte. Kolumbus fand das Ungedachte.

Auch Nikolaus Kopernikus trug mit seinem heliozentrischen Weltbild das alte geozentrische des Ptolemäus zu Grabe. Doch seine Zeitgenossen sehen es nur als mathematische Hilfskonstruktion an, um den Lauf der Planeten besser zu beschreiben. Später erkennen Galilei und seine Zeitgenossen mit Hilfe neuer Teleskope die physikalische Realität des neuen, großartigen Systems, bei dem die Sonne im Mittelpunkt steht. Kopernikus fand das Unglaubliche und Verbotene.

Charles Darwin hatte noch keine Vorstellung, wohin ihn seine genauen Beobachtungen der biologischen Vielfalt von Pflanzen und Tieren führten. Seine Evolutionstheorie, die auf der natürlichen Auswahl der am besten an ihre Umwelt angepassten Individuen basiert, kann nach langen Jahren der Forschung die Veränderlichkeit aller Arten erklären und hebt das alte von einem einzigen Schöpferakt ausgehende Weltbild aus den Angeln. Darwin fand das Unerhörte, das Verbotene.

Bild 5. Revolutionäre bescheren der Menschheit Paradigmenwechsel – nach ihrem Wirken ist nichts mehr, wie es vorher war: neuer Kontinent, neues Planetensystem, Maschinenkraft, Evolution, nichtklassische Physik, Relativitätstheorie, Quantenmechanik, Computer.

Max Plancks Entdeckung ist Teil der wissenschaftlichen Revolutionen der Neuzeit, die dem Menschen ungeahnten Fortschritt brachten und ihm völlig neue Horizonte hin in die Industrie-, Dienstleistungs-, Informationsgesellschaft und hin zur Blüte der Naturwissenschaften eröffneten. Die ihm aber auch einen Preis abforderten, weg von einem Leben in und mit der Natur, weg von alten Erfahrungen und Glaubensgrundsätzen und weg von dem Fundament, auf dem er sicher zu stehen glaubte. Sie entzauberten ihn und beendeten seine Überheblichkeit: Vor 470 Jahren degradierte ihn Nikolaus Kopernikus mit seinem Heliozentrismus zu einem kosmischen Randphänomen. Vor 230 Jahren machte James Watt mit seiner Dampfmaschine seine Muskelkraft überflüssig und bescherte ihm das Industriezeitalter. Vor 150 Jahren entriss ihm Charles Darwin mit seiner Evolutionstheorie die biologische Sonderrolle. Vor 100 Jahren nahm ihm Albert Einstein mit seiner Relativitätstheorie Raum, Zeit und Materie und zog ihm so den Boden unter den Füßen weg. Vor 90 Jahren raubte ihm Sigmund Freud mit seiner Psychoanalyse den eigenen Willen und machte ihn zum Sklaven seiner Triebe. Ab 1900, auf der Suche nach den kleinsten Teilchen der Materie, begründeten Max Planck, Albert Einstein, Niels Bohr, Werner Heisenberg, Erwin Schrödinger & Co die Quantenmechanik, die die klassische Weltsicht von Ursache und Wirkung aufhob. Und vor 70 Jahren bewies Konrad Zuse, dass eine Maschine viel schneller und genauer rechnen kann als unser Gehirn. Armer Mensch! Vom Sockel gestoßene Krone der Schöpfung, entmündigt, enttäuscht, desillusioniert, außerstande, die Natur zu verstehen.

Schützenhilfe aus dem Berner Patentamt – von Albert Einstein. Noch vier Jahre nach der Veröffentlichung des neuen Strahlungsgesetzes waren sich Planck und seine Wissenschaftlerkollegen überhaupt nicht der Tragweite des fundamental Neuen bewusst. Sie hatten eben eine neue Formel, mit der man die Strahlungsverhältnisse richtig beschreiben konnte. Die Wende kam erst 1905 mit Albert Einsteins Lichtquantenhypothese, mit der die zentrale Rolle der Konstanten h für alles atomare Geschehen der kleinsten Teile der Materie etwas mehr ins Bewusstsein rückte. Einsteins messerscharfe Analysen machten klar, dass Plancks Strahlungsgesetz in einem unauflösbaren Widerspruch zu den Grundlagen der klassischen Physik steht. Aber auch danach dauerte es noch etwa ein Jahrzehnt, bis sich Plancks Quantenhypothese und ihre Implikationen für die gesamte physikalische Forschung durchsetzten.

Bild 6 und 7. Albert Einstein bewies 1905 mit dem fotoelektrischen Effekt die Quantennatur des Lichts. Licht trifft auf Metallplatte – Elektronen fliegen heraus. Dafür bekam er den Nobelpreis, nicht für die Entdeckung der Relativität.

Bild 8. Der fotoelektrische Effekt – was verbirgt sich dahinter? Die seltsamen Messergebnisse beim Herausschlagen von Elektronen bei Bestrahlung einer Metalloberfläche mit Licht können nur mit Plancks neuer Quantentheorie erklärt werden. Ein schöner Beweis, dass Licht auch aus Teilchen besteht. Einstein erklärte das Phänomen in seiner weltberühmten Arbeit Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichts betreffenden heuristischen Gesichtspunkt (Annalen der Physik 17, 1905).

Die erste Solvay-Konferenz 1911. Plancks revolutionäre Quantenhypothese rückte erst 1911 ins Zentrum der physikalischen Forschung, als Ernest Solvay, der belgische Großindustrielle und Wissenschaftsförderer die führenden zeitgenössischen Physiker nach Brüssel einlud, um über die Konsequenzen des Strahlungsproblems zu diskutieren. Die bekanntesten Teilnehmer waren Planck, Nernst, Sommerfeld, de Broglie, Rutherford, Lorentz, Warburg, Wien, Mme. Curie, Kamerlingh Onnes. Man fand dort keine Lösung für das Problem des Versagens der klassischen Theorie. Einstein sagte: Der Kongress sah einer Wehklage auf den Trümmern Jerusalems ähnlich. Aber die Quantenhypothese erschien ihnen jetzt als ein zentrales Problem physikalischer Forschung. Die offenen Fragen wurden in den Instituten weiter diskutiert, und eine jüngere Physikergeneration wurde an die neue Quntentheorie herangeführt. So gelobte Louis de Broglie, sich mit aller Kraft zu bemühen, die Natur der geheimnisvollen Quanten zu verstehen. Doch viele Physiker standen der Einstein´schen Lichtquantenhypothese äußerst kritisch gegenüber und wollten die bewährte Maxwell´sche Wellentheorie nicht aufgeben. Planck hielt dem entgegen, dass man auch in der exaktesten Naturwissenschaft keine Neuerung erreicht, wenn man nicht ein Risiko eingeht.

Die nichtklassische Physik auf dem Vormarsch. Die Quantentheorie ging im Laufe der folgenden Jahre über alle Bedenken und intellektuellen Vorbehalte hinweg, und alle Versuche, die gemachten Beobachtungen auf die alte klassische Weise zu reinterpretieren, schlugen fehl. Es zeigte sich auch bald in viel stärkerem Maße, dass unser „gesundes Vorstellungsvermögen“ mit dem sehr skurrilen Verhalten der Quanten die größten Schwierigkeiten bekam. Elektronen im Doppelspalt, die Unschärferelation, die kollabierte Welle, Schrödingers Katze, die Verschränkung, Quantenteleportation … alle diese Phänomene waren und sind eine große Herausforderung für die Wissenschaftler, die mit der Realität der kleinsten Teilchen haderten und krampfhaft nach Interprätationen suchten. Die Quantentheorie ging bald in die Hände der jüngeren Generation über, die sie dann in die Quantenmechanik in ihrer heutigen Form überführte, die mit ihren überaus zahlreichen Anwendungen unser gesamtes Leben zu beeinflussen begann.

Zu allem hatte Planck im Jahr 1900 unbeabsichtigt eine Lawine losgetreten, die sich zum mächtigen Strom der nichtklassischen Physik entwickelte, deren Geburtsstätte das Institut für theoretische Physik an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin war.

 

Bild 9. Max Planck in den 1920ern, auf dem Höhepunkt seiner Karriere.

Max Planck – Zentralfigur der Physik. In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg wurde Planck aufgrund seiner Erfolge in der Wärmestrahlungstheorie zu einer Zentralfigur der Physik, zu einem Repräsentanten der deutschen scientific community und übernahm so die Rolle, die einmal der 1894 gestorbene Hermann von Helmholtz inne hatte. Er praktizierte zunehmend Verantwortung für die Gesamtwissenschaft aus seinem preußischen, protestantisch geprägten Arbeitsethos heraus. Er hatte die Verantwortung für die Annalen der Physik, der international führenden Physikzeitschrift, herausgegeben von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Für das Studienjahr 1913/14 wurde er zum Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität gewählt. Das war mit großem Ansehen und gesellschaftlichem Einfluss verbunden, galt sie doch als die größte und erste Universität Deutschlands. Die Professorenschaft war konservativ und reichstreu und dem Haus Hohenzollern loyal verbunden. Auch Planck war bei Kriegsausbruch 1914 begeisterter Patriot, wie so viele seiner Landsleute. Den verlorenen Krieg und die Abdankung des Kaisers empfand er als nationales Unglück. Aber er war Realist genug, nach dem Krieg für die Wiedereingliederung des boykottierten Deutschland in die internationale Wissenschaftsgemeinschaft zu kämpfen. Seine wissenschaftlichen Pioniertaten wurden 1920 mit dem Nobelpreis für das Jahr 1918 belohnt, für das Verdienst, das er sich durch die Entdeckung der Elementarquanta um die Entwicklung der Physik erworben hat. Der deutsche Botschafter meldete aus Stockholm: Die Nobelpreisverleihung und die sich anschließenden Feierlichkeiten trugen den Charakter einer Huldigung für die deutsche Wissenschaft. Balsam für die deutsche Seele in einer Zeit der Ächtung und Isolierung. Unermüdlich warb Planck für Kontakte und die Wiederaufnahme der internationalen Wissenschaftsbeziehungen, waren doch Größe und Leistungskraft der deutschen Wissenschaft ungebrochen.

Wie verhielt sich Planck im Dritten Reich? Ab 1933 brach die Dunkelheit der Kulturbarbarei und der Menschenverachtung über Deutschland herein. Das Verbrecherkartell lullte die Deutschen mit Schalmeientönen ein, um sie dann in einen mörderischen Krieg zu zwingen. Es ging angeblich um die Wiedererringung der nationalen Größe und um die Reinigung der „arischen Rasse“, die noch niemals „rein“ war, solange Mitteleuropa besiedelt wurde. Die Deutschen waren immer ein Mischvolk, wie sollte es in der Mitte Europas, dem  Durchzugsgebiet zahlreicher Völkerscharen, auch anders sein. Die Deutschen folgten dem Rattenfänger in großer Mehrzahl und rannten wie die Lemminge auf den Abgrund zu, nicht nur auf den ihrer eigenen Vernichtung, sondern auch auf eine moralische und ethische Katastrophe, wie sie in Europa noch niemals in der Geschichte stattgefunden hatte.

Max Planck, der Großmeister der Physik, war ab 1930 auch der Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), der bedeutendsten und größten außeruniversitären Forschungseinrichtung in Deutschland. Er war ab 1933 nicht frei von Fehleinschätzungen, verband er doch zu Anfang mit der neuen Ära Hoffnungen auf neues Selbstbewusstsein und neuen Aufschwung der deutschen Wissenschaft. Seine Hoffnungen zerschlugen sich sehr bald, als die antisemitischen Ausschreitungen sich nicht nur als Übergangserscheinungen zeigten. Für Planck begann eine Gratwanderung zwischen Anpassung und Auflehnung. Als Einstein gegen die Akte brutaler Gewalt protestierte, war die Akademikerschaft der Meinung, dass er sich als Wissenschaftler unberechtigterweise in die Politik eingemischt habe und in der Preußischen Akademie der Wissenschaften zur persona non grata erklärt werden und das Gremium verlassen müsse. Einstein kam diesem Schritt zuvor. Planck lavierte, wollte in jedem Fall Schaden von der Akademie abwenden, fand anerkennende Worte für Einstein, den er mit Kepler und Newton verglich. Für Einstein jedoch zählte die eilfertige Angepasstheit seiner Kollegen zu den schmerzlichsten Erfahrungen seines Lebens. Seinem Mentor und väterlichen Freund Planck warf er vor, der vermeintlichen Rettung der deutschen Wissenschaft wegen, sich von den Nazis instrumentalisieren zu lassen. Das unsolidarische Verhalten gegenüber Einstein war zweifellos der Sündenfall der Akademie der Wissenschaften. Warburg sagte, alle Akademie-Mitglieder hätten zurücktreten müssen, dann wären weitere antijüdische Maßnahmen unter den Wissenschaftlern im Keim erstickt worden, und Warburgs Schwester schreibt: Warum lässt es sich Planck gefallen, dass aus der KWG Leute ohne Begründung einfach von heute auf morgen herausgesetzt werden, warum geht er gebückt einher und jammert und klagt?

Planck wollte in jedem Fall die deutsche wissenschaftliche Führungsrolle aus allen politischen Turbulenzen heraushalten. 1933, nach einem Besuch beim „Führer“ verkündete Plack auf der Jahresversammlung der KWG im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem, dass die Regierung die wissenschaftliche Forschung für das Gedeihen des Vaterlandes voll anerkenne und sie so ausstatte, wie es ihre Gelehrtenarbeit erfordere. Das war eine Illusion. Die Hetze gegen jüdische Mitglieder der Akademie und der KWG gingen weiter. Die Schonfrist war 1937/38 zu Ende, als der Auschluss jüdischer Mitglieder angeordnet wurde. Für Planck war das eine sehr schwierige und persönlich berührende Angelegenheit. Er benachrichtigte die Betroffenen schon vor dem Ministerialerlass und legte ihnen den „freiwilligen“ Rücktritt nahe. Als 1938 das neue Kaiser-Wilhelm-Institut (mit Geldern der Rockefeller-Stiftung!) eingeweiht und der Name „Max-Planck-Institut“ vorgeschlagen wurde, machten die Scharfmacher unter den Nazi-Wissenschaftlern, besonders Johannes Stark dagegen mobil, bezeichneten Quanten- und Relativitätstheorie als „jüdische Physik“, gegen die sich die „deutsche Physik“ durchsetzen müsse und nannten Planck und Heisenberg „weiße Juden“.

Für Planck wurde die Situation immer unerträglicher, für ihn war kein Platz mehr in einer gleichgeschalteten Akademie, weil es ihm an reiner Gesinnung und gutem Willen gegenüber der Nazi-Ideologie mangelte. 1939 zog er sich resigniert aus der Preußischen Akademie der Wissenschaften zurück, als ein strammer Nazi zum Präsidenten gewählt wurde. Aus vielen Vorträgen, die er hielt, wurde deutlich, dass er auf deutliche Distanz zum Nazi-Regime ging. Seine tiefe Religiosität spielte dabei eine große Rolle. Er betonte die Bedeutung christlicher Werte für das Handeln der Menschen und stellte die Werte des Christentums dem Ungeist der NS-Herrschaft gegenüber. Vor Verfolgung schützte ihn seine Prominenz und sein internationales Ansehen.

Die Tragik – sein Sohn Erwin Planck. Es kam für ihn aber noch ganz schlimm. Sein Sohn Erwin, sein engster Vertrauter und bester Freund, war zuerst Offizier, dann Politiker vor 1933, dann Wirtschaftsberater, kam um 1940 in Kontakt zum Widerstandskreis Goerdeler und damit zu den Verschwörern des 20. Juli 1944. Diese hatten ihn auf eine Schattenkabinettsliste gesetzt, was zu seiner Verhaftung und Verurteilung zum Tode führte, obwohl er an der Planung und Durchführung des Attentats überhaupt nicht beteiligt war. Sein Name stand lediglich auf einer Liste potenzieller Regierungsmitglieder.

Der 86-jährige Max Planck machte sich auf zum „Führer“, um für seinen Sohn um Gnade und Umwandlung in eine Freiheitsstrafe zu bitten. Dies solle ein Dank des deutschen Volkes sein für Plancks Lebensarbeit, die ein unvergänglicher geistiger Besitz Deutschlands geworden ist. Sein Gnadengesuch wurde vom GröFaZ entrüstet abgelehnt, alle unverantwortlichen Elemente müssen ohne Ansehen der Person aus dem Volkskörper ausgemerzt werden. Am 23. Januar 1945 wurde Erwin in Berlin-Plötzensee ermordet. Mein Schmerz ist nicht mit Worten auszudrücken. Ich ringe nur um die Kraft, mein zukünftiges Leben sinnvoll zu gestalten, schrieb sein Vater an seinen Kollegen Sommerfeld.

Bild 10. Erwin Planck vor dem „Volksgerichtshof“. Blutrichter Freisler fällt die willkürlichen Urteile nach dem „gesunden Volksempfinden“. Max Planck konnte seinen Sohn nicht retten. Bild 11. Ein Bild aus besseren Zeiten, 1938 mit seinem Sohn Erwin auf Bergtour.

Wie ging es nach 1945 weiter? Im Februar fiel Plancks Haus in Berlin-Grunewald einem Bombenangriff zum Opfer, seine Bibliothek, seine unersetzlichen wissenschaftlichen Aufzeichnungen, Tagebücher und Briefe wurden ein Raub der Flammen. Dramatisch waren auch die letzten Kriegstage in der Altmark, Evakuierung, Notunterkünfte, eine Tortur für den 88-Jährigen. Im Mai 1945 brachte ihn und seine Frau Marga ein amerikanischer Offizier in einem Jeep nach Göttingen, wo sie im Haus seiner Nichte eine Bleibe fanden. Die Bedingungen waren harsch, Hunger, Kälte und ganz beschränkter Wohnraum. Gegen den Hunger halfen Care-Pakete aus Amerika, die den berühmten Mann erreichten. Durch Vermittlung von einem Freund bekam Planck eine Fuhre Koks, danke für den Koks, der kam wie eine Gottesbotschaft vom Himmel, schrieb er.

Als die KWG 1945 führerlos wurde, trug man ihm nochmals als Interregnum das Amt des Präsidenten an. Es bedeutete für ihn eine große Bürde, aber er konnte mit seiner Autorität Angriffe wegen der Kollaboration mit den Nazis abwehren und die Zerschlagung verhindern. Im April 1946 trat dann Otto Hahn das Präsidentenamt an. Ein Fortbestehen der Gesellschaft in der britischen Zone konnte nur durch eine Namensänderung ermöglicht werden. Mein aufrichtiger Dank für die Ehrung, schrieb er, als der neue Name „Max-Planck-Gesellschaft“ gewählt wurde. ….sie möge die Tradition der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft fortsetzen und sie möge in Unabhängigkeit von den Strömungen der Zeit nur der Wahrheit der Wissenschaft dienen. Er wurde als einziger Deutscher nach London zu einem Jubiläum der Royal Society, deren Mitglied er seit 1926 war, eingeladen und machte noch eine Reihe von Vortragsreisen in Deutschland trotz seines hohen Alters.

Der große Gelehrte war auch ein großer Bergsteiger. Noch mit 80 Jahren machte er schwierige Bergtouren, die ihn in Höhen bis zu 3000 m führten. Einer streng geregelten Lebensweise verdankte er seine erstaunlich geistige und körperliche Frische bis ins hohe Alter.

Im August 1947 stürzte er schwer und erholte sich davon nicht mehr und starb am 4. Oktober. Es wurde eine würdevolle Trauerfeier in der Albanikirche in Göttingen. Max von Laue und Otto Hahn hielten bewegende Ansprachen, und der Sarg wurde von Physikstudenten aus der Kirche getragen. Albert Einstein fand trotz der bedrückenden Ereignisse von 1933 per Brief versöhnliche Worte (er hatte ja Deutschland nie wieder betreten): die vielen Gespräche mit ihm werden für den Rest meines Lebens zu den schönsten Erinnerungen zählen. Eindrucksvoll war auch die Feier zu Plancks 90. Geburtstag im April 1948, als der Mythos Planck endgültig geboren wurde: sein wissenschaftliches Werk und das Vorbild seiner Persönlichkeit.

Bild 12. Sie brachten das traditionelle Weltbild der Physik gründlich durcheinander, die beiden Großmeister der nichtklassischen Physik: Max Planck „entdeckte“ sie im Jahr 1900, Albert Einstein im Jahr 1905. Wann wird es die Vereinigung beider Theorien, die „Quantengravitation“ geben?

Bild 13. Gedenktafeln, Postwertzeichen, Münzen – der Ehrungen für diesen großen Mann sind viele. Sogar das Wirkungsquantum h fand auf eine Briefmarke.

Das mit dem 1947 geplanten Denkmal, mit dessen Anfertigung Bernhard Heiliger betraut wurde, ging schief. Die kommunistische Führung in der Ostzone versagte die Aufstellung in der Humboldt-Universität (der neue Name der Friedrich-Wilhelms-Uni), weil die abstakte Skulptur nicht mit dem Kunstverständnis des sozialistischen Realismus vereinbar war. Die Figur stand bis 2006 in Zeuthen südlich von Berlin und kam dann in den Ehrenhof der Uni. 1958 kam es tatsächlich zu einer gesamtdeutschen Feier zum 100. Geburtstag in West- und Ost-Berlin; da schoss das ostdeutsche Regime schon wieder einen Bock im „Neuen Deutschland“: Allein die Arbeiterklasse, die den Frieden der Welt verteidigt, hat das Recht, den großen Naturforscher Max Planck zu feiern. Die Bourgoisie hat das Recht verwirkt. Was Planck geschaffen hat, kann der Kapitalismus nicht mehr verarbeiten.

Bild 14. Bernhard Heiligers Planck-Skulptur von 1950 entfachte Kontroversen. Jetzt steht sie im Ehrenhof der Humboldt-Universität.

Plancks wissenschaftliches Werk wurde zum Auslöser einer physikalischen Revolution, die das Zeitalter der nichtklassischen Physik einleutete und ein neues Weltbild begründete. Seine Quantenhypothese wurde die Grundlage fortgeschrittenster Technologien, wie z.B. Mikroelektronik, Laser- und Nanotechnik. Ohne das magische Planck´sche Wirkungsquantum h läuft auf diesen Gebieten gar nichts. Was sagte sein Schüler Max von Laue? Solange es eine Naturforschung gibt, wird Plancks Name unvergessen sein.

Planck, der erste Quantenmechaniker und Einstein, der erste Lichttechniker. Max Planck war der erste „Quantenmechaniker“, der als Mechaniker der alten Schule anfing, tief verwurzelt in Newtons Mechanik und Maxwells Elektrodynamik. Deren Schubladen enthielten entweder nur Korpuskeln oder nur Wellen, Dinge mit Masse und Dinge ohne Masse, d.h. Lichtstrahlen. Newton hatte das uralte Rätsel gelöst, warum Äpfel vom Baum fallen, wodurch die Astronomen die Bewegung der Himmelskörper voraussagen konnten. Und Maxwell beschrieb die Gesetze der Lichtwellen, die sich durch den Äther bewegen. Newtons Schwerkraftgesetz regiert die Massen, Maxwells Elektrodynamik regiert die Wellen. Planck verschmolz beide Theorien an ihrer Grenzfläche. Seine Formel löste das Geheimnis der Wärmestrahlung durch die hypothetische Annahme, dass das Licht aus winzigen Körpern bestehen muss, die die Wärmequelle in abgehacktem „Geknatter“, natürlich lautlos, verlassen und nicht in einem gleichmäßig dahinfließenden Strom. Das war lange bevor man wusste, dass Atome aus Kern und Elektronen bestehen, Atome wurden noch für amorphe Klumpen gehalten. Dass etwas so Nahtloses wie Licht als eigenständige Massen betrachtet werden muss, wenn es mit Materie interagiert, war eine gewagte Annahme, die sich aber als Schlüssel zum Schwarzkörperproblem herausstellte. Es gab keinen anderen Weg, das Verhalten zu erklären.

Um die Zeit der Planck´schen Erkenntnisse erschien ein anderer junger deutscher Physiker auf der Bühne. Sein elastischer Geist umfasste etwas, womit selbst Planck Schwierigkeiten hatte, es zu akzeptieren und zu verallgemeinern. Einstein nahm Plancks Lehrsätze und erklärte damit scheinbar mühelos den fotoelektrischen Effekt – warum blaues, aber nicht rotes Licht Metalle anregen kann, elektrischen Strom zu leiten. Es widersprach jeglichem Normalgefühl, dass das intensivste rote Licht nicht erreichte, was das matteste blaue Licht konnte. Er erklärte, dass nur blaues Licht energiereich genug ist, Elektronen aus dem Metall herauszuschlagen; alles infolge von E=hν. Planck brauchte Einsteins Stimulus, um vollkommen zu realisieren, was er getan hatte. War beides einen Nobelpreis wert? Na klar! Wenn nicht hierfür, wofür dann?

Arnold Sommerfeld, ein Gelehrter von internationalem Ruf und naher Freund Plancks, der wegen seines Eintretens für die Planck-Einstein´sche Theorie während der Nazizeit seinen Lehrstuhl an der Uni München verlor, schrieb 1947 als Nachruf auf Max Planck: Die Bedeutung der Konstanten h liegt darin, dass sie, mit der Strahlungsfrequenz multipliziert, die kleinste Einheit der Energie für die betreffende Frequenz liefert. Wie die Materie aus den Atomen des betreffenden Stoffes zusammen gesetzt ist, so hat auch die Energie eine Art atomistischer Struktur. Dies war eine für die damalige Physik unerhörte und unglaubliche Tatsache.

Auch viele von Plancks Zeitgenossen waren Zweifler. Planck sagte dazu: Eine neue wissenschaftliche Wahrheit setzt sich nicht in der Weise durch, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass ihre Gegner allmählich aussterben und dass eine neue Generation heranwächst, die von vornherein mit der Wahrheit vertraut ist.

 

Was wurde aus Plancks Quantentheorie?

 

Bildnachweis

Bild 1: Wikipedia, Urheber unbekannt, gemeinfrei. Bild 2: Wikipedia, gemeinfrei. Bild 3 und 4: eigene Skizzen und Text, Bilder aus Website BA Gera. Bild 5, oben: Schutzfristen abgelaufen, gemeinfrei; unten, v.l.n.r.: Planck eigenes Foto v. Ölgemählde; Einstein public domain; Heisenberg Bundesarchiv Bild183-R57262, CC-BY-SA Unported 3.0; Zuse Eigenes Foto am 1./2.8.2011 im Deutschen Museum München, Gestattungsvertrag für Bildaufnahmen vom 12.7.2011. Bild 6: public domain. Bild 7: Wikipedia, Urheber Ferdinand Schmutzer, Schutz abgelaufen. Bild 8: Eigene Skizze und Text, Grundlage: S. Arroyo Camejo: Skurrile Quantenwelt, Springer, 2006. Bild 9: Courtesy of the Clendening History of Medicine Library, University of Kansas Medical Center, CC-BY-SA Unported 3.0. Bild 10: aus der Website Viet Sciences. Bild 11: Wikipedia, Schutzfrist abgelaufen. Bild 12: links eigenes Foto v. Ölgemählde, rechts Wikipedia, public domain. Bild 13: links oben Wikipedia, Urheber Axel Mauruszat, gemeinfrei, Rest public domain. Bild 14: Wikipedia, Urheber Mutter Erde, gemeinfrei.